Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Kostenerstattung für persönliche Teilnahme des Klägers an BFH-Verhandlung seines Falles

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Aufwendungen des nicht gesondert geladenen Steuerpflichtigen für die persönliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem BFH sind nicht erstattungsfähig, wenn seine Anwesenheit im Termin keinen vorstellbaren Nutzen für die Förderung des Verfahrens haben kann und damit nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dient.
  2. So liegt es, wenn die allein zu klärende Rechtsfrage keinen Spielraum für eine gütliche Einigung lässt und aufgrund eines vorher zugunsten des Steuerpflichtigen ergangenen Gerichtsbescheides des BFH eine Revisionsrücknahme nahezu ausgeschlossen erscheint.
  3. Der Anspruch auf Kostenerstattung knüpft nicht notwendig an das anzuerkennende Interesse des Steuerpflichtigen an, der entscheidenden Verhandlung vor dem BFH beizuwohnen.
 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1; FGO § 139 Abs. 1, § 155

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

I.

Die Erinnerungsführer (Ef.) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. In dem finanzgerichtlichen Klageverfahren unter dem Aktenzeichen 16 K 2522/01 E wendeten sie sich gegen die Einkommensteuerfestsetzungen für 1996 und 1997. Die Klage wurde durch Urteil vom 3.11.2003 abgewiesen. Auf die darauf folgende Beschwerde der Ef. wegen Nichtzulassung der Revision durch das Finanzgericht wurde die Revision mit Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15.6.2005 (Az. VI B 198/03) zugelassen. Das anschließende Revisionsverfahren wurde, nachdem zunächst am 22.5.2006 ein Gerichtsbescheid ergangen war, durch Urteil vom 21.9.2006 (Az. VI R 47/05) beendet. Dem Begehren der Ef., das Finanzamt zu verpflichten, auch bei negativen Einkünften, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, von mehr als 800 DM, eine Einkommensteuerveranlagung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durchzuführen, war (wie schon im Gerichtsbescheid) entsprochen und die Kostenlast dem Erinnerungsgegner (Eg.) auferlegt worden.

Die Ef. stellten daraufhin einen Kostenfestsetzungsantrag, der durch den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.1.2007 beschieden wurde. Darin waren erstattungsfähige Kosten in Höhe von 5.852,72 € festgestellt worden. Lediglich der hier streitige Betrag von 577,77 € führte zu einer teilweisen Ablehnung des Antrages.

Letztgenannter Betrag umfasst die Kosten (Flugkosten, zwei Übernachtungen vom 20.9. bis zum 22.9. und Bewirtung etc.), die dadurch entstanden waren, dass der Ef., obwohl nicht gesondert geladen, persönlich zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem BFH am 21.9.2006 angereist war und an der Verhandlung teilnahm (vgl. Sitzungsprotokoll des BFH vom 21.9.2006). In dem Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hierzu ausgeführt, eine Kostenerstattung komme grundsätzlich gemäß § 91 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Betracht, soweit die Kosten für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien. Im Hinblick auf die fehlende Terminsladung des Ef. einerseits und den Vertretungszwang vor dem BFH andererseits sei diese Notwendigkeit im Falle der Ef. zu verneinen.

Hiergegen wenden sich die Ef. mit ihrer fristgerecht eingelegten Erinnerung vom 5.2.2007. Unter Hinweis auf Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) Celle Beschluss vom 8.8.2003 8 W 271/03, Juristisches Büro (JurBüro) 2003, 594, des OLG Köln Beschluss vom 19.4.2006 17 W 63/06, JurBüro 2006, 599, des Landgerichts (LG) Coburg Beschluss vom 20.7.2004 41 T 75/04, JurBüro 2005, 40, des OLG Brandenburg Beschluss vom 25.5.2000 12 W 17/00, JurBüro 2000, 588, und des OLG Stuttgart in NJW-RR 1996, 1342, vertreten sie den Standpunkt, dass Reisekosten eines Beteiligten auch dann erstattungsfähig seien, wenn er anwaltlich vertreten sei und das Gericht das persönliche Erscheinen nicht angeordnet habe. Dies müsse auch dann gelten, wenn, wie vor dem BFH, Vertretungszwang bestehe. Der Sinn des Vertretungszwangs ziele nicht darauf ab, das Erscheinen der Parteien zu den Terminen zu erübrigen. Es sei überdies durchaus prozessökonomisch, wenn durch die Anwesenheit einer Partei gezielte Fragen an sie in der Verhandlung möglich seien und auch eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits unmittelbar herbeigeführt werden könne.

Die Ef. beantragen sinngemäß,

den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.1.2007 dahingehend zu ändern, das weitere Kosten in Höhe von 577,77 € als zu erstatten festgesetzt werden.

Der Eg. beantragt,

die Erinnerung zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Erinnerung (§ 149 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –) ist unbegründet. Die Aufwendungen des Ef. für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem BFH am 21.9.2006 sind nicht erstattungsfähig, da sie für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung nicht notwendig waren.

Nach 155 FGO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) und § 139 Abs. 1 FGO sind (erstattungsfähige) Kosten im Sinne der §§ 135 ff. FGO Gerichtskosten ...

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