Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.05.1993; Aktenzeichen VI R 118/92)

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird für den Fall, daß der Vorbescheid als Urteil wirkt, zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin bezieht u.a. Versorgungsbezüge aus dem früheren Dienstverhältnis ihres verstorbenen Ehemannes (ESt). Die Klägerin ist Berechtigte aus einer Nießbrauchsbestellung des Jahres 1965 durch den früheren Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemannes. Der Nießbrauch betrifft eine Wohnung, die die Klägerin selbst nutzt. Der Wert der Nutzung ist unstreitig und beträgt 24.000 DM im Jahr. Der Rechtsstreit wird wegen der Frage geführt, zu welchem Zeitpunkt der Nutzungswert der Wohnung zu versteuern ist.

In den Einkommensteuerbescheiden 1989 und 1990 vom 26. Februar bzw. 28. Mai 1991 vertrat der Beklagte die Auffassung, wonach der Nutzungswert jeweils im Jahr der Nutzung und nicht bereits im Zeitpunkt der Nießbrauchsbestellung, also im Jahr 1965, zu versteuern sei.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 1. März bzw. 4. Juni 1991 Einsprüche ein mit der Begründung, der Wert des Nießbrauchsrechts sei bereits im Jahr der Bestellung zugeflossen.

Mit Entscheidung vom 7. August 1992, der Klägerin am 10. August 1992 zugestellt, wurden die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 12. August 1992, beim Finanzgericht am 17. August 1992 eingegangen, erhob die Klägerin Klage.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide für 1989 und 1990 vom 26. Februar bzw. 28. Mai 1991 in Form der Einspruchsentscheidung vom 7. August 1992 die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um jeweils 24.000 DM niedriger festzusetzen.

Die Klägerin macht geltend, der Nießbrauchsberechtigte erwerbe – im Gegensatz zu dem obligatorisch Berechtigten – die Nutzungen aus eigenem Recht. Kraft dieses eigenen Rechts könne er die überlassene Sache nutzen; der Zuwendung einzelner Nutzungen bedürfe es nicht mehr. Demzufolge erschöpfe sich die Zuwendung in der Bestellung des Rechts. Mithin sei der Zufluß bereits im Jahr der Einräumung des Nießbrauchs zu erfassen gewesen.

Der Bestand des Rechts werde – anders als bei einem obligatorischen Recht – auch von einem Eigentumswechsel nicht berührt. Im übrigen mindere bereits die Einräumung des Nießbrauchs den Wert des Grundstücks, was für den früheren Zufluß spreche.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Nach seiner Auffassung fließt der Wert des Nießbrauchsrechts der Klägerin jeweils mit der Nutzung zu.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Finanzamts Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht den Wert der Wohnungsnutzung in den beiden Streitjahren als geldwerten Vorteil erfaßt.

1. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 EinkommensteuergesetzEStG – i.V.m. § 3 Abs. 2 Lohnsteuerdurchführungsverordnung – LStDV – alle Vorteile, die für eine aktuelle oder frühere Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Zu den Einnahmen rechnen auch – insoweit besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen – die Nutzungen im Rahmen des der Klägerin zustehenden Nießbrauchs an der von ihr genutzten Wohnung.

2. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Die Klägerin vertritt insoweit – aus der Sicht des Senats zu Unrecht – die Auffassung, wonach bereits die Bestellung des Nießbrauchsrechts den Zufluß bewirkt hat. Dies jedoch ist, wie bereits der Reichsfinanzhof – RFH – in seinem Urteil vom 18. Dezember 1929 VI 958/29, RStBl. 1930, 302, ausgeführt hat, nicht der Fall.

Denn – so der RFH zu Recht – ein Zufließen von Einnahmen tritt erst ein, wenn und soweit aufgrund der Nutzungsmöglichkeit tatsächlich Nutzungen gezogen werden. Wirtschaftlich gesehen liege die Sache bei der Einräumung einer Nutzungsberechtigung wie beim Erwerb eines Anspruchs. Denn die Vorteile des Nutzungsberechtigten erschöpften sich in den tatsächlich gezogenen Nutzungen wie der Anspruch in dem aufgehe, was tatsächlich aufgrund des Anspruchs geleistet werde. Darüber hinaus fließe dem Steuerpflichtigen in Wirklichkeit nichts zu.

Der erkennende Senat kann dieser Beurteilung in vollem Umfang zustimmen. In diesem Zusammenhang sei etwa auf die Situation verschiedener Arbeitnehmer hingewiesen, die seitens des Arbeitgebers die Möglichkeit eingeräumt bekommen, bestimmte betriebliche Leistungen günstiger, im Extremfall sogar kostenfrei zu erhalten (z.B. Freiflüge, Freifahrten, zinsgünstige Darlehn). Hier tritt ein Zufluß auch erst mit der tatsächlichen Nutzung dieser Vorteile ein.

Soweit die Klägerin darauf verweist, daß der Bundesfinanzhof – BFH – bei Einräumung eines Erbbaurechts durch den Arbeitgeber zu einem unangemessen niedrigen Erbbauzins den Zufluß bereits mit der Einräumun...

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