Entscheidungsstichwort (Thema)

Beantwortung eines Auskunftsersuchens der britischen Finanzverwaltung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Anspruch, die Weitergabe steuerrelevanter Daten an eine ausländische Finanzbehörde zu unterlassen, besteht nicht, wenn die Informationen für eine Steuerfestsetzung voraussichtlich erheblich sind. Dies ist der Fall, eine vernünftige Möglichkeit aus Sicht des ersuchenden Vertragsstaates besteht, dass die begehrte Information für steuerliche Zwecke relevant sein wird. Die ersuchte Behörde muss dann – ebenso wie ein angerufenes Gericht – nur prüfen, ob die voraussichtliche Erheblichkeit nicht offenkundig völlig fehlt. Weitere Ermittlungen, insbesondere zur ausländischen Rechtslage, hat die ersuchte Behörde nicht anzustellen.

 

Normenkette

AO § 117 Abs. 2; EUAHiG § 4 Abs. 1; DBA/Großbritannien Art. 27; BGB § 1004; AO § 30 Abs. 4 Nr. 2

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Frage, ob der Antragsgegner Auskünfte der bayrischen Landesbehörde – auf ein britisches Auskunftsersuchen hin – an die britische Finanzverwaltung weiterleiten darf.

Der Antragsteller ist britischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Großbritannien. Im Zeitraum 1999-2008 war darüber hinaus in der Bundesrepublik Deutschland polizeilich gemeldet.

Der Antragsteller war in den Jahren 1999-2007 als selbstständiger Softwareingenieur für die Firma A in Deutschland tätig. Die Abrechnung seiner Leistungen erfolgte über verschiedene ausländische Abrechnungsagenturen, wobei nur ein Teil der Honorare auf ein inländisches Konto des Antragstellers überwiesen wurde und ein weiterer Teil auf dem Konto der Agentur im Ausland verblieb.

Im Rahmen steuerstrafrechtlicher Ermittlungen kam das Finanzamt D zu dem Ergebnis, dass – da die auf dem ausländischen Konto verbliebenen Einnahmen in Deutschland nicht der Besteuerung unterworfen worden seien – Einkommensteuer i.H.v. 241.156 Euro in den Jahren 2001-2005 hinterzogen worden sei. Daraufhin änderte das Finanzamt D die Steuerbescheide der Jahre 2001-2005. Der Antragsteller wandte sich hiergegen mit einer Klage. Derzeit ist eine Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers gegen die die Besteuerung betreffenden Urteile des Finanzgerichts München anhängig.

Am 21.11.2013 hat die britische Finanzverwaltung an den Antragsgegner ein Auskunftsersuchen basierend auf der Richtlinie 2011/16/EU und Art. 27 DBA Großbritannien übermittelt.

In der Anfrage teilt die britische Finanzverwaltung mit, dass der Antragsteller seit Juli 2006 arbeitslos gewesen sei, aber nach eigenen Angaben bis zum 27.11.2008 in Deutschland gewohnt habe. Im März 2008 habe er eine Bonuszahlung i.H.v. 440.000 € direkt auf ein Bankkonto außerhalb Großbritanniens bei der H-Bank erhalten. Diese Zahlung habe der Antragsteller den britischen Finanzbehörden gegenüber nicht erklärt und auch keine Nachweise darüber vorgelegt, dass die entsprechende Zahlung in Deutschland versteuert worden sei. Vor diesem Hintergrund stellte die britische Finanzverwaltung folgende Fragen (Übersetzung: Bl. 19 Verwaltungsakte):

Für welche Zeiträume galt Herr P als in Deutschland steueransässig und aus welchen Gründen – welche Informationen reichte er im Hinblick auf die Situation seiner Steueransässigkeit und zukünftige Absichten ein?

Welche Informationen reichte er im Hinblick auf die Beendigung seiner Steueransässigkeit in Deutschland ein?

War er in diesen Zeiträumen zur Einreichung von Steuererklärungen in Deutschland verpflichtet?

Sind auf den von ihm eingereichten Steuererklärungen die Gehaltseingänge von Firma A oder K ausgewiesen und unterlag er dafür in Deutschland der Besteuerung?

Hat er den Erhalt des Bonus von 440.000 € im März 2008 zur Besteuerung in Deutschland angegeben und wenn ja, wurde davon Einkommensteuer in welcher Höhe veranlagt?

Darüber hinaus bat die britische Finanzverwaltung um Übersendung des Schriftverkehrs mit entsprechenden Erklärungen im Hinblick auf den Steueransässigkeitsstatus des Antragstellers.

Am 31.1.2014 teilte das Finanzamt K, dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, den britischen Finanzbehörden Auskünfte zu erteilen. Im Rahmen der Anhörung machte der Antragsteller Einwendungen geltend. Er befürchte die Nutzung der zu erteilenden Informationen zu abkommenswidrigen Zwecken, insbesondere zur Vornahme einer Doppelbesteuerung durch Großbritannien.

Daraufhin teilte der Antragsgegner am 16.01.2017 mit, dass die britischen Behörden aufgrund der Richtlinie 2011/16/EU einen Anspruch auf die Beantwortung ihres Ersuchens hätten. Die beabsichtigte Antwort selbst enthielte nur Informationen, die der Antragsteller der britischen Finanzverwaltung ohnehin hätte geben müssen.

Daraufhin hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag vom 13.03.2017 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit welchem verhindert werden soll, dass die Antwort der bayrischen Landesbehörde auf das britische Auskunftsersuchen an die britische Steuerverwaltung weitergeleitet wird.

Die von der britischen Finanzverwaltung...

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