Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Rückforderung eines an die Klin ausgezahlten Einkommensteuererstattungsbetrages.

Die Klin ist eine gemeinnützige … gesellschaft … Der Klin standen titulierte Forderungen gegen Herrn … G. (G) i.H.v. … DM zu. Am 08.03.1989 stellte G beim Bekl Antrag auf Durchführung des LSt-Jahresausgleichs für 1988. Gleichfalls am 08.03.1989 ging beim Bekl eine Abtretungsanzeige auf amtlichem Vordruck ein, nach der der Anspruch des G auf LSt-Jahresausgleich am 28.02.1989 an die C. GmbH (C-GmbH) abgetreten worden war. Am 05.04.1989 erging gegen den G ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des AG … für die Klin. Darin wurden zugunsten der Klin zum einen die Steuererstattungsansprüche des G gegen den Bekl für 1988 und früher gepfändet und zum anderen die Lohnforderungen des G gegen die Fa. K. GmbH, seinen Arbeitgeber. Dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wurde dem Bekl am 11.04.1989 zugestellt. Am 18.04.1989 übersandte der Bekl der Klin eine Drittschuldnererklärung, in der es u. a. heißt:

„Zu dem mir zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erkläre ich folgendes: Der Schuldner hat für die Kalenderjahre weder einen Antrag auf Durchführung des Lohnsteuerjahresausgleichs noch eine Einkommensteuererklärung abgegeben. … Die vorstehende Mitteilung enthält kein selbständiges Schuldanerkenntnis.”

Mit Verfügung vom 02.06.1989 teilte der Bekl der Klin mit, daß ihr aus Ansprüchen auf Auszahlung des LSt-Jahresausgleichs 1988 des G durch die Finanzkasse … ein Betrag i.H.v. DM überwiesen werde. Die Klin übersandte dem zweiten Drittschuldner, dem Arbeitgeber des G, am 10.06.1989 daraufhin ein Schreiben, in dem es heißt, daß von der Gesamtschuld i.H.v. … DM noch … DM offen seien. Außerdem wurde der Arbeitgeber des G gebeten, die Restschuld nach Erledigung von Vorpfändungen zu begleichen. Nachdem die Restforderung ausgeglichen war, händigte die Klin dem G den Titel aus.

Am 15.01.1991 erließ der Bekl gegen die Klin den im vorliegenden Verfahren streitigen Rückforderungsbescheid über die aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ausgezahlten … DM. Der Bekl begründete den Rückforderungsbescheid damit, daß eine der Pfändung vorrangige Abtretung zu berücksichtigen gewesen sei.

Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage vertritt die Klin die Ansicht, daß der Rückforderungsbescheid des Bekl rechtswidrig sei. Die Zahlung sei entgegen der Ansicht des Bekl nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Denn die Forderung der C-GmbH habe nicht vorrangig bedient werden müssen, weil es sich bei der Abrechnungsverfügung vom 02.06.1989 um einen – bestandskräftigen – Verwaltungsakt handle, der auch rechtlicher Grund der Zahlung sei. Aber selbst wenn der Bekl vorrangig auf die an C-GmbH abgetretene Forderung hätte zahlen müssen, so verbiete es Treu und Glauben, darauf 18 Monate nach Überweisung des Geldbetrages eine Rückforderungsbescheid zu stützen. Da die §§ 812 ff BGB im öffentlichen Recht keine Geltung hätten, ermögliche es der Gedanke des Vertrauensschutzes, die im öffentlichen Recht erforderliche Güterabwägung anzustellen, ob dem Interesse der Öffentlichkeit an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns oder dem schutzwürdigen Vertrauen des Bürgers der Vorrang einzuräumen sei. Die Schutzwürdigkeit der Klin ergebe sich daraus, daß man – völlig zu Recht – davon ausgegangen sei, daß die Drittschuldnererklärungen des Bekl nach sorgfältiger Prüfung der Aktenlage ergangen seien. Im Vertrauen hierauf habe die Klin den Titel zurückgegeben und dadurch eine Vermögensdisposition getroffen. Die Erwirkung eines neuen Titels sei der Klin – insbesondere auch im Hinblick auf die sich insoweit stellende Verjährungs- und Verwirkungsproblematik – nicht zumutbar. Schließlich stehe der Geltendmachung eines etwaigen Rückforderungsanspruchs die „dolo agit” – Einrede gegenüber. Denn der Klin stehe gegen den Bekl, der ihr gegenüber mindestens zweimal, nämlich bei der den Schreiben vom 18.04.1989 und vom 02.06.1989 vorausgegangenen unsorgfältigen Prüfung der Aktenlage, seine Amtspflichten verletzt habe, ein Amtshaftungsanspruch in Höhe des zurückgeforderten Betrages zu.

Der Kl beantragt deshalb,

den Bescheid vom 15.01.1991 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 15.09.1993 aufzuheben.

Der Bekl beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl ist der Ansicht, daß die Klin nicht berechtigt gewesen sei, von ihm aufgrund des am 11.04.1989 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Zahlung des Erstattungsbetrages zu verlangen. Denn der Bekl habe die vorrangige Abtretung des Anspruchs an die C-GmbH berücksichtigen müssen; allein die C-GmbH sei im Hinblick auf den Erstattungsanspruch einziehungsberechtigt gewesen, so daß die Zahlung des Bekl an die Klin keine schuldbefreiende Wirkung gehabt habe. Deshalb sei der streitige Betrag zu Unrecht an die Klin ausgezahlt worden und könne im Wege der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO zurückgefordert werden. Die Drittschuldnererklärung vom 18.04...

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