Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung eines bestandskräftigen Schenkungsteuerbescheid nach Änderung des Schenkungsteuerbescheids für einen Vorerwerb

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Erlass eines geänderten Schenkungssteuerbescheides für den Vorerwerb stellt kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit für den Schenkungsteuerbescheid des nachfolgenden Erwerbs im Sinne von § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; ErbStG § 14 Abs. 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.07.2017; Aktenzeichen II R 45/15)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt einen bestandskräftigen Schenkungsteuerbescheid gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nach Änderung des Schenkungsteuerbescheids für einen Vorerwerb ändern konnte.

I. Vorerwerb

Mit notariellem Vertrag vom 21.05.2002 (Notar D, URNr.: 2…) übertrug der Vater der Klägerin, E, an die Klägerin nach V. des Vertrags dort genauer beschriebene Gesellschaftsanteile an Personen- und Kapitalgesellschaften sowie Bestände von Gesellschafterverrechnungs- und Kapitalkonten, Anteile an einer Grundstücksgesellschaft und Miteigentumsanteile an Grundstücken.

Das Finanzamt erließ für diese Zuwendung an die Klägerin adressierte Schenkungsteuerbescheide, im Einzelnen:

  • Schenkungsteuerbescheid vom 16.06.2005, nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, Schenkungsteuer 994 €,
  • nach Durchführung einer Betriebsprüfung Schenkungsteuerbescheid vom 17.09.2009, geändert nach § 164 Abs. 2 AO; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben; Schenkungsteuer 1.113 €
  • und nach Einspruch Schenkungsteuerbescheid vom 02.12.2010, geändert nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, Schenkungsteuer 914 €.

II. Erwerb

Mit notariellem Vertrag vom 09.08.2002 (Notar D, URNr.: 3….B) übertrug E an die Klägerin schenkweise von seinem Festkapital an der Firma F einen Anteil i.H.v. 10.333DM, aus seinem Gesellschafterverrechnungskonto einen Betrag von 10,69% des sich nach Abschlussbuchungen und nach Gewinnanteil für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 ergebenden Standes zum 31.03.2002 sowie von seinem in der steuerlichen Sonderbilanz zur Bilanz der F, 1 (Grundstücksgesellschaft A. 1) ausgewiesenen Kapitalanteil und von seinem Gesellschaftsanteil einen Anteil von 6,50% an die Klägerin. Alle Zuwendungen sollten zum 01.04.2002 erfolgen. In ihrer Schenkungsteuererklärung vom 10.08.2004 erklärte die Klägerin, der Schenker trage die Schenkungsteuer.

Das Finanzamt erließ folgende, an die Klägerin adressierte Schenkungsteuerbescheide:

  • Schenkungsteuerbescheid vom 18.03.2005, nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung,
  • Schenkungsteuerbescheid vom 16.06.2005, gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Der Bescheid erging (erstmals) vorläufig hinsichtlich des Vermögens aus Vorerwerben sowie der anrechenbaren Steuer auf Vorerwerbe wegen noch laufender Betriebsprüfungen;
  • Schenkungsteuerbescheid vom 30.10.2008, geändert gemäß § 164 Abs. 2 AO und zugleich § 165 Abs. 2 Satz 1 AO; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben;
  • Schenkungsteuerbescheid vom 02.12.2008, geändert nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO,
  • Schenkungsteuerbescheid vom 17.09.2009, geändert nach § 165 Abs.2 Satz 1 AO; der Bescheid erging nach § 165 Abs. 2 AO endgültig. In den Erläuterungen heißt es: "… Die teilweise Vorläufigkeit hinsichtlich Ansatz und Wert des Vorerwerbs sowie anrechenbarer Steuer für den Vorerwerb wird hiermit beendet. …"; Schenkungsteuer 262 € und
  • Schenkungsteuerbescheid vom 24.06.2013, geändert gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, Schenkungsteuer 275 €.

In allen Steuerbescheiden wurde die Steuerübernahme nach § 10 Abs. 2 ErbStG berücksichtigt. Der Bescheid vom 24.06.2013 führt unter Weitere Erläuterungen aus: "Nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund Ihres Schreibens vom 29.05.2013 ist die Änderung des Schenkungsteuerbescheids auf den Besteuerungszeitpunkt 09.08.2002 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO durchzuführen, da der Vorerwerb auf den Besteuerungszeitpunkt 21.05.2002 mit Schenkungsteuerbescheid vom 02.12.2010 geändert wurde. (...)"

III. Nacherwerb

Der steuerliche Vertreter der Klägerin teilte dem Finanzamt im Februar 2011 mit, E habe an die Klägerin am 16.09.2005 eine mittelbare zweckgebundene Grundstücksschenkung i.H.v. 1,6Mio.€ getätigt, die als Kommanditeinlage in die Grundstücksgesellschaft G GmbH & Co. KG, für die Klägerin geleistet worden sei. Im Rahmen der Besteuerung dieses Vorgangs (freigebige Zuwendung zum 01.10.2005) erließ das Finanzamt folgende, an die Klägerin adressierte Schenkungsteuerbescheide:

  • Schenkungsteuerbescheid vom 31.03.2011, nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
  • Schenkungsteuerbescheid vom 14.07.2011, geändert nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO; der Vorbehalt der Nachprüfung bleibt bestehen.

Beide Bescheide enthielten folgende Erläuterung: "Mit Bescheid vom 02.12.2010 wurde der Wert des Erwerbs sowie die darauf zu entrichtende Schenkungsteuer für die Zuwendung vom 21.05.2002 (…) nach Rechtsbehelfsverfahren neu ermittelt....

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