Entscheidungsstichwort (Thema)

NATO-Ruhegehälter und Steuerausgleichszahlungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Ruhegehalts- und Steuerausgleichszahlungen der NATO an ehemalige Bedienstete sind als Ruhegelder i.S.v. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG und Versorgungsbezüge § 19 Abs. 2 Nr. 1 Buchst.  b EStG zu besteuern.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Ruhegehaltszahlungen der NATO an den Kläger. Die Kläger sind der Auffassung, dass es sich insoweit um eine Leibrente und nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handelt.

Der Kläger war von 19… bis 2004 im NATO-Hauptquartier in Brüssel tätig. Dazu wurde er als Bundesbeamter ununterbrochen beurlaubt. Die Einkünfte während seiner aktiven Tätigkeit waren nach dem Protokoll über die Rechtsstellung der auf Grund des Nordatlantikvertrags errichteten internationalen militärischen Hauptquartiere vom 28. August 1952 (BGBl. II 1969, 2000) steuerfrei. Seine Beschäftigung bei der NATO unterlag den Bestimmungen der NATO Civilian Personnel Regulations (NCPR). Aus diesem Grund wurden u.a. Beträge in Höhe von etwa 8 bis 9 % seines Grundgehalts zu Finanzierung der Altersversorgung im Rahmen des sog. „NATO pension scheme and social insurance system” einbehalten (im Folgenden: Altersvorsorgebeitrag).

Nach seinem Eintritt in den Ruhestand erhielt er von der NATO Zahlungen in Höhe von 57 611,32 Euro (2005), 59 824,68 Euro (2006), 58 351,32 Euro (2007), 59 212,84 Euro (2008) und 62 802,28 Euro (2009), die aus dem laufenden Haushalt der NATO gezahlt wurden. Darin enthalten waren in Höhe von 5 605 Euro (2005), 6 849 Euro (2006), 5 590 Euro (2007 und 2008) sowie 6 364 Euro (2009) sog. Steuerausgleichszahlungen „Tax Adjustments”), die dem Kläger nach Maßgabe des Art. 42 NCPR zum teilweisen Ausgleich der Besteuerung der Ruhegehälter gewährt wurden.

In den Einkommensteuerbescheiden für diese Jahre, in denen die Kläger zusammen veranlagt wurden, behandelte der Beklagte die Zahlungen als Einkünfte im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Mit ihren dagegen eingelegten Einsprüchen machten die Kläger geltend, die Zahlungen seien nur mit ihrem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG zu besteuern. Ansonsten käme es zu einer Doppelbesteuerung.

Die Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 30. November 2012 unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 22. November 2006 X R 29/05 (BFHE 216, 124, BStBl. II 2007, 402) und den dazu ergangenen Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 14. Oktober 2010 2 BvR 367/07 (HFR 2011, 88) als unbegründet zurück. Soweit während der aktiven Tätigkeit des Klägers Beträge für den Aufbau der Altersversorgung einbehalten worden seien, stellten diese nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung keine Gehaltszuwendungen, sondern Gehaltskürzungen dar. Der einbehaltene Gehaltsteil werde erst im Versorgungsfall als nachträglicher Arbeitslohn in Form eines Ruhegehalts ausgezahlt. Damit beruhten die Versorgungsbezüge nach dem Pensionssystem der NATO nicht auf eigenen Beitragsleistungen, so dass sie in vollem Umfang nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern seien. Ergänzend verwies der Beklagte auf das Urteil des FG Köln vom 15. August 2012 5 K 189/11 (EFG 2013, 32).

Dagegen haben die Kläger fristgerecht am 22. Dezember 2012 Klage erhoben. Sie halten an ihrem Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren fest. In den vom Beklagten genannten Verfahren vor dem BFH und dem BVerfG sei unberücksichtigt geblieben, dass die Grundgehälter in der aktiven Dienstzeit, aus denen die Bediensteten ihren Beitrag zum Altersversorgungssystem der NATO geleistet hätten, nach Einbehalt der Einkommensteuer „net-of-tax”) festgelegt und vereinbart gewesen sein. Auch das Urteil des FG Köln in dem Verfahren 5 K 189/11 vom 15. August 2012 gehe nicht darauf ein, wie sich die Festsetzung von NATO-Aktivgehältern mit Einbehalt der Einkommensteuer unter Berücksichtigung des Alterseinkünftegesetzes (2005) auf die Aufbauphase der NATO-Altersversorgung sowie auf die rechtliche Grundlage der im deutschen Recht nicht vorgesehenen Steuerausgleichszahlungen auswirke. Die Einkünfte, die er, der Kläger, während seiner aktiven Tätigkeit erzielt habe, seien unstreitig steuerfrei gewesen. Die Steuerfreiheit habe nur funktional wirken sollen. Eine materielle Steuerfreiheit sei damit nicht verbunden gewesen. Entscheidend sei, dass nicht, wie üblich, von einem Bruttogehalt Steuern abgezogen würden, sondern von vornherein und im Zuge der Bemessung des Bruttogehalts der Steuerabzug berücksichtigt worden sei. Daher sei sein Gehalt nur „formal” steuerfrei gewesen. Er stünde einem inländischen Beamten gleich, nur mit dem Nachteil eines pauschalierten Einbehalts der Einkommensteuer. Es wäre unzulässig, wenn er ein um die Steuer reduziertes Nettogehalt erhielte und man ihm die volle Steuerfreiheit weiterhin entgegenhalten könne. Im Gegensatz zum Inlandbediensteten zahle er den vereinbarte...

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