vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslohn: Mahlzeitengestellung für Flugzeug-Bordpersonal

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der unentgeltlichen Gestellung von Mahlzeiten an Bord von Flugzeugen für das Kabinen- und Cockpit-Personal auf Lang- und Mittelstreckenflügen mit Flugdienstzeiten von über sechs Stunden handelt es sich nicht um Arbeitslohn, da sie aufgrund einer betriebsfunktionalen Zwangslage im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Fluggesellschaft erfolgt (Fortführung der Rspr. im „Flusskreuzfahrtschiff"-Urteil des BFH vom 21.01.2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700).

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 1, 2 Nr. 4

 

Streitjahr(e)

2007, 2008, 2009, 2010, 2011

 

Tatbestand

Streitig ist die lohnsteuerliche Behandlung der Gestellung von Mahlzeiten an Bord von Flugzeugen für die Monate Januar 2007 bis Februar 2011 (Kabinenpersonal) und Januar 2008 bis Mai 2011 (Cockpit-Personal).

Die X-KG ist Gesamtrechtsnachfolgerin der Y-GmbH.

Ursprünglich bezog das gesamte Bordpersonal der Y-GmbH kostenlose Mahlzeiten auf allen Dienstflügen.

Nach dem ab dem 01.01.2007 geltenden Manteltarifvertrag Nr. 11 (MTV Nr. 11) hatte das Kabinenpersonal (Cabin Crew) - unabhängig von der Dauer des einzelnen Fluges - Anspruch auf Bordverpflegung gegen Entgelt (§ 37 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 11). Außerdem war die Y-GmbH gem. § 37 Abs. 1 Satz 2 MTV Nr. 11 verpflichtet, einen zusätzlichen Verpflegungskostenzuschuss an das Kabinenpersonal zu zahlen (sog. Abwesenheitsgeld). Die Höhe und Berechnung des Abwesenheitsgeldes richteten sich nach Anlage II zu diesem Vertrag (§ 37 Abs. 2 MTV Nr. 11). Danach sollten Grundlage für die Zahlung die jeweils gültigen einschlägigen steuerrechtlichen Bestimmungen bei In- und Auslandsreisen sein (§ 3 Abs. 2 der Anlage II).

Darüber hinaus traf § 37 Abs. 3 MTV Nr. 11 die folgende Regelung:

„Die Mitarbeiter des Flugpersonals haben bei Flugreisen von mind. 8 Std. neben den pauschalen Tagesgeldern zum Ersatz der Verpflegungsmehraufwendungen Anspruch auf ein zusätzliches Tagesgeld. Dieses entspricht der Summe der Sachbezugswerte der jeweils an Bord ausgegebenen Crew-Mahlzeiten. Die Crew-Mahlzeiten werden durch die Crew-Mitglieder im Wege der Verrechnung beglichen. Dabei wird das zusätzliche Tagesgeld mit dem Entgelt für die Mahlzeit verrechnet, ohne dass es zur Auszahlung an die Mitarbeiter kommt. Die Mitarbeiter haben keinen Anspruch auf Barauszahlung dieses Betrages.“

Für das Cockpit-Personal galten ab dem 01.01.2007 die Regelungen des Manteltarifvertrages Nr. 4 (MTV Nr. 4). Nach § 37 Satz 1 dieses Vertrages hatte auch das Cockpit-Personal Anspruch auf Bordverpflegung gegen Entgelt. Tatsächlich zahlte das Cockpit-Personal allerdings kein Entgelt, sondern bezog die Mahlzeiten unentgeltlich. Daneben hatte das Cockpitpersonal ebenfalls Anspruch auf einen Verpflegungskostenzuschuss in Form von Abwesenheitsgeld, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen in den Lohnsteuerrichtlinien bei In- und Auslandsreisen richtete.

Die Y-GmbH beantragte mit Schreiben vom 01.04.2008 beim Beklagten, dem Betriebsstättenfinanzamt, die Erteilung einer Anrufungsauskunft nach § 42e des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Darstellung betraf die Lohnversteuerung der zusätzlichen Tagesgelder nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 EStG pauschal mit 25 %, die Verrechnung dieser Tagesgelder mit der Zuzahlung der Arbeitnehmer für die Verpflegung in Höhe der Sachbezugswerte als Ausgleich sowie die Annahme eines Zuflusses beim Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Verrechnung des Tagesgeldes. Letztlich bestätigte der Beklagte mit Schreiben vom 29.05.2008, dass eine Anrechnung auf den Sachbezug in voller Höhe erfolgen könne, da das gewährte erhöhte Tagesgeld seinerseits in voller Höhe pauschal besteuert werde.

Sowohl für das Cockpit- als auch für das Kabinenpersonal nahm die Fluggesellschaft eine Pauschalbesteuerung i.H.v. 25 % der Sachbezugswerte der ausgegebenen Mahlzeiten vor. Ein zusätzliches Tagesgeld zahlte sie nicht aus. Die lohnsteuerliche Behandlung der sog. Abwesenheitsgelder ist und war zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Mit Schreiben vom 05.09.2011 beantragte die X-KG eine Änderung der Lohnsteueranmeldungen nebst Annexsteuern für den Zeitraum Januar 2007 bis Februar 2011 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21.01.2010 VI R 51/08 (sog. „Flusskreuzfahrtschiff"-Urteil). Dieser Änderungsantrag betraf ausschließlich die dem Kabinenpersonal nach § 37 Abs. 3 MTV Nr. 11 gewährten zusätzlichen Tagesgelder. Zur Begründung führte die Fluggesellschaft wie folgt aus:

Die Y-GmbH habe ihrem Bordpersonal während der Flugzeiten eine unentgeltliche Verpflegung an Bord der Flugzeuge gewährt. Dazu sei sie nach den europarechtlichen Vorschriften für Flugunternehmen gesetzlich verpflichtet. Diese sähen vor, dass Mitgliedern des Bordpersonals die Möglichkeit gegeben werden müsse, Mahlzeiten und Getränke zu sich zu nehmen, insbe...

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