Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrechtliche Einreihung von Instantnudelgerichten mit gekochten und getrockneten Nudeln - Vertrauensschutz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Instantnudelgerichte, bei denen der Nudelblock und die weiteren Zutaten in getrennten Beuteln vorliegen, sind keine "Zubereitungen zum Herstellen von Suppen oder Brühen" im Sinne der Unterposition 2104 1000 KN (Aufgabe FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 05.11.2007, 4 K 108/06).

2. Erkennbar ist ein Irrtum im Sinne von Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK, wenn es zwei Einreihungsverordnungen mit widersprüchlicher Begründung gibt.

 

Normenkette

ZK Art. 220 Abs. 2 Buchst. b; KN Unterposition 1902 3010; KN Unterposition 1902 3090; KN Unterposition 2104 1000; EGV 635/2005

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Zoll auf Instantnudelgerichte.

In der Zeit vom 17.10.2013 bis 26.01.2015 meldete die Klägerin mit insgesamt 28 Zollanmeldungen "Instant-Nudelsuppen in Tüten und Bechern, kein Fleisch, Ei oder Tomaten enthaltend" unter der Unterposition 2104 1000 KN zur Überführung in den Zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an. Auf die Aufstellung der einzelnen Einfuhren in der Einspruchsentscheidung vom 09.06.2016 (S. 2) wird verwiesen. Die Waren wurden anmeldungsgemäß abgefertigt. Bei der Einfuhr am 10.02.2014 fand eine Zollbeschau statt und die angemeldete Unterposition wurde bestätigt.

Den Zollanmeldungen lagen Instantnudelgerichte der Marke XXX zugrunde, die jeweils aus einem Block spiralförmiger Instantnudeln sowie zwei Plastikbeuteln, die Gewürze, Pasten, Öle oder getrocknete Zutaten enthalten, bestehen. Die Nudeln wurden gekocht - nicht frittiert - und anschließend getrocknet. Im Produktionsprozess werden die Nudeln mit Hühnersuppe besprüht. Die Instantnudelgerichte haben - je nach Geschmacksrichtung (Shrimps, Meeresfrüchte, Gemüse, Curry, Hühnchen, Rindfleisch, Schweinefleisch oder Ente) - einen Fettgehalt zwischen 3,1 und 4,3% pro 100 g.

Die Bestandteile der Instantnudelgerichte sind entweder in Folie eingeschweißt (Tütennudeln [Bag Noodles]) oder befinden sich in einem Plastikbecher mit verschweißtem Deckel (Bechernudeln [Cup Noodles]). Auf der Verpackung befindet sich ein Serviervorschlag in Bildform, der eine Schale mit Nudelsuppe zeigt, sowie ein Symbol für die jeweilige Geschmacksrichtung. Die Tütennudeln haben ein Gesamtgewicht von 60 g, wobei die Nudeln ca. 52 g wiegen. Zur Zubereitung ist auf der Verpackung vermerkt: "Inhalt einer Packung in eine Schüssel geben. Etwa 320 ml kochendes Wasser dazu geben. Schüssel drei Minuten abgedeckt stehen lassen. Vor dem Servieren gut rühren." Die Bechernudeln wiegen 70 g bei einer Nudeleinwaage von ca. 60 g. Die Zubereitungsanleitung auf den Plastikbechern sieht gleichermaßen wie bei den Tütennudeln vor, 320 ml kochendes Wasser zuzugeben, wobei die Zubereitung in dem Plastikbecher erfolgen kann.

Nachdem dem Beklagten bei der Überprüfung einer hier nicht streitbefangenen Einfuhrsendung aufgefallen war, dass die Einfuhren der Klägerin in den Anwendungsbereich der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 767/2014 fallen könnten, erhob er auf der Grundlage der Unterposition 1902 3010 KN mit Nacherhebungsbescheid AT/S/...-a vom 24.02.2015 bezüglich der Einfuhren von Februar 2012 bis September 2013 Zoll in Höhe von 62.148,46 € nach. Mit Nacherhebungsbescheid AT/S/...-b vom 25.02.2015 bezüglich der Einfuhren von Oktober 2013 bis Januar 2015 wurde aus demselben Grund weiterer Zoll in Höhe von 60.203,42 € nacherhoben.

Gegen die Nacherhebungsbescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.03.2015 Einspruch ein. Sie verwies auf den Gerichtsbescheid des FG Hamburg vom 05.11.2007 (4 K 108/06), mit der die in Rede stehenden Waren in die Unterposition 2104 1000 KN eingereiht worden seien. Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 767/2014 ändere die Kombinierte Nomenklatur und sei daher rechtswidrig. Im Übrigen könne die Einreihungsverordnung nicht rückwirkend angewendet werden.

Am 02.12.2015 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben, mit der sie sich gegen die beiden Nacherhebungsbescheide wendet. Die Klage sei zulässig, weil der Beklagte ohne zureichenden Grund auch neun Monate nach Einlegung des Einspruchs keine Einspruchsentscheidung betroffen habe. Das Abwarten auf eine Entscheidung einer vorgesetzten Behörde sei kein zureichender Grund.

Mit Einfuhrabgabenbescheid xxx-1 vom 09.06.2016 erstattete der Beklagte sämtlichen Zoll, der mit Nacherhebungsbescheid AT/S/...-a vom 24.02.2015 festgesetzt worden war. Mit Einfuhrabgabenbescheid xxx-2 vom selben Tag erstattete er weiteren Zoll in Höhe von 37.358,68 €, der mit Nacherhebungsbescheid AT/S/...-b vom 25.02.2015 hinsichtlich der Einfuhren bis zum 16.07.2014 festgesetzt worden war. Zwar seien die Waren in die Unterposition 1902 3010 KN einzureihen. Aus Gründen des Vertrauensschutzes gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) ZK sei jedoch für die Einfuhren von Oktober 2013 bis zum 16.07.2014 von der Nacherhebung abzusehen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 09.06.2016 (xxx) wies der Beklagte de...

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