Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzurechnung der Vorerwerbe aus einem Trust

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die durch den Erlass eines Schenkungsteuerbescheids erfolgte erstmalige Hinzurechnung der Vorerwerbe aus regelmäßigen Zahlungen, die der Zuwendungsempfänger nach dem Tod seines Vaters als Endberechtigter eines von seinem Großvater errichteten Trusts bis zu dessen Auflösung bezogen hat, führt nicht zu einer nachträglichen Änderung des der Besteuerung zugrunde liegenden Sachverhalts i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (vgl. zur Relevanz des Erlasses eines geänderten Schenkungsteuerbescheides: FG Nürnberg, Urteil vom 25. Juni 2015 – 4 K 114/14, EFG 2015, 2038, und das dagegen anhängige Revisionsverfahren II R 45/15).
  2. Vor der zur zusätzlichen Hinzurechnung dieser Vorerwerbe führenden Änderung eines allein den Erwerb aus der Auflösung der Trusts betreffenden Schenkungsteuerbescheids im Einspruchsverfahren bedarf es daher eines Verböserungshinweises gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO.
  3. Sofern Endberechtigte während der Laufzeit eines Trusts Ausschüttungen erhalten, erwerben sie die Ausschüttungen als Zwischenberechtigte i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG i.d.F. vom 24.3.1999.
  4. Die von dem Endberechtigten in Großbritannien erhobene Erbschaftsteuer für seinen Erwerb von Todes wegen nach seinem verstorbenen Vater kann deshalb nicht auf die deutsche Schenkungsteuer angerechnet werden.
  5. Die Doppelbelastung mit britischer Erbschaftsteuer und inländischer Schenkungsteuer ist nicht unionsrechtswidrig.
  6. Die Steuerfreiheit der Vorerwerbe nach § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG setzt die Unterhaltsbedürftigkeit des Empfängers der Zuwendungen voraus.
 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 9 S. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 1 Nr. 12, § 14 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 2 S. 2, § 21 Abs. 1 Sätze 1, 4, § 37 Abs. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 367 Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

Der am…1983 geborene Kläger ist der Sohn des A, der britischer Staatsangehöriger war und in Großbritannien wohnte. Der Großvater des A, B, ordnete mit Urkunde vom 14. März 1951 ein Vermächtnis zugunsten des A an. Hiernach sollten Treuhänder Treuhandvermögen für A auf dessen Lebenszeit verwalten. Nach dem Tod des A sollten die Treuhänder das Treuhandvermögen für dessen Kinder verwalten sowie weiterhin für deren Unterhalt und Ausbildung sorgen. Demgemäß wurden zwei Trusts gegründet, nämlich 1951 der C Trust und 1959 der D Trust -…F Account.

B verstarb 1960. A errichtete am 2. November 1987 ein Testament, mit dem er den in Deutschland wohnhaften Kläger zu seinem Erben einsetzte. A verstarb am 14. Oktober 1988. Er wurde vom Kläger beerbt. Für den Erwerb von Todes wegen nach A wurde in Großbritannien Erbschaftsteuer erhoben.

Nach dem Tod des A konnten die Treuhänder das Vermögen der Trusts noch nicht auf den seinerzeit noch minderjährigen Kläger übertragen. Nach dem Eintritt seiner Volljährigkeit verlangte der Kläger zunächst noch nicht die Auflösung der Trusts. Der Kläger erhielt aus dem Vermögen der Trusts ab dem 5. April 1997 bis zum 19. Oktober 2001 monatliche Zahlungen von 1.600 £ und ab November 2001 bis zum Februar 2009 monatliche Zahlungen von 1.800 £. Darüber hinaus erhielt der Kläger am 26. Juni 1997 1.500 £, am 27. Juli 1998 1.500 £, am 15. Juli 1999 2.350 £ und am 9. November 1999 1.000 £ von den Treuhändern ausgezahlt. Auf Verlangen des Klägers wurden die Trusts am 19. März 2009 aufgelöst. Der Kläger erhielt alsdann nach Abzug von Kosten umgerechnet 987.319 € ausgezahlt.

Mit seiner am 19. Oktober 2012 abgegebenen Schenkungsteuererklärung beantragte der Kläger, auf die für die Auszahlung des Vermögens der Trusts zu erhebende Steuer die in Großbritannien erhobene Erbschaftsteuer anzurechnen.

Das beklagte Finanzamt setzte gegen den Kläger mit Bescheid vom 22. Oktober 2013 - Steuernummer () - für einen Erwerb vom 19. März 2009 von B 168.587 € Schenkungsteuer fest. Dabei setzte es den Wert des Erwerbs mit 987.319 € an. In einer Anlage zum Steuerbescheid nahm das beklagte Finanzamt auf ein Schreiben der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (Oberfinanzdirektion) vom 15. Oktober 2013 Bezug. Ferner wies es darauf hin, dass die vom Kläger bis zur Auflösung der Trusts bezogenen Zahlungen an sich schenkungsteuerpflichtig seien. Da die Zahlungen zum Zwecke des Unterhalts und einer Ausbildung des Klägers erbracht worden seien, seien sie jedoch nach § 13 Abs. 1 Nr. 12 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) steuerfrei.

Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, dass ihm für den Erwerb nach seinem Vater ein persönlicher Freibetrag von 400.000 € zustehe. Darüber hinaus begehrte er erneut die Anrechnung der in Großbritannien erhobenen Erbschaftsteuer.

Das beklagte Finanzamt teilte dem Kläger mit Schreiben vom 11. November 2013 mit, dass an der bisher vertretenen Rechtsauffassung festgehalten werde. Es nahm nochmals auf das Schreiben der Oberfinanzdirektion vom 15. Oktober 2013 Bezug.

Das beklagte Finanzamt setzte mit Bescheid vom 10. De...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge