Entscheidungsstichwort (Thema)

Begünstigungstransfer aufgrund Erbauseinandersetzungsvertrag. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 12/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Gewährung des Begünstigungstransfers hinsichtlich des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrags für Betriebsvermögen sowie der Steuerbefreiung für ein Familienheim im Zuge der Erbauseinandersetzung setzt lediglich das Bestehen eines hinreichenden inneren Zusammenhangs der Vermögensübertragung zum Erbfall voraus und ist nicht von der Einhaltung der von der Finanzverwaltung befürworteten Sechs-Monats-Frist zwischen Erbfall und Erbauseinandersetzung abhängig.
  2. Dem Begünstigungstransfer der Steuerbefreiung für ein Familienheim steht auch nicht entgegen, dass die Bestimmung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken hinsichtlich des im Zuge der Erbauseinandersetzung übertragenen Anteils erst durch den Zweiterwerber erfolgt, während diese persönliche Begünstigungsvoraussetzung bei dem Ersterwerber nicht vorgelegen hat.
 

Normenkette

ErbStG § 13a Abs. 3 Fassung: 2013-06-26, § 13b Abs. 3 Fassung: 2013-06-26, § 13c Abs. 2 Fassung: 2013-06-26, § 13 Abs. 1 Nr. 4c

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Erbauseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Bruder für die Anwendung der Begünstigungsvorschriften §§ 13 Abs. 1 Nr. 4c, 13a, 13b und 13c des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zu berücksichtigen ist.

Die Mutter des Klägers, ..., und sein Vater, ..., verstarben ....2015 und ....2015 kurz nacheinander. Der Kläger und sein Bruder beerbten sowohl die Mutter als auch den Vater zu 1/2. Zum Nachlass der Mutter gehörten u.a. verschiedene Grundstücke, zum Nachlass des Vaters (Erblasser) gehörten ebenfalls u.a. Grundstücke, eine 20-prozentige Kommanditbeteiligung an einer …GmbH & Co. KG (KG) sowie eine 20-prozentige Beteiligung an der Komplementärin der KG, der ...-Beteiligungs-GmbH (GmbH). Die übrigen Beteiligungen von 80 % an der KG und der GmbH hielt im Zeitpunkt des Erbfalls bereits der Kläger. Die KG betreibt ein Gewerbe in A-Stadt .

Mit Feststellungsbescheid vom 12.7.2017 wurde der Wert des KG-Anteils des Erblassers auf 312.256 € festgestellt.

Nachdem der Kläger und sein Bruder die ursprünglichen Erbschaftsteuerfestsetzungen jeweils mit Einsprüchen angefochten hatten, setzte der Beklagte zuletzt mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 2.3.2018 Erbschaftsteuer i.H.v. 30.668 € gegen den Kläger fest. Für die KG-Anteile wurde jeweils die Begünstigung nach § 13a ErbStG i.d.F. vom 26.6.2013 gewährt. Für einzelne Grundstücke wurde die Begünstigung nach § 13c ErbStG a.F. nur insoweit gewährt, als es sich nicht um Sonderbetriebsvermögen handelte. Im Einzelnen ergaben sich folgende Begünstigungen (in EUR):

Vermögensgegenstand

 Wert beim Kläger

 Begünstigung

 X-Straße. 1

 65.595

 3.838

 X-Straße. 2

 143.500

 10.633

 Y-Straße. 3

 260.000

 26.000

 X-Straße. Flur ..., Flurst.…

 17.000

 0

 KG-Beteiligung

 156.128

 156.128

 Summe

 642.223

 196.599

Für den Bruder des Klägers wurden identische Werte berücksichtigt. Für die vom Kläger nach dem Erbfall bewohnte Wohnung im Objekt X-Straße 1 wurde die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG i.H.v. 19.932 € gewährt. Die Bescheide wurden formell bestandskräftig.

Mit notarieller Urkunde vom 19.2.2018 übertrugen der Kläger und sein Bruder untereinander zum Zwecke der Erbauseinandersetzung verschiedene Grundstücke. Mit weiterer notarieller Urkunde vom 20.12.2018 übertrug der Bruder des Klägers den mit dem Erbfall auf ihn entfallenden zehnprozentigen Anteil an der KG unentgeltlich an den Kläger. Für die Übertragung der GmbH-Beteiligung leistete der Kläger eine Abfindung von 3.785,12 € an seinen Bruder.

Ergebnis der Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Nachlasses nach dem Vater war, dass der Bruder des Klägers den Grundbesitz Y-Straße 3 erhielt, während der Kläger die Gesellschaftsbeteiligungen und die Grundbesitze X-Straße 1 und 2 (einschließlich Flur ..., Flurst. ...) erhielt:

Vermögensgegenstand

 Wert je Erbe

 Begünstigung je Erbe vor Auseinandersetzung

 Zuordnung nach Auseinandersetzung

 X-Straße. 1

 65.595

 3.838

 Kläger

 X-Straße. 2

 143.500

 10.633

 Kläger

 Y-Straße. 3

 260.000

 26.000

 Bruder

 X-Straße. Flur ..., Flurst.…

 17.000

 0

 Kläger

 KG-Beteiligung

 156.128

 156.128

 Kläger

Im Hinblick auf die unentgeltliche Übertragung der Beteiligung forderte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 5.7.2019 und vom 12.8.2019 zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Der Kläger machte mit Schreiben vom 23.8.2019 geltend, der Kommanditanteil sei im Übertragungszeitpunkt wertlos gewesen. Eine Schenkungsteuererklärung wurde nicht abgegeben.

Der Beklagte behandelte die Übertragung der Beteiligung sodann als Verstoß gegen Behaltensfristen durch den Bruder des Klägers. Mit Bescheid vom 9.9.2019 änderte er die Erbschaftsteuerfestsetzung gegenüber dem Bruder nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und ging von einem anteiligen Wegfall des Verschonungsbetrages...

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