Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsführerhaftung für Umsatzsteuer bei einem Bauvorhaben

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Berechnung der für die Geschäftsführerhaftung für Umsatzsteuer maßgeblichen Tilgungsquote bleiben Lohnsteuerschulden und -zahlungen außer Betracht.
  2. Zu den allgemeinen Verwaltungskosten, für die ein Bauträger erhaltene Vermögenswerte des Auftraggebers einsetzten darf, rechnet auch die auf ein Bauvorhaben entfallende Umsatzsteuer.
 

Normenkette

AO §§ 34, 69; GewO § 34c Abs. 1 S. 2 Nr. 2; MaBV § 4 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist eine Haftung der Klägerin gem. §§ 34, 69 der Abgabenordnung - AO -.

Die Klägerin - geboren 1965 - war in der Zeit vom 04.1989 bis 10.1992 alleinige Geschaftsführerin und darüber hinaus gemeinsam mit ihrem Bruder zu 50 % Gesellschafterin der X-GmbH. Vom 10.1992 an firmierte die Gesellschaft unter dem Namen Y-GmbH; Geschäftsführer war zu dieser Zeit der Kaufmann Z. Gegenstand des Unternehmens waren der An- und Verkauf von Grundstücken, deren Bebauung sowie weitere Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken.

Im Jahr 1992 führte der Beklagte bei der GmbH eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum 5/1991 bis 3/1992 durch. Im Hinblick auf nicht erklärte Umsätze sowie zu Unrecht in Anspruch genommene Vorsteuerabzüge ergab sich für den Zeitraum 12/1991 ein Mehrbetrag an Umsatzsteuer i.H.v. 124.554,30 DM. Diesen Betrag zuzügl. Säumniszuschlägen von 2.450 DM setzte der Beklagte mit Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid 12/1991 vom 07.1992 fest, fällig am 08.1992.

Auf einen Konkursantrag vom 11.1992 ordnete das Amtsgericht A am 01.1993 die Sequestration des Geschäftsbetriebes der GmbH an. Mit Beschluss vom 04.1993 lehnte es die Eröffnung des Konkurses über das Vermögens der Gesellschaft mangels Masse ab.

Mit Haftungsbescheid vom 10.1993 nahm der Beklagte die Klägerin gem. §§ 34, 69 AO für die rückständige Umsatzsteuer 12/1991 zuzügl. Säumniszuschlägen i.H.v. insges. 129.534 DM in Anspruch.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Haftungsbescheid beantwortete die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.1995 erstmals die sog. Haftungsanfrage und ermittelte auf dem Berechnungsbogen eine Haftungssumme von 18.623 DM; wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlage zu diesem Schriftsatz Bezug genommen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 06.1997 setzte der Beklagte die Haftungssumme auf 41.709 DM herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Mangels ausreichender Mittel der GmbH hafte die Klägerin nur in Höhe des reduzierten Betrages, den sie bei gleichrangiger Befriedigung des Beklagten und der anderen Gläubiger der GmbH zur Steuertilgung hätte einsetzen können. Hinsichtlich der Berechnung der Haftungssumme wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit der Klage macht die Klägerin weiterhin geltend, ihre Inanspruchnahme für Steuerschulden der GmbH sei rechtswidrig. Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor:

Tatsächlich habe nicht sie, sondern ihr Vater die Geschäfte der GmbH geführt; dieser sei zuvor mit einer baugewerblich tätigen Immobilienfirma gescheitert. Als ihr Vater sie als Geschäftsführerin eingesetzt habe, habe sie gerade ihre Lehre zur kaufmännischen Angestellten beendet und eine Anstellung bei einer Werbeagentur angetreten; sie habe weder Erfahrungen in der Bau- und Immobilienbranche gehabt noch sei sie angesichts ihres jugendlichen Alters und ihrer Unwissenheit in der Lage gewesen, Finanzierungspartner und Kunden zu gewinnen. Stattdessen sei gegenüber den Kunden stets ihr Vater aufgetreten; dieser habe alle Bauprojekte abgewickelt und auch im Innenverhältnis der Gesellschaft das Sagen gehabt. Ihr Vater habe in Absprache mit dem Steuerberater die Steuererklärungen erstellt; sie habe die vorbereiteten Unterlagen ohne jegliche Einflussmöglichkeit unterschrieben. Die Tatsache, dass ihr Vater die GmbH alleinverantwortlich geleitet habe, könnten mehrere Geschäftspartner als Zeugen bestätigen (Beweisantritte s. Schriftsatz vom 06.1998).

Hilfsweise wendet sich die Klägerin auch gegen die Höhe der Inanspruchnahme. Insbesondere habe sie erhebliche Zweifel daran, dass der Beklagte bei Berechnung der Haftungssumme den Lohnsteuerrückstand zutreffend angesetzt habe. Sie habe nämlich am 11.1992 einen Betrag von 10.770,46 DM zur Tilgung von Lohnsteuerverbindlichkeiten abgetreten; außerdem habe ihr im März 1993 der Nachfolge-Geschäftsführer Z offene Lohnsteuerbeträge von nur 1.640,48 DM aufgeschlüsselt. Zudem gehe sie davon aus, dass die ausstehende Umsatzsteuer für den Haftungszeitraum zu hoch angesetzt worden sei; eigentlich hätte sich ein erheblicher Vorsteuerüberschuss ergeben müssen. Hinsichtlich der übrigen Steuerschulden müsse sie die Berechnung des Beklagten hinnehmen, da sie dazu über keine eigenen Unterlagen verfüge.

Darüber hinaus sei ihre Inanspruchnahme auch deshalb rechtswidrig, weil sie nach der Makler- und Bauträgerverordnung - MaBV - verpflichtet gewesen sei, Zahlungseingänge von Erwerbern ausschließlich objektbezogen, d.h. zur Sicherung...

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