Entscheidungsstichwort (Thema)

So genannte Masseunzulänglichkeit hindert nicht die Entstehung von Säumniszuschlägen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Das nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit von dem Konkursverwalter zunächst zu beachtende Zahlungsverbot hat keinen Einfluss auf die Fälligkeit und die allein hiervon abhängige Entstehung von Säumniszuschlägen bei Nichtentrichtung einer aus der Masse zu erfüllenden Umsatzsteuerschuld.
  2. Die faktische Unmöglichkeit der pünktlichen Entrichtung der Steuer kann nur bei Prüfung eines (teilweisen) Erlasses der Säumniszuschläge aus sachlichen Billigkeitsgründen Bedeutung erlangen.
 

Normenkette

AO § 218 Abs. 2, § 240 Abs. 1; KO § 60 Abs. 1; UStG § 18 Abs. 1 S. 3

 

Streitjahr(e)

1996

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Entstehung von Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer erfüllt sind.

Über das Vermögen der Firma „... GmbH & Co. KG” wurde mit Beschluss vom 4.10.1996 das Konkursverfahren eröffnet. Als Konkursverwalter wurde der Kläger bestellt. In dieser Eigenschaft verkaufte er am 4.10.1996 zwei Grundstücke der Gemeinschuldnerin. Die daraus resultierende und für das 4. Quartal 1996 vorangemeldete Umsatzsteuer belief sich auf 3.731.943 DM.

Am 13.11.1996 zeigte der Konkursverwalter dem zuständigen Amtsgericht an, dass die Konkursmasse nicht ausreiche, um die Massegläubiger zu befriedigen („Massearmut”), was am 11.12.1996 im Amtsblatt für…veröffentlicht wurde.

Die Umsatzsteuer aus den Grundstücksverkäufen wurde in Höhe eines Teilbetrages von 253.826,46 DM am 12.5.1997 entrichtet, im Übrigen am 20.5.1997. Wegen der verspäteten Zahlung der Umsatzsteuer berechnete der Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von 151.814,80 DM. Diese erließ er in der Folgezeit aus Gründen, die nicht mit der hier streitigen Rechtsfrage zusammenhängen, bis auf einen Restbetrag von 18.659 DM, der einer Verzinsung der rückständigen Steuer nach § 238 der Abgabenordnung (AO) entspricht. Gegen die Ablehnung des Antrags, auch diesen Betrag zu erlassen, hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren die unter dem Aktenzeichen 12 K 8688/99 AO anhängige Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Mit Bescheid vom 27.9.2002 erließ der Beklagte auf Grund einer geänderten Berechnung des zu verzinsenden Betrages einen weiteren Teilbetrag von 8.114 DM, so dass nunmehr noch Säumniszuschläge in Höhe von 10.545 DM offen sind.

Der Kläger hat in dem auf Erlass gerichteten Klageverfahren geltend gemacht, dass mit Anzeige der Massearmut die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung der noch offenen Säumniszuschläge nicht vorlägen. Daraufhin hat der Beklagte unter dem 21.2.2002 einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 AO erlassen, mit dem er die Tatbestandsvoraussetzungen für die Entstehung der Säumniszuschläge bestätigt hat. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage.

Der Kläger macht geltend, dass die Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Rechtsfolge des § 60 Abs. 1 der Konkursordnung (KO) ausgelöst habe. Auch die Umsatzsteuer unterfalle dieser Regelung, denn bei ihr handele es sich um eine Masseverbindlichkeit, die im Sinne des § 3 KO vor Anzeige der Massearmut begründet worden sei. Folglich sei auch hinsichtlich der Begleichung der Umsatzsteuerschuld zwingend die Rangordnung des § 60 KO zu berücksichtigen gewesen. Bis zur Ermittlung der entsprechenden Quoten habe für den Kläger ein Zahlungsverbot in Bezug auf sämtliche Altmasseverbindlichkeiten bestanden, weshalb dem Beklagten auch eine Vollstreckung seiner Forderungen verwehrt gewesen sei.

Dieses Zahlungsverbot habe nach dem Grundsatz „Konkursrecht geht vor Steuerrecht” die grundsätzlich bestehende Zahlungspflicht des Klägers verdrängt. Mangels Zahlungspflicht hätten aber Säumniszuschläge nicht entstehen können. Bei Vorliegen eines Zahlungsverbotes sei es zudem nicht sachgerecht, ein Druckmittel einzusetzen, um gleichwohl die Entrichtung von Steuern zu erwirken.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Einspruchsentscheidung vom 27.5.2002 aufzuheben und den angefochtenen Abrechnungsbescheid dahingehend zu ändern, dass darin Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer IV/1996 in Höhe von 0,- € ausgewiesen werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Hinweis auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vertritt das Finanzamt den Standpunkt, dass die Regelungen des Konkursrechts der Entstehung von Säumniszuschlägen nicht entgegenstehen. § 240 AO stelle unabhängig von Verschuldensfragen lediglich auf die Nichtentrichtung der Steuer bei Fälligkeit ab. Das Steuerrecht trete nur soweit hinter das Konkursrecht zurück, wie dies für das Ziel der dort geregelten Reihenfolge der Befriedigung der konkursbeteiligten Gläubiger erforderlich sei. Hieraus ergäben sich zwar Vollstreckungsbeschränkungen, die dazu führen könnten, dass Säumniszuschläge nicht zu erheben seien; der Entstehung von Säumniszuschlägen stehe das Konkursrecht indessen nicht entgegen.

Offen bleiben könne daher, ob die Umsatzsteuer IV/1996 tatsächl...

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