Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuervergütungsantrag, Frage der Wirksamkeit bei Zusendung einer eingescannten Rechnungskopie

 

Leitsatz (redaktionell)

Das erkennende Gericht ist nicht der Auffassung, das Art. 10 der RL 2008/9/EG sowie die nationale Umsetzungsvorschrift einschränkend entgegen ihrem ausdrücklichen Wortlaut dahingehend auszulegen wäre, dass es für die Antragstellung nicht ausreicht, wenn nur eine Kopie einer Rechnung elektronisch übersandt wird. Eine Kopie stellt danach ein Abbild eines Originaldokuments dar. In diesem Fall bedeutet es aber keinen Unterschied, ob das Originaldokument verwendet wird, um es elektronisch zu übertragen oder ob das Originaldokument zuvor kopiert wird und nur die Kopie Ausgangspunkt der elektronischen Übertragung ist.

 

Normenkette

UStDV § 61 Abs. 2 S. 3; Richtlinie 2008/9/EG Art. 10; UStG § 18 Abs. 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.08.2017; Aktenzeichen XI R 23/16)

BFH (Urteil vom 30.08.2017; Aktenzeichen XI R 23/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 i.H.v. 1884,47 €.

Die Klägerin ist eine portugiesische Unternehmerin.

Am 14.06.2011 stellte sie einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern i.H.v. 4122,56 €. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17.04.2012 die Vergütung i.H.v. 1884,47 € ab, da die unter Position 3 der Anlage zum Antrag genannte Rechnung vom 21.12.2010 nur als Kopie eingescannt und elektronisch übersandt worden sei.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 17.05.2012, dem sie die eingescannte Originalrechnung beifügte. Zusätzlich übersandte sie die Originalrechnung in Papierform.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22.07.2013 als unbegründet zurück, da die eingescannte Originalrechnung nicht innerhalb der Antragsfrist (Ablauf 30.09.2011) vorgelegt worden sei. Eine Wiedereinsetzung käme nicht in Betracht, da die Klägerin ein Verschulden an der Fristversäumnis treffe. Die Klägerin könne nicht erwarten, dass in einem Massenverfahren alle Anträge zeitnah auf ihre Ordnungsmäßigkeit hin überprüft würden, selbst wenn der Antrag vier Monate vor Ablauf der Ausschlussfrist gestellt werde.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 12.08.2013.

Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass sie fristgemäß die notwendigen Dokumente eingereicht habe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 17.04.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.07.2013 dahingehend abzuändern, dass der Beklagte verpflichtet wird, weitere Vorsteuern i.H.v. 1884,47 € für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 zu vergüten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, dass innerhalb der Antragsfrist die Originalrechnungen in elektronischer Form als Anlage zum Antrag vorzulegen seien. Dies sei nicht geschehen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Ausschlussfrist komme ebenfalls nicht in Betracht, da die Klägerin die Fristversäumung verschuldet habe. Sie selbst habe im Schreiben vom 17.05.2012 geltend gemacht, dass sie „by mistake”, also durch einen Fehler lediglich eine Kopie der Rechnung elektronisch übersandt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

1. Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Sie hat einen Anspruch auf Vergütung von weiteren Vorsteuern i.H.v. 1884,47 €.

Es reichte aus, dass sie – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – innerhalb der Antragsfrist eine eingescannte Kopie der Rechnung elektronisch übersandt hat.

Das elektronisch übersandte Dokument stellt eine „Kopie der Rechnung” im Sinne der im Streitjahr maßgeblichen Vorschriften dar, welche einen Anspruch auf Vorsteuervergütung begründet.

a. Gemäß Art. 10 der Richtlinie 2008/9/EG vom 12.2.2008 kann ein Mitgliedstaat vor Erstattung verlangen, dass der Antragsteller zusammen mit dem Erstattungsantrag auf elektronischem Wege eine „Kopie der Rechnung” oder des Einfuhrdokuments einreicht.

Die Gesetzesbegründung zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht enthält folgende Erläuterungen:

„Die Vorlage von Originalrechnungen bzw. Einfuhrdokumenten ist nicht mehr zwingend materiell-rechtliche Voraussetzung für die Vorsteuer-Vergütung. Der Vergütungsmitgliedstaat kann (in allen Fällen) verlangen, dass der Antragsteller zusammen mit dem Vergütungsantrag auf elektronischem Wege eine Kopie der Rechnung oder des Einfuhrdokuments einreicht, falls die Steuerbemessungsgrundlage sich auf mindestens 1.000 Euro (für Kraftstoffe auf 250 Euro) beläuft.” (BT Drucksache 16/11108, Seite 40).

Das Verfahren zur Vergütung von Vorsteuern an im Ausland ansässige Unternehmen ist gemäß § 18 Abs. 9 UStG in den §§ 59-62 UStDV geregelt.

Gemäß § 61 Abs. 2 S. 3 UStDV in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung sind dem Vergütungsantrag auf elektronischem Weg die Rechnungen und Einfuhrbelege in Kopie beizufügen.

Gemäß § 61 Abs. 2 S. 3 UStDV in der ab 30.12.2014 maßgeblichen Fassung sind dem Vergütungsantrag auf elektronischem Wege die...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge