Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung des besonderen Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das besondere Kirchgeld der Evangelische Kirchen in NRW für ein in glaubensverschiedener Ehe lebendes Kirchenmitglied ist bei Begründung der Ehe im laufenden Jahr nur mit einem dem Zeitraum des Bestehens der Ehe (im Streitfall: bis zum nachfolgenden Kirchenaustritt) entsprechenden Anteil des Jahresbetrages zu erheben.
  2. Dies gilt mangels einer vergleichbaren kirchensteuerrechtlichen Regelung ungeachtet der Inanspruchnahme des Splittingtarifs für das gesamte Jahreseinkommen der zusammenveranlagten Ehegatten bei der Einkommensteuerveranlagung.
 

Normenkette

KiStG NW §§ 1, 4 Abs. 1 Nr. 5, § 7 Abs. 1, § 16 Abs. 1; KiStO § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 S. 2; KiStO 8 Abs. 1; KiStO § 11 Abs. 2; EStG § 26 Abs. 1 S. 1, §§ 26 b, 32 a Abs. 5

 

Streitjahr(e)

2002

 

Tatbestand

Streitig ist die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe.

Die Klägerin ist seit dem 15.09.2002 verheiratet; die Eheleute wurden zur Einkommensteuer 2002 antragsgemäß zusammenveranlagt. Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte von 7.438 EUR; die Einkünfte ihres Ehemannes beliefen sich auf 159.402 EUR.

Die Klägerin war bis zum 06.11.2002 Mitglied der Evangelischen Kirche; ihr Ehemann gehört keiner Kirche an.

Mit Bescheid vom 15.07.2003 setzte das Finanzamt A-Stadt gegenüber der Klägerin für die Monate Januar bis November ein evangelisches Kirchgeld von 1.430 EUR fest.

Hiergegen legten die Klägerin und ihr Ehemann Einspruch ein mit der Begründung, die Voraussetzungen für die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes seien im Streitjahr nur für die Monate September (Begründung der glaubensverschiedenen Ehe) bis November (Kirchenaustritt der Klägerin) erfüllt gewesen. Zudem dürfe als Bemessungsgrundlage nur die Hälfte des gemeinsamen Einkommens zugrunde gelegt werden. Insgesamt reduziere sich das Kirchgeld 2002 damit auf 147,27 EUR.

Mit Entscheidung vom 08.09.2003 verwarf der Beklagte den Einspruch des Ehemanns mangels eigener Rechtsverletzung als unzulässig. Den Einspruch der Klägerin wies er als unbegründet zurück. Maßstab sei das gesamte Jahreseinkommen der Eheleute, die trotz Heirat erst im September 2002 bereits für den ganzen Veranlagungszeitraum den Splittingvorteil in Anspruch genommen hätten; angesichts des Kirchenaustritts der Klägerin im November sei das Kirchgeld mit 11/12 der Jahresschuld anzusetzen.

In der mündlichen Verhandlung vom 23.06.2004 hat der Beklagte erklärt, den Kirchgeldbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben, soweit er sich dem Rechtsschein nach gegen den Ehemann richte. Nachdem das Gericht das Verfahren des Ehemanns abgetrennt hatte, haben die Beteiligten des abgetrennten Verfahrens den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin macht weiterhin geltend, das Kirchgeld sei nur für die Monate September bis November des Streitjahres, somit in Höhe von 3/12 von 1.560 EUR (390 EUR) festzusetzen; in den übrigen Monaten hätten die Voraussetzungen für die Kirchgelderhebung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 5 des Kirchensteuergesetzes NW (KiStG) nicht vorgelegen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheides über die Festsetzung des besonderen

Kirchgeldes 2002 vom 15.07.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung

vom 08.09.2003 das Kirchgeld 2002 auf 390 EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, die Klage sei aus den in der Einspruchsentscheidung aufgeführten Gründen unbegründet. Die Klägerin und ihr Ehemann hätten mit der Wahl der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer erklärt, ein gemeinsames Einkommen zu haben, das hier als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes diene; eine individuelle Aufteilung des Einkommens auf die beiden Ehegatten wie bei einer getrennten Veranlagung sei nicht möglich.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO-. Das besondere Kirchgeld ist antragsgemäß nur für die Monate September bis November (390 EUR) festzusetzen.

Mit der Regelung des § 4 Abs. 1 Nr. 5 KiStG hat der Landesgesetzgeber die Kirchen ermächtigt, im Rahmen ihres Rechts zur Erhebung von Kirchensteuern aufgrund eigener, staatlich anzuerkennender Steuerordnungen (vgl. §§ 1, 16 Abs. 1 KiStG) von Steuerpflichtigen, deren Ehegatte nicht kirchensteuerpflichtig ist – d.h. von einem Kirchenangehörigen, der in glaubensverschiedener Ehe lebt, vgl. § 7 Abs. 1 KiStG - ein besonderes Kirchgeld zu erheben. Von dieser Ermächtigung haben die Evangelische Kirche im Rheinland, die Evangelische Kirche von Westfalen und die Lippische Landeskirche mit der von ihnen erlassenen Kirchensteuerordnung zum 01.01.2001 Gebrauch gemacht. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 KiStO ist Bemessungsgrundlage für das besondere Kirchgeld das zu versteuernde Einkommen der Ehegatten, das sich bei entsprechender Anwendung des § ...

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