Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung der Beteiligungsquote in § 17 EStG mit StSenkG vom 23.10.2000: Verstoß der Anwendungsvorschriften dazu gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 56 EGV?

 

Leitsatz (amtlich)

Ist es mit Artikel 56 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) über den freien Kapitalverkehr vereinbar, wenn der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft im Jahr 2001 bereits dann steuerpflichtig war, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 vom Hundert beteiligt war, während der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen (inländischen) Kapitalgesellschaft unter im Übrigen gleichen Bedingungen im Jahr 2001 erst bei einer wesentlichen Beteiligung von mindestens 10 vom Hundert steuerpflichtig war?

 

Normenkette

EStG §§ 17, 52 Abs. 1 i.d.F. des Gesetzes vom 23.10.2000, Abs. 34a i.d.F. des Gesetzes vom 19.12.2000; EGV Art. 56

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 18.12.2007; Aktenzeichen C-436/06)

 

Tatbestand

I. Sachverhalt und Streitstand

Der Kläger war als Aktionär zu 2,1% des Grundkapitals an der dänischen N... A/S und zu 2,5% des Grundkapitals an der dänischen ... D... A/S beteiligt.

Im Jahr 2001 veräußerte er einen erheblichen Teil seiner vorgenannten Beteiligungen. Dabei erzielte er einen Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an der N A/S und einen niedrigeren Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an der D A/S.

Das beklagte Finanzamt berücksichtigte mit dem Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 10.4.2003 nach Saldierung des Veräußerungsgewinns und des Veräußerungsverlustes einen Veräußerungsgewinn gemäß § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) 2001/2002 vom 23.10.2000, Bundesgesetzblatt I 2000,1422 (n.F.) in Höhe von 2.021.287 DM. Der hiergegen von den Klägern eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage gegen die Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG n.F. und erheben hilfsweise Einwendungen gegen die Berechnung des Veräußerungsgewinns.

Die Kläger sind der Auffassung, die gesetzliche Grundlage für die steuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG sei im Hinblick auf die Ungleichbehandlung der Veräußerung von Beteiligungen an inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften verfassungswidrig und verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Artikel 56 EG.

Der Beklagte hält die von ihm vorgenommene Rechtsanwendung für zutreffend und sieht keinen Verstoß der angewendeten gesetzlichen Regelung gegen das Grundgesetz oder gegen den EG.

 

Entscheidungsgründe

II. Erforderlichkeit des Ersuchens

Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist die im Tenor dieses Beschlusses formulierte Rechtsfrage vorzulegen.

Das Gericht legt die Frage dem EuGH gemäß Artikel 234 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Buchstabe a des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) vor. Die Rechtsfrage ist für das Klageverfahren entscheidungserheblich und betrifft die dem EuGH vorbehaltene Auslegung des EG. Diese ist dem EuGH vorbehalten, wenn die zutreffende Auslegung nicht derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel an der richtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts keinerlei Raum bleibt (EuGH-Urteil vom 6.10.1982, Rs. C-283/81, EuGHE 1982,3415). Letzteres ist nicht der Fall.

1. Rechtslage nach deutschem Recht

Auf die Beteiligungsveräußerungen des Klägers im Jahr 2001 ist § 17 EStG in der Fassung des StSenkG 2001/2002 vom 23.10.2000 anzuwenden mit der Folge, dass der vom Kläger erzielte Veräußerungsgewinn steuerpflichtig ist. Hätte der Kläger unter im Übrigen vergleichbaren Umständen Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft im Jahr 2001 verkauft, wäre ein daraus entstandener Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig gewesen.

a) § 17 Abs. 1 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 24.3.1999, Bundesgesetzblatt I 1999, 402 (a.F.) erfasste als Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch den Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich, d.h. zu mindestens 10 vom Hundert unmittelbar oder mittelbar beteiligt war.

Diese Regelung wurde geändert durch das StSenkG 2001/2002 vom 23.10.2000. Danach gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 vom Hundert beteiligt war.

Gemäß § 52 Abs. 1 EStG in der Fassung des StSenkG 2001/2002 vom 23.10.2000 war diese Neufassung des Gesetzes erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden. Durch § 52 Abs. 34 a EStG in der Fassung des Steuer-Euroglättungsgesetz (StEuglG) vom 19.12.2000 wurde geregelt, dass § 17 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 23.10.2000, soweit Anteile an unbeschränkt körpe...

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