Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzurechnung von Zuwendungen des Vorerben nach Antragstellung gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Übertragung eines Erbanteils durch die Vorerbin, dessen Versteuerung auf Antrag des Erwerbers nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG sein Verhältnis zum Erblasser zugrunde gelegt wurde, kann bei der nachfolgenden Besteuerung des Erwerbs von Todes wegen nach der Vorerbin nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG hinzugerechnet werden.
  2. Eine abweichende Regelung ergab sich auch nicht aus § 6 Abs. 2 Satz 3 und 4 ErbStG 1974 (entgegen Urteil des BFH vom 30. Juni 1976 II R 3/69, BFHE 119, 492).
 

Normenkette

ErbStG 1997 § 7 Abs. 2 S. 1; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 7, § 14 Abs. 1 S. 1; ErbStG 1974 § 6 Abs. 2 Sätze 3-4

 

Streitjahr(e)

2005

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.11.2010; Aktenzeichen II R 65/09)

 

Tatbestand

Der am ....... 1971 verstorbene Großvater des Klägers (der Erblasser) war Eigentümer der in A belegenen Grundstücke B-Straße und C-Straße. Der Erblasser hatte Nacherbfolge angeordnet und seine fünf Töchter – u.a. die Mutter des Klägers und deren Schwester X – als Vorerbinnen zu jeweils 1/5-Anteil eingesetzt. Nacherben sollten mit dem Tod der Vorerbinnen deren Abkömmlinge werden.

Die Mutter des Klägers verstarb am..... 1979. Sie wurde vom Kläger beerbt. Nach der Übertragung eines Erbanteils am Nachlass des Erblassers auf den Kläger durch eine Schwester der Mutter des Klägers im Jahre 1995 sowie dem Versterben einer anderen Schwester der Mutter des Klägers im Jahre 1997 waren X mit einem Anteil von 4/15 und der Kläger mit einem Anteil von 6/15 in ungeteilter Erbengemeinschaft am Nachlass des Erblassers beteiligt. Der Nachlass bestand nur noch aus den beiden Grundstücken B-Straße und C-Straße.

X übertrug mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10. Dezember 2003 ihren Anteil von 4/15 am Nachlass des Erblassers im Wege vorweggenommener Erbfolge auf den Kläger. Dieser beantragte,

der Versteuerung der Übertragung sein Verhältnis zum Erblasser zugrunde zu legen. Dem entsprach das beklagte Finanzamt und setzte gegen den Kläger mit Bescheid vom 28. November 2005 6.952 EUR Schenkungsteuer fest. Dabei setzte es als Wert seines Erwerbs einen Betrag von 268.251 EUR an, zog hiervon einen Freibetrag von 205.000 EUR ab und erhob auf den sich ergebenden steuerpflichtigen Erwerb von abgerundet 63.200 EUR einen Steuersatz von 11 v.H.

X verstarb am..... 2004. Sie wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts A vom ....... 2005 vom Kläger zu einem Anteil von 1/3 beerbt.

Das beklagte Finanzamt setzte gegen den Kläger mit Bescheid vom 19. Dezember 2005 wegen seines Erwerbs von Todes wegen nach X 47.556 EUR Erbschaftsteuer fest. Die festgesetzte Steuer ermittelte es wie folgt:

Erwerb durch Erbanfall

163.036 EUR

abzüglich Steuerbefreiungen

2.666 EUR

zuzüglich Vorerwerb vom 10. Dezember 2003:

268.251 EUR

abzüglich Freibetrag

10.300 EUR

steuerpflichtiger Erwerb

418.300 EUR

Erbschaftsteuer von 22 v.H.

92.026 EUR

abzüglich Steuer für den Vorerwerb

44.470 EUR

Steuer

47.556 EUR

Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend: Er habe den anteiligen Grundbesitz als Nacherbe seines Großvaters erworben. Auf diesen Erwerb sei antragsgemäß die Steuerklasse I angewendet worden. Hieran könne die Zusammenrechnung des Vorerwerbs mit dem Nacherwerb nichts ändern.

Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 15. Dezember 2008 zurück und führte aus: Der Erwerb des Klägers von Todes wegen nach der Vorerbin sei unter Einbeziehung des Vorerwerbs nach der Steuerklasse II zu versteuern. Dies sei auch bei der Ermittlung der für den Vorerwerb anzurechnenden Steuer berücksichtigt worden.

Der Kläger trägt mit seiner Klage vor: Auf den Vorerwerb sei weiterhin die Steuerbegünstigung des § 7 Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) anzuwenden, weil die Zusammenrechnung des Vorerwerbs mit seinem Erwerb von Todes wegen nach der Vorerbin nicht bewirkt habe, dass beide Erwerbe ihre rechtliche Selbständigkeit verloren hätten. Der Vorerwerb dürfe bei der Zusammenrechnung der Erwerbe deshalb nur nach Abzug eines Freibetrags von 205.000 EUR mit einem Steuersatz von 11 v.H. berücksichtigt werden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 19. Dezember 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2008 aufzuheben, soweit mehr als 27.267 EUR Erbschaftsteuer festgesetzt worden ist.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor: Die Steuerbegünstigung des § 7 Abs. 2 ErbStG habe nicht zur Folge, dass der begünstigte Erwerb nicht gemäß § 14 ErbStG mit anderen, von der Vorerbin stammenden Erwerben zusammenzurechnen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Bescheid vom 19. Dezember 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2008 ist – im angefochtenen Umfang – rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – ...

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