Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung einer englischen Limited als Bevollmächtigte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Nichtigkeitsfeststellungsklage, die zeitgleich mit einer Anfechtungsklage erhoben wird, ist unzulässig.

2. Eine Limited englischen Rechts mit Sitz in Großbritannien und einer Niederlassung in den Niederlanden, die weder einen Nachweis über die Berufsqualifikation noch einen Nachweis darüber vorlegen kann, dass sie mindestens ein Jahr steuerberatende Tätigkeit in den Niederlanden ausgeübt hat, ist als Bevollmächtigte im Besteuerungsverfahren zurückzuweisen. Liegt schon keine Vollmacht vor, ist die Limited als Beistand zurückzuweisen.

3. Die Tatsache, dass eine in den Niederlanden niedergelassene Limited nicht in das elektronische Verzeichnis der Bundessteuerberaterkammer nach § 3b Abs. 1 StBerG eingetragen ist, spricht zusätzlich dafür, dass sie nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist.

4. Ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit kommt nur in Betracht, wenn eine dauerhafte Präsenz in einem Mitgliedstaat besteht.

5. Die Vorschriften der §§ 3 ff. StBerG beschränken die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit nicht unverhältnismäßig.

 

Normenkette

AO § 80 Abs. 7 S. 1, Abs. 9 S. 1; StBerG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 S. 1, §§ 3, 3a, 4, 32; AEUV Art. 49, 56-57; FGO § 41 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen VII B 100/23)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtszug über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte der Mandantin X gemäß § 80 der AbgabenordnungAO –.

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft englischen Rechts in der Rechtsform der Limited (Company No …, Y, W (GB)) mit Sitz in Großbritannien und einer Niederlassung in U in den Niederlanden. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Wirtschaftsberatung, Steuerberatung und das Rechnungswesen. Gesellschafter und Geschäftsführer „director”) der Klägerin sind Frau V und Herr Z. Frau V gehört nicht zu dem Personenkreis des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (in der für den Streitfall gültigen Fassung: geändert durch das Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.2020, BGBl 2020 I, S. 3096ff. – StBerG). Herr Z war in Deutschland ursprünglich als Steuerberater bestellt. Seine Bestellung wurde wegen Vermögensverfalls inzwischen rechtskräftig wiederrufen.

Mit Schreiben vom 04.11.2020 (Eingang beim Beklagten am 09.11.2020) reichte die Klägerin für die X (Niederlassung Q (Deutschland)) für die Jahre 2012 bis 2015 Jahresabschlüsse, Körperschaftsteuererklärungen und Gewerbesteuererklärungen bei dem Beklagten ein. Die Klägerin wurde in den Steuererklärungsvordrucken jeweils im Unterschriftenfeld „Bei der Anfertigung dieser Erklärung hat mitgewirkt:” genannt. Das o.g. Schreiben war von Herrn Z unter den Berufsbezeichnungen „Staatl. gepr. Betriebswirt – Belastingadviseur (NL) – Advocate (GB)” unterschrieben. Die Klägerin übermittelte die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung für 2016 für die X am 28.10.2020 und die Körperschaftsteuererklärungen 2017 bis 2019 am 21.01.2021 jeweils auf elektronischem Wege. Für Postsendungen benannte die Klägerin als Zustellungsbeauftragte in Deutschland die M Ltd. mit Sitz in der K-Straße …, … H, Deutschland.

Die Klägerin ist nicht als Steuerberatungsgesellschaft nach § 32 Abs. 3, §§ 49 ff. StBerG anerkannt.

Unter dem 25.05.2021 übersandte der Beklagte der Klägerin ein mit „Zurückweisung wegen unbefugter Hilfeleistung in den Steuersachen der Firma X, L-Straße …, … Q (Deutschland) (Vollmachtgeberin)” überschriebenes Schreiben. Darin heißt es, die Klägerin werde hiermit als bevollmächtigte Person in den Steuersachen ihrer Vollmachtgeberin zurückgewiesen. Die Zurückweisung gelte mit Wirkung für alle anhängigen und künftigen Verwaltungsverfahren der Vollmachtgeberin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Verfahrenshandlungen, die die Klägerin trotz dieser Zurückweisung für ihre Vollmachtgeberin vornehme, seien unwirksam.

Zur Begründung legt der Beklagte dar, dass die Klägerin geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet habe, ohne dazu befugt zu sein (Erstellung der Körperschaft- und Gewerbesteuererklärungen sowie Jahresabschlüsse für die Jahre 2012 bis 2015 und Übersendung mit Schreiben vom 04.11.2020, Erstellung der Körperschaft- und Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2016 und elektronische Übermittlung am 28.10.2020, Erstellung der Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2017 bis 2019 und elektronische Übermittlung am 21.01.2021).

Die Bundessteuerberaterkammer führe nach § 86b StBerG ein elektronisches Gesamtverzeichnis aller in Deutschland bestellten bzw. anerkannten Steuerberater und Steuerbevollmächtigten, die gemäß § 3 StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt seien. Sie werde in diesem Verzeichnis nicht geführt.

Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union beruflich niedergelassen seien und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, seien z...

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