Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustfeststellung nach Ablauf der Feststellungsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

1) § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG beinhaltet eine klärende Einschränkung des § 181 Abs. 5 AO dergestalt, dass der Ablauf der Feststellungsfrist für die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nur dann unbeachtlich ist, wenn ein pflichtwidriges Unterlassen der Finanzbehörde vorliegt.

2) Der Wortlaut des § 181 Abs. 5 AO ist auch ungeachtet des § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG insofern einschränkend auszulegen, dass das FA innerhalb der Feststellungsfrist Kenntnis von dem verbleibenden Verlustabzug erhalten hat.

 

Normenkette

AO § 181 Abs. 5; EStG § 10d Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.07.2008; Aktenzeichen IX R 86/07)

BFH (Urteil vom 10.07.2008; Aktenzeichen IX R 86/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember 1998 noch aufgrund eines im Dezember 2003 gestellten Antrags möglich war.

Der ledige Kläger absolvierte im Jahre 1998 eine Ausbildung zum Piloten. Einkünfte erzielte er in 1998 nicht; eine Einkommensteuererklärung bzw. einen Antrag auf Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs gab er zunächst ebenfalls nicht ab. Erstmals für das Jahr 1999 wurde der Kläger zur Einkommensteuer veranlagt.

Nachdem der VI. Senat des BFH mit Urteilen vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884 und vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 u. a. für einen Piloten entschieden hatte, dass auch bei einer erstmaligen Berufsausbildung vorab entstandene Werbungskosten vorliegen können, beantragte der Kläger mit einem am 6. Dezember 2003 eingegangenen Erklärungsformular die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember 1998 aufgrund der ihm vorab entstandenen Aufwendungen für seine Piloten-Ausbildung (zunächst rd. 16.000 DM Fahrtkosten sowie 90.000 DM sonstige Kosten). Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 2. März 2004 unter Hinweis auf den Ablauf der Antragsfrist ab.

Mit seinem Einspruch berief sich der Kläger auf das BFH-Urteil vom 12. Juni 2002 XI R 26/01 (BFHE 198, 395, BStBl II 2002, 681). Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2004 aus: Nach Ablauf der Festsetzungsfrist für das Verlustentstehungsjahr könnten erstmals geltend gemachte Verluste auch nicht gemäß § 181 Abs. 5 AO 1977 berücksichtigt werden.

Der Kläger trägt vor, die Verlustfeststellung unterliege lediglich der Festsetzungsfrist gemäß § 169 AO 1977. Diese ende zwar am 31. Dezember 2002, nachdem BFH-Urteil vom 12. Juni 2002 XI R 26/01 könne die Verlustfeststellung gemäß § 181 Abs. 5 AO 1977 jedoch auch nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgen, wenn die Verlustfeststellung von mittelbarer oder unmittelbarer Bedeutung für die Folgejahre sei. Davon sei auch im Streitfall auszugehen, weil eine Berücksichtigung des Verlusts im Jahr 2001 noch möglich gewesen sei. Darüber hinaus sei die begehrte Verlustfeststellung auch für künftige Jahre von Bedeutung, da er die Verluste in Folgejahren mit positiven Einkünften aus seiner Piloten-Tätigkeit verrechnen wolle. Durch die Technik der separaten Feststellung vom Besteuerungsgrundlagen dürften ihm als Steuerpflichtigen keine Nachteile entstehen. Deshalb könne es nicht von Bedeutung sein, dass der Verlust nicht zuvor im Rahmen einer Veranlagung zur Einkommensteuer ermittelt worden sei. Es könne von einem Steuerpflichtigen, der in einem Veranlagungszeitraum nur Verluste erzielt habe, nicht verlangt werden, gleichwohl eine Steuerfestsetzung zu betreiben, obwohl diese rechtlich für ihn ohne Bedeutung sei. Die BFH-Urteile vom 9. Dezember 1998 XI R 62/97 (BFHE 187, 523, BStBl II 2000, 3) und vom 9. Mai 2001 XI R 25/99 (BFHE 195, 545, BStBl II 2002, 817) seien im Streitfall nicht einschlägig. Denn sie hätten Fälle betroffen, in denen der Verlust jedenfalls teilweise durch das zu versteuernde Einkommen verbraucht worden sei und dadurch zu einer Steuerfestsetzung auf 0 DM geführt habe. Danach sei der vom Beklagten der Höhe nach nicht bestrittene Verlust antragsgemäß festzustellen. Ergänzend erklärt der Kläger in der mündlichen Verhandlung, das bei der Berechnung der zu berücksichtigenden Kosten ein Fehler unterlaufen und insgesamt nur 99.230 DM zu berücksichtigen seien.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung vom 2. März 2004 und der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2004 zu verpflichten, die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember 1998 in Höhe von 99.230 DM durchzuführen, hilfsweise die Zulassung der Revision (v.u.g.).

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Ansicht des Kläger für unzutreffend, weil andernfalls eine Verlustfeststellung faktisch ohne jegliche zeitliche Begrenzung vorgenommen werden könne. Dadurch werde das Prinzip der Rechtssicherheit ausgehöhlt. Der Kläger habe nur deshalb nachträglich die Verlustfeststel...

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