Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung zum tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn bei Auflösung einer Rücklage

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Ansparrücklage muss nur dann zu Gunsten des laufenden Gewinns wieder aufgelöst werden, wenn die zeitlichen Voraussetzungen für die Fortführung der Rücklage vor Veräußerung entfallen sind.
  2. Anderenfalls besteht ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang mit der Veräußerung, der es rechtfertigt, den Ertrag aus der Auflösung und den Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG dem tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn zuzurechnen.
 

Normenkette

EStG §§ 7g, 16

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.05.2007; Aktenzeichen X R 35/06)

BFH (Urteil vom 23.05.2007; Aktenzeichen X R 35/06)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Auflösung einer Rücklage nach § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) anlässlich der Veräußerung des Betriebes des Klägers dem tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn zuzurechnen ist.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger betrieb bis zum 31. Oktober 1998 die Imbissstube „C-Straße 1” in „O-Stadt”. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich. Zum Ende des Wirtschaftsjahres 1996 bildete er eine Ansparrücklage gem. § 7g Abs. 3 EStG i.H.v. 23.250 DM und berücksichtigte sie gewinnmindernd in der Bilanz zum 31.12.1996. Auf Grund des Kaufvertrages vom 01. Oktober 1998 veräußerte er den Betrieb zum 31. Oktober 1998 zu einem Preis von 70.000 DM. Der Kläger ermittelte für das Rumpfwirtschaftsjahr 1998 einen laufenden Gewinn i.H.v. 25.183 DM und zum 31.10.1998 einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 82.185 DM. In diesem war ein Betrag i.H.v. 26.040 DM enthalten, der mit 23.250 DM auf der Auflösung der Ansparrücklage und mit 2.790 DM auf der Verzinsung dieses Betrages nach § 7g Abs. 5 EStG beruht. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) veranlagte die Kläger mit Bescheid vom 30. August 2000 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß zur Einkommensteuer 1998.

Im Jahr 2001 führte das FA beim Kläger eine Außenprüfung durch. Der Prüfer, der seine Ergebnisse im Bericht vom 09. Juli 2001 zusammenfasste, gelangte zu der Ansicht, dass die Auflösung der Ansparrücklage nebst Verzinsung nicht dem Veräußerungsgewinn, sondern dem laufenden Gewinn zuzurechnen sei (Tz. 15 des Berichts). In Auswertung des Prüfungsberichts änderte das FA am 24. Juli 2001 den Einkommensteuerbescheid 1998 und berücksichtigte – neben anderen hier nicht streitigen Punkten – den Betrag von 26.040 DM als laufenden Gewinn. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2002 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage führen die Kläger aus, die Auflösung der Ansparrücklage erhöhe den tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn und nicht den laufenden Gewinn. Die Rücklage sei zum Zeitpunkt der Betriebsveräußerung noch nicht aufzulösen gewesen. Dies hätte erst zum 31.12.1998 erfolgen müssen, falls der Kläger bis dahin die vorgesehenen Anschaffungen nicht vorgenommen hätte. Diese Anschaffungen habe er aber auf Grund der Betriebsveräußerung zum 31. Oktober 1998 nicht mehr in Angriff nehmen können.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Bescheides vom 24. Juli 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2002 die Einkommensteuer 1998 in der Weise herabzusetzen, dass der laufende Gewinn um 26.040 DM gemindert und der steuerbegünstigte Veräußerungsgewinn um diesen Betrag erhöht wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es unter Bezugnahme auf seine Ausführungen im Einspruchsverfahren vor, die Auflösung der Ansparrücklage anlässlich einer Betriebsveräußerung sei nach dem hier maßgeblichen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 12. Dezember 1996 nur dann dem Veräußerungsgewinn zuzurechnen, wenn die Rücklage im Zeitpunkt der Veräußerung nicht nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG gewinnerhöhend aufzulösen gewesen wäre. Im vorliegenden Fall hätte die Rücklage am 31. Oktober 1998, dem Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gem. § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG aufgelöst werden müssen. Dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. November 2004 könne es – das Finanzamt – nicht folgen, da die Grundsätze dieser Entscheidung nach dem BMF-Schreiben vom 25. August 2005 nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden seien.

Mit Beschluss vom 10. August 2005 hat der Senat das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Die Beteiligten haben mit Schriftsatz vom 19. und 20. September 2005 erklärt, sie seien mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist begründet.

Das FA hat zu Unrecht den Ertrag aus der Auflösung der Ansparrücklage, der im Laufe des zweiten des auf die Bildung der Rücklage folgenden Jahres entstanden ist, dem laufenden Gewinn zugerechnet. Gleiches gi...

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