Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts bei nicht nachweisbarer Stammeinlageneinzahlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Kann ein wesentlich Beteiligter nicht nachweisen, dass er die Stammeinlage eingezahlt hat, ist der Verlust der Stammeinlage für die Höhe der Anschaffungskosten seiner Beteiligung im Insolvenzfall der Gesellschaft unbeachtlich.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.02.2011; Aktenzeichen IX R 44/10)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein von der Klägerin geltend gemachter Veräußerungsverlust nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin war Gesellschafterin der A GmbH (GmbH), die am 29.07.1986 gegründet wurde. Am Stammkapital in Höhe von 50.000,00 DM (25.564,59 EUR) hatte sich die Klägerin mit 16.500,00 DM (8.436,32 EUR) beteiligt. Die Stammeinlagen waren zur Hälfte sofort bar einzuzahlen. Die weiteren Einzahlungen sollten nach Anforderung der Geschäftsführer erfolgen. Diesbezüglich wird auf die Gründungsurkunde vom 29.07.1986 verwiesen.

Mit Beschluss vom 23.06.2006 lehnte das Amtsgericht B (Az. …) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse ab. Die Löschung der GmbH im Handelsregister erfolgte am 19.09.2006.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin u. a. den hier streitigen Verlust aus der Beteiligung an der GmbH nach § 17 EStG in Höhe von 4.218,00 EUR im Halbeinkünfteverfahren geltend.

Im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 13.05.2008 ließ der Beklagte den geltend gemachten Auflösungsverlust jedoch unberücksichtigt. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Entscheidung vom 02.01.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung trug der Beklagte wie folgt vor:

Die Berücksichtigung des Verlustes scheitere daran, dass die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die Stammeinlage in voller Höhe eingezahlt worden sei. Die Klägerin, die zur Einzahlung der Stammeinlage originär nach § 19 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) verpflichtet sei, habe den Nachweis der Erfüllung der Einlageverpflichtung nicht geführt. Diese Verpflichtung entfalle auch nicht dadurch, dass seit der Gründung der GmbH geraume Zeit verstrichen sei. Ebenso wenig führe der zeitliche Abstand zu einer Beweiserleichterung. Dass das Stammkapital in den Jahresabschlüssen als eingezahlt verbucht und die Einzahlung des Stammkapitals bei der Insolvenz nie in Frage gestellt worden sei, sei als Beweis nicht ausreichend. Auch der Umstand, dass in der Gründungsurkunde bzw. dem Gesellschaftsvertrag vom 29.07.1986 versichert worden sei, dass 50 % Stammkapital sofort und der Rest auf Anforderung der Geschäftsführung, die in den Jahren 1994 und 1995 erfolgt sei, einzuzahlen sei, beweise nicht, dass die Zahlungen tatsächlich erfolgt seien. Im Übrigen bestehe auch von notarieller Seite keine Verpflichtung, die tatsächliche Erbringung von übernommenen Einlageverpflichtungen zu überprüfen. Auch der Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 09.07.2007 II ZR 222/06, DB 2007, 2028, rechtfertige keine andere Entscheidung. Im dortigen Fall sei die Frage streitig gewesen, welche Darlegungslast der Insolvenzverwalter bei der Klage auf eine rückständige Stammeinlage gegen einen Geschäftsanteilserwerber 20 Jahre nach dem Erwerbsvorgang habe. Da die Klägerin die objektive Beweislast habe, gingen verbleibende Unsicherheiten zu ihren Lasten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Einlageverpflichtung nicht erfüllt worden sei.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage trägt die Klägerin wie folgt vor:

Die Forderung des Beklagten nach Zahlungsbelegen zum Nachweis der Einzahlung der Stammeinlage sei rechtswidrig. Die Klägerin, die die Anteile an der GmbH im Privatvermögen gehalten habe, sei steuerlich nicht verpflichtet gewesen, für die bei Gründung der GmbH im Jahre 1986 noch für die bei Einforderung der ausstehenden Einlagen geleisteten Zahlungen auf ihre Stammeinlagen in den Jahren 1994 und 1995 Zahlungsbelege bzw. Buchungsbelege bis zu einer etwaigen in der Zukunft in Betracht kommenden Auflösung der GmbH aufzubewahren. Auszüge eines ausschließlich für private Zwecke genutzten Bankkontos fielen nicht unter § 147 Abs. 1 Nr. 4 Abgabenordnung (AO). Für die GmbH selber sei bereits bei ihrer Auflösung im Jahre 2006 die zehnjährige steuerliche Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege nach § 147 Abs. 3 Satz 1 AO abgelaufen. Über die Regelung des § 147 Abs. 3 AO hinausgehende außersteuerliche Aufbewahrungspflichten seien steuerrechtlich nicht verpflichtend. Im Übrigen habe auch der Beklagte im Besteuerungsverfahren weder vor noch nach der Auflösung den die Zahlungen auf die Stammeinlagen betreffenden Buchungsbelegen erkennbar eine steuerliche Bedeutung beigemessen. Der Beweis der Erfüllung der Stammeinlagenverpflichtung könne zivilrechtlich auch durch Indizien erbracht werden, insbesondere wenn die Gründung bereits Jahrzehnte zurück liege. Die streitigen Einzahlungen der...

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