Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlung von 1,3 Millionen € kein steuerfreies Trinkgeld

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Trinkgeld i.S. des § 3 Nr. 51 EStG ist eine dem dienstleistenden Arbeitnehmer vom Kunden oder Gast gewährte zusätzliche Vergütung, die eine gewisse persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten voraussetzt.

2. Eine Zahlung von 1,3 Mio. € übersteigt den Rahmen dessen, was nach dem allgemeinen Begriffsverständnis als Trinkgeld verstanden werden kann.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 51

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Zahlung in Höhe von rund 1,3 Mio € an den Kläger, die dieser im Streitjahr von der Z Verwaltungs-GmbH, einer zwischenzeitlichen Gesellschafterin der Arbeitgeberin des Klägers, erhalten hat, als steuerfreies Trinkgeld im Sinne des § 3 Nr. 51 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusehen ist.

Der Kläger ist als Prokurist bei der Y GmbH tätig und hier insbesondere für den Bereich Products & Solutions zuständig.

Alleinige Gesellschafterin der Y GmbH war im Jahr 2016 die Y Holding GmbH. An der Y Holding GmbH wiederum hielt zu Beginn des Jahres 2016 die Z Verwaltungs-GmbH 26,6 % der Anteile. Alleiniger Inhaber und Geschäftsführer der Z Verwaltungs-GmbH ist Herr Z, der im Jahr 2016 auch Geschäftsführer der Y GmbH war.

Im Jahr 2016 veräußerte die Z Verwaltungs-GmbH etwa 5,2 % der Anteile an der Y Holding GmbH für ca. … Mio. €.

Im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung zahlte die Z Verwaltungs-GmbH im November 2016 an den Kläger 100.000 €. In einem Schreiben der Z Verwaltungs-GmbH vom 28. November 2016 an den Kläger, das Herr Z unterschrieben hatte, heißt es unter anderem: „Ich persönlich möchte mich an dieser „Zwischenstation” unserer erfolgreichen gemeinsamen Reise auch aus Sicht des Gesellschafters mit dem beigefügten ‚Scheck’ ganz herzlich bei Dir für die gemeinsame erfolgreiche Zeit bedanken.” Zudem wird in dem Schreiben „ohne Gewähr” darauf hingewiesen, dass der Betrag überwiesen werde und es sich steuerrechtlich um eine Schenkung handele und das Finanzamt über die Schenkung zu informieren sei. Lohnsteuer oder Sozialversicherungsabgaben würden nicht anfallen.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2017 wurde die Y GmbH auf die Y Holding GmbH verschmolzen. Die vormalige Y Holding GmbH firmiert seitdem unter Y GmbH. An dieser hielt in 2017 die Z Verwaltungs-GmbH weiterhin ca. 21,4 %. Der Kläger war dort weiterhin als Prokurist tätig.

Im Juli 2018 veräußerte die Z Verwaltungs-GmbH die restlichen 21,4 % der Gesellschaftsanteile an der Y GmbH für ca. …Mio. €, die in zwei Tranchen in 2018 und 2019 zu zahlen waren. Herr Z blieb nach der Veräußerung Geschäftsführer der Y GmbH.

Nach der Veräußerung der Gesellschaftsanteile zahlte die Z Verwaltungs-GmbH in 2018 weitere rund 1,3 Mio. € an den Kläger. Die Zahlung wurde wiederum mit einem Schreiben angekündigt, womit sich Herr Z als Geschäftsführer der Z Verwaltungs-GmbH auch aus Sicht des (ehemaligen) Gesellschafters mit der Zahlung für die gemeinsame erfolgreiche Zeit bedanken wolle.

Eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin, der Y GmbH, über die Zahlung der Beträge bestand nicht. Neben dem Kläger erhielt auch ein weiterer Prokurist eine unter entsprechenden Umständen und sich lediglich der Höhe nach unterscheidende Zahlung.

Der Kläger gab für das Streitjahr zunächst keine Einkommensteuererklärung ab.

Mit Bescheid vom 17. September 2019 setzte das Finanzamt X als Betriebsstätten-Finanzamt der Arbeitgeberin des Klägers gegenüber dem Kläger nachzufordernde Lohn- und Kirchensteuer sowie nachzufordernden Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt … € fest. In diesem Bescheid wird ausgeführt, dass es sich bei dem von der Z Verwaltungs-GmbH im Jahr 2018 gezahlten Arbeitslohn von rund 1,3 Mio. € nicht um ein nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfreies Trinkgeld handele. Gegen diese Nachforderungsfestsetzung legte der Kläger mit Schreiben vom 17. Oktober 2019 Einspruch beim Finanzamt X ein.

Nachdem der Beklagte den Kläger und seine Ehegattin mit Schreiben vom 24. September 2019 aufgefordert hatte, die Einkommensteuererklärungen für 2017 und 2018 spätestens bis zum 23. Oktober 2019 abzugeben, reichten diese die angeforderten Erklärungen am 17. Oktober 2019 ein. Der Einkommensteuererklärung für 2018 war ein Begleitschreiben vom 13. Oktober 2019 beigefügt, in dem der Kläger darauf hinwies, dass die Eintragung in Zeile 72 der Anlage N (rund 1,3 Mio. €) eine nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfreie Zahlung betreffe.

Der Beklagte erließ am 15. November 2019 einen Bescheid für 2018 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, in dem er die Zahlung der Z Verwaltungs-GmbH weder bei der Ermittlung des Einkommens noch bei der Berechnung der darauf entfallenden Steuer berücksichtigte. Der Bescheid enthielt im Erläuterungstext den Hinweis, dass die Zahlung der Z Verwaltungs-GmbH mit dem Sonderbescheid über die Festsetzung von nachzufordernder Lohnsteuer und Kirchensteuer sowie von nachzuforderndem Solidaritätszuschlag vom 17. Septembe...

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