vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH ) [VIII R 10/21]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgeltungssteuer; Antrag auf Günstigerprüfung nach Bestandskraft – Erfordernis einer Rechtsgrundlage für die Änderung der Steuerfestsetzung – Antrag auf Günstigerprüfung als rückwirkendes Ereignis

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG stellt keine – neben die allgemeinen Vorschriften über die Korrektur bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide tretende - eigenständige verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage für eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung nach Eintritt der Bestandskraft dar (vgl. BFH-Urteil vom 28.01.2015 VIII R 13/13, BStBl 2015 II S. 393).
  2. Der Antrag auf Günstigerprüfung ist jedenfalls dann kein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, wenn er in Reaktion auf einen Änderungsbescheid erfolgt, der weder zu einer Änderung des Steuerbetrages geführt noch erstmals die Voraussetzungen einer Günstigerprüfung eröffnet hat (Abgrenzung zum Urteil des FG Köln vom 30.03.2017 - 15 K 2258/14, EFG 2017, 1592).
 

Normenkette

EStG § 32d Abs. 6; AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, § 351 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.09.2023; Aktenzeichen VIII R 10/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung eines nachträglichen Antrags auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes -EStG-.

Die Kläger waren zunächst mit Bescheid vom 18.03.2014 erklärungsgemäß veranlagt worden (zu versteuerndes Einkommen 21.010 EUR; festgesetzte Einkommensteuer 1.771 EUR); einen Antrag auf Günstigerprüfung hatten die Kläger (bei erklärten Kapitalerträgen von 9.292 EUR) damals nicht gestellt. Mit geänderten Bescheiden zur Einkommensteuer 2012 vom 22.05.2015 und vom 23.05.2014 hatte der Beklagte die Steuer wiederum auf 1.771 EUR festgesetzt (Einkünfte aus Gewerbebetrieb ./. 7.388 EUR). Die Bescheide vom 18.03.2014 und 22.05.2014 wurden bestandskräftig. Die Berücksichtigung des erstmals im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid vom 23.05.2014 gestellten Antrags auf Günstigerprüfung lehnte der Beklagte ab; das Finanzgericht -FG- Düsseldorf wies die hiergegen erhobene Klage mit (rechtskräftig gewordenem) Urteil vom 10.11.2016 (Az. 14 K 3146/14) ab.

Nach geänderter Mitteilung über eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erließ der Beklagte am 26.09.2018 einen auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung -AO- gestützten Änderungsbescheid (Einkünfte aus Gewerbebetrieb ./. 16.398 EUR); die bisher festgesetzte Steuer von 1.771 EUR blieb weiterhin unverändert.

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und beantragten erneut die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG. Das FG Köln habe in einem entsprechenden Fall mit Urteil vom 30.03.2017 (Az. 15 K 2258/14, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2017, 1592) eine Änderungsmöglichkeit gesehen; bis zum Abschluss des insoweit anhängigen Revisionsverfahrens beim Bundesfinanzhof -BFH- VIII R 6/17 möge daher das Einspruchsverfahren ruhen. Der Beklagte wandte ein, die Urteilsgründe seien nicht entsprechend anwendbar, weil dort die Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO eine niedrigere Steuer bewirkt habe, was hier indes nicht der Fall sei. Ebenfalls anders als im vorliegenden Fall habe dort ein Antrag auf Günstigerprüfung erstmals einen Sinn gemacht; hier indes hätte der Kläger den Antrag bereits bei Abgabe der Steuererklärung stellen können. Stattdessen seien die Gründe des o. a. rechtskräftigen Urteils des FG Düsseldorf vom 10.11.2016 (Az. 14 K 3146/14) einschlägig.

Nach zurückweisender Einspruchsentscheidung vom 07.01.2019 verfolgen die Kläger ihr Begehren mit der Klage weiter. Der Sachverhalt lt. zitiertem Urteil des FG Köln vom 30.03.2017 sei sehr wohl vergleichbar, weil auch dort die gewerblichen Einkünfte gemindert worden seien; um das Thema der Steuererstattung gehe es auf der ersten Stufe gar nicht. Und ebenso wie dort habe auch hier ein Antrag auf Günstigerprüfung erstmals Sinn gemacht; er habe den Antrag bei Abgabe der Steuererklärung aus taktischen Gründen noch zurückgehalten, weil er die weiteren Mitteilungen aus seinen gewerblichen Fondsbeteiligungen habe abwarten wollen. Zudem sei hier der zweite Bescheid zur ESt 2012 (Änderungsbescheid) unzutreffend, weil dort gewerbliche Einkünfte aus einem der Fonds nicht erfasst seien. Das habe er erstmals nach Erlass des Urteils des 14. Senats aus der ihm sodann übersandten Berechnung erfahren; hierzu könne er bei Bedarf ergänzend vortragen. Das hiesige Verfahren möge daher im Hinblick auf die Revision BFH VIII R 6/17 gegen das obige Urteil des FG Köln ruhen.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2012 vom 26.09.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.01.2019 zu verpflichten, eine Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG vorzunehmen,

hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, das Verfahren bis zum Abschluss des Revisionsve...

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