Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer: Keine Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs bei Vertragsänderung und -übernahme

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG setzt die zivilrechtliche Aufhebung des ursprünglichen Vertrages voraus. Hieran fehlt es, wenn ein Vertrag über insgesamt sechs Grundstücke formal aufgehoben und im unmittelbaren Anschluss ein neuer Kaufvertrag mit der bisherigen Erwerberin, einer GmbH, über vier Grundstücke und ein weiterer Kaufvertrag mit einer z.T. gesellschafteridentischen GbR über zwei Grundstücke geschlossen wird, wobei ohne weitere inhaltliche Änderungen der ursprüngliche Kaufpreis anteilig aufgeteilt wird und alle Verträge identische aufschiebende Bedingungen enthalten. Dies ist vielmehr als eine Vertragsänderung in Bezug auf die GmbH und eine Vertragsübernahme in Bezug auf die GbR auszulegen.

 

Normenkette

GrEStG § 16 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Grundstückskaufvertrag rückgängig gemacht wurde und die Grunderwerbsteuerfestsetzung deshalb aufzuheben ist.

Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom ... 2012 mit einem Stammkapital von ... € gegründet. Gesellschafter sind die Brüder A, B, C und D sowie ihre Cousins E, F, G und H mit je einem Geschäftsanteil. Zwei Geschäftsanteile hält die Klägerin seit 2017 selbst. Sämtliche Geschäftsanteile belaufen sich auf ... €, lediglich der Anteil des Herrn A (im Folgenden: A) beträgt ... €. A ist einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des§ 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreiter Geschäftsführer der Klägerin. Geschäftsgegenstand der Klägerin ist die Grundstücksentwicklung und die Errichtung von Hochbauten sowie der Erwerb und die Veräußerung von bebauten und unbebauten Grundstücken und von Wohnungseigentum.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. März 2016 erwarb die Klägerin von der ... J GmbH (im Folgenden: J-GmbH) drei noch zu vermessende und unbebaute Teilflächen aus den Flurstücken F-1, F-2 und F-3 der Gemarkung K (in dem dem Vertrag beigefügten Lageplan mit B06, B07, B10, B11, B01 und B02 bezeichnet, Grunderwerbsteuerakten -GrEStA- Bl. 30) mit einer Größe von ca. ... qm zum Preis von ... €. Ein Teilbetrag von ... € war binnen vier Wochen zur Zahlung fällig. Die Klägerin übernahm die Verpflichtungen bzgl. der Bebauung, die die J-GmbH gegenüber der ... in einem städtebaulichen Vertrag vom ... eingegangen war.

Die im Lageplan mit B08 und B09 bezeichneten Teilflächen verkaufte die J-GmbH an die A GbR (im Folgenden: A-GbR), bestehend aus den Gesellschaftern B, C und D und A.

Der Beklagte setzte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 20. Juni 2016 Grunderwerbsteuer in Höhe von ... € fest.

Am 26. März 2018 hoben die Klägerin und die J-GmbH den Vertrag vom 30. März 2016 mit notarieller Vereinbarung (UR-Nr. xx-1/18 des beurkundenden Notars N) wieder auf. Die Aufhebungsvereinbarung enthielt die aufschiebende Bedingung, dass zwei neue Kaufverträge über den Vertragsgegenstand geschlossen werden und dass die die J-GmbH und die Klägerin finanzierenden Banken der Aufhebung und dem Neuabschluss zustimmen. Die Löschung der zugunsten der Klägerin im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung wurde bewilligt und beantragt. Ebenfalls beantragt wurde die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).

Im unmittelbaren Anschluss schlossen die J-GmbH und die Klägerin erneut einen Kaufvertrag (UR-Nr. xx-2/18) über die im Lageplan mit B01, B02, B06 und B07 bezeichneten Grundstücke zum Zweck der Bebauung zum Preis von ... €.

Mit dem daran unmittelbar anschließenden Vertrag (UR-Nr. xx-3/18) erwarb die A-GbR, vertreten durch A, von der J-GmbH die Grundstücke B10 und B11 zum Preis von ... €.

Die Verpflichtungen aus dem städtebaulichen Vertrag wurden in beiden Kaufverträgen wiederum übernommen und die Verträge enthielten ebenfalls die aufschiebende Bedingung bzgl. der Zustimmung der finanzierenden Banken.

Diese Zustimmungen wurden am 28. März 2018 erteilt.

Auf die Anfrage des Beklagten vom 11. April 2018, auf welches Konto das Grunderwerbsteuerguthaben überwiesen werden solle, teilte die Klägerin mit Schreiben vom 16. April 2018 ein entsprechendes Bankkonto mit.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2018 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung mit der Begründung ab, dass der ursprüngliche Erwerbsvorgang nicht vollständig rückgängig gemacht worden sei.

Für den Erwerb der Klägerin vom 26. März 2018 setzte der Beklagte mit Bescheid vom 11. Juni 2018 Grunderwerbsteuer in Höhe von ... € fest. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dieser Bescheid bestandskräftig geworden ist.

Gegen die Ablehnung vom 23. Mai 2018 legte die Klägerin am 18. Juni 2018 Einspruch ein. Durch die Benennung eines Ersatzkäufers habe sie ihre Rechtsposition aus dem ursprünglichen Kaufvertrag nicht im eigenen wirtschaftlichen Interesse verwertet. Ziel sei es gewesen, den Kaufvertrag teilweise nicht e...

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