Entscheidungsstichwort (Thema)

Finanzgerichtsordnung: Zur Zulässigkeit des Finanzrechtsweges bei Verwaltungsvollstreckung

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen Vollstreckungsmaßnahmen nach §§ 30 ff. HmbVwVG ist der Verwaltungsrechtsweg und nicht der Finanzrechtsweg gegeben.

 

Normenkette

FGO § 33 Abs. 1 Nr. 2; GVG § 17a Abs. 3 S. 2; HmbVwVG § 35 Abs. 1

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Beitreibung von rückständigen Rundfunkbeiträgen, die die Antragsgegnerin auf Ersuchen des NDR durchführt.

Der NDR ersuchte die Antragsgegnerin mit der Vollstreckung von Rundfunkbeiträgen des Antragstellers in Höhe von 410,58 EUR für den Zeitraum Januar 2013 bis September 2014, die nach Angaben des NDR mit Bescheid vom 04.07.2014 festgesetzt und rückständig waren.

Die Antragsgegnerin erließ wegen dieser Forderung zuzüglich Vollstreckungskosten am 01.06.2015 eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung gegenüber der Bank des Antragstellers, die der Bank am 03.06.2015 zugestellt wurde.

Der Antragsteller hat am 10.06.2014 vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht beantragt.

Er ist der Auffassung, der Finanzrechtsweg sei gegeben, da die Vollstreckung durch die Antragsgegnerin nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO) erfolge, auf die § 35 Abs. 1 des Hamburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (HmbVwVG, Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt - HmbGVBl. - 2012, 510, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21.05.2013, HmbGVBl. 2013, 210) verweise.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 01.06.2015 aufzuheben,

hilfsweise im Wege einstweiliger Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Vollstreckung einzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, nicht der Finanzrechtsweg, sondern der Verwaltungsrechtsweg sei gegeben. Gegen Pfändungs- und Überweisungsverfügungen im Vollstreckungshilfeverfahren sei nicht ein Einspruch, sondern ein verwaltungsrechtlicher Widerspruch statthaft, an den sich ein verwaltungsgerichtliches Verfahren anschließe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Gemäß § 155 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit (i. V. m.) § 17a Abs. 3 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) hat das Gericht vorab über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges zu entscheiden, wenn - wie im Streitfall - eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

Die Regelung des § 17a GVG ist auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzuwenden. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wonach ein Streit der Beteiligten über den richtigen Rechtsweg vereinfacht, verkürzt und zu einem möglichst frühen Zeitpunkt entschieden werden soll (Bundestags-Drucksache - BT-Drucks. - 11/7030, 36 f.; vergleiche - vgl. - auch Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 06.02.2001 VII B 277/00, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 194, 26, Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2001, 306; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl. 2013, § 17 Randziffer - Rz. - 7 mit weiteren Nachweisen - m. w. N. -).

2. Im Streitfall ist der beschrittene Finanzrechtsweg nicht zulässig.

Der Finanzrechtsweg ist gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO gegeben in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten, soweit die Verwaltungsakte durch Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der AO zu vollziehen sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Festsetzungsbescheid ist nicht im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO nach den Vorschriften der AO zu vollziehen.

a) Die Vollziehung richtet sich nach dem HmbVwVG, da dieses Gesetz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 HmbVwVG im Streitfall Anwendung findet. Die Antragsgegnerin als Stelle der Freien und Hansestadt Hamburg betreibt die Vollstreckung eines im Verwaltungswege vollstreckbaren Titels.

aa) Die Antragsgegnerin als Landesfinanzbehörde (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 AO) betreibt die Vollstreckung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HmbVwVG.

Die Antragsgegnerin ist für die Vollstreckung gemäß § 4 Satz 1 HmbVwVG i. V. m. Abschnitt III Nr. 3 der Anordnung über Vollstreckungsbehörden (Amtlicher Anzeiger - Amtl. Anz. - 1999, 1457, zuletzt geändert durch Artikel 12 der Anordnung vom 26.10.2010, Amtl. Anz. 2010, 2129) zuständig und führt gemäß § 5 Abs. 1 HmbVwVG die Vollstreckung durch.

bb) Die Antragsgegnerin betreibt die Vollstreckung eines im Verwaltungswege vollstreckbaren Titels.

Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV, verkündet als Art. 1 der Anlage des Gesetzes zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 15.02.2011, HmbGVBl. 2011, 63, in Kraft getreten am 01.01.2013, HmbGVBl. 2012, 430) werden rückständige Rundfunkbeiträge durch die zuständige Landesrundfunkanstalt, hier durch den NDR als Anstalt des öffentlichen Rechts, festgesetzt. Die Festsetzungsbescheide als Verwaltungsakte werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren öffentlich-rechtlich vollstreckt (§ 10 Abs....

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