Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung. Kapitalertragsteuer. vGA einer LLP nach US-Amerikanischem Recht. Typenvergleich ausländischer Gesellschaften mit deutschen Gesellschaftsformen

 

Leitsatz (amtlich)

Beim Typenvergleich ausländischer Gesellschaften (hier: Limited Liability Company nach dem Recht der USA) mit deutschen Gesellschaftsformen kommt einer fehlenden Pflicht, bei der Neugründung Eigenkapital einzulegen, keine wesentliche Indizwirkung für eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen zu, da auch bei einer Unternehmergesellschaft (§ 5a GmbHG) kein nennenswertes Stammkapital aufgebracht werden muss.

Unter den o.g. Aktenzeichen ergingen am 10. November 2020 zwei inhaltsgleiche Beschlüsse, mit denen die Aussetzung der Vollziehung von Kapitalertragssteuerbescheiden abgelehnt und die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen wurde.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Beim Typenvergleich ausländischer Gesellschaften (hier: Limited Liability Company nach dem Recht der USA) mit deutschen Gesellschaftsformen kommt einer fehlenden Pflicht, bei der Neugründung Eigenkapital einzulegen, keine wesentliche Indizwirkung für eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen zu, da auch bei einer Unternehmergesellschaft (§ 5a GmbHG) kein nennenswertes Stammkapital aufgebracht werden muss.

2. Im Streitfall bestanden aus Sicht des erkennenden Senats keine ernstlichen Zweifel daran, dass die LLP als Kapitalgesellschaft anzusehen war und deshalb eine Auszahlung an ihren Alleingesellschafter als verdeckte Gewinnausschüttung dem Kapitalertragsteuerabzug unterlag.

3. Parallelentscheidung: FG München, Beschluss v. 10.11.2020, 6 V 1783/20.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; GmbHG § 5a; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.05.2021; Aktenzeichen I B 76/20 (AdV))

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist eine nach dem Recht des US-Bundesstaats Colorado gegründete Gesellschaft in der Rechtsform der Limited Liability Company (LLC). Nach dem „Certificate of Fact of Good Standing” vom, ausgestellt vom „Secretary of the State of Colorado”, wurde die Antragstellerin am nach den Gesetzen von Colorado mit dem Hauptsitz („Principal office adress”) in Denver, Colorado, gegründet und registriert. Geschäftsgegenstand des Unternehmens der Antragstellerin ist das Halten und Verwalten von Grundbesitz. Herr A ist Alleingesellschafter der Antragstellerin und ihr (Allein-)Geschäftsführer („Manager”).

Im Juli 2017 verlegte A seinen Wohnsitz und seinen Lebensmittelpunkt von Denver nach Deutschland. Die Antragstellerin trägt selbst vor, dass damit der Ort ihrer Geschäftsleitung im Sinne von § 10 Abgabenordnung (AO) in Deutschland liegt. Die Antragstellerin ermittelt ihren Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnungen. Nach dem Steuerrecht der USA werden die Einkünfte der Antragstellerin unmittelbar A zugerechnet und von ihm mit seinem individuellen Steuersatz versteuert.

Die Antragstellerin kaufte am eine Immobilie in Denver, die sie im Jahr … verkaufte. Seit diesem Zeitpunkt beschränkt sich die Tätigkeit der Antragstellerin auf die Verwaltung des erzielten Veräußerungserlöses. Im Januar 2019 überwies A einen Betrag in Höhe von X $ oder X EUR von einem Bankkonto der Antragstellerin auf ein privates Bankkonto. Für diesen Betrag gab die Antragstellerin eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung zum 31. Januar 2019 ab und erklärte eine Kapitalertragsteuer in Höhe von EUR und einen Solidaritätszuschlag in Höhe von EUR. Die Erklärung ging am beim Antragsgegner, dem Finanzamt (FA), ein.

Mit Schreiben vom gleichen Tag legte die Antragstellerin gegen die Steueranmeldung Einspruch ein und beantragte

  • die Steueranmeldung bzw. Festsetzung ersatzlos aufzuheben und
  • Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Über den Einspruch hat das FA bisher noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA mit Schreiben vom … ab.

Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, bei der Zahlung von ihrem Bankkonto auf ein Bankkonto des Alleingesellschafters handele es sich nicht um eine verdeckte Gewinnausschüttung, die zu Einkünften des L aus Kapitalvermögen und zur Pflicht, Kapitalertragsteuer zu zahlen, führe. Denn die Antragstellerin sei als eine Personengesellschaft anzusehen. Rechtsfolge sei, dass die Zahlung eine steuerfreie Entnahme sei.

Die Behandlung der Antragstellerin als Personengesellschaft ergebe sich aufgrund des vorzunehmenden Typenvergleichs, der gegen eine Kapitalgesellschaft spreche.

Zum Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin wird auf das „Operating Agreement” vom … nebst Anlage verwiesen. Die gesetzlichen Bestimmungen von Colorado (Colorado Revised Statutes; Title 7 – Corporations and Associations; Limited Liability Companies; Art. 80; im Folgenden zitiert: § 7-80-jeweilige Nummer) finden sich auf der Webseite https://law.justia.com/codes/colorado/2016/title-7/limited-liability-companies/article-80/.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist unbegründet.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßi...

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