Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnung von Kies und Sand als verarbeitendes Gewerbe i. S. d. InvZulG. Differenzierte Betrachtung der einzelnen Arbeitsschritte. Maßgeblichkeit des Heranziehungsbescheids des statistischen Landesamts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das verarbeitende Gewerbe i. S. d. InvZulG ist im Wesentlichen gekennzeichnet durch die Herstellung eines anderen Produkts i. S. einer substantiellen Veränderung von Materien und durch die Veredelung von Erzeugnissen. Verarbeitung umfasst die Bearbeitung, Umwandlung, Umformung, Umgestaltung und Veredelung von wirtschaftlichen Gütern.

2. Die Frage, ob die Gewinnung von Kies und Sand dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen ist, erfordert eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Arbeitsschritte. Dabei muss die Gewinnung der Steine im Steinbruch und die erste Brechung im Vorbrecher dem Bergbau zugeordnet werden, während die nachfolgende Weiterbearbeitung dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen sein könnte.

3. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn zur Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung Kriterien herangezogen werden, die schlüssig und nachvollziehbar sind und die auf einem entsprechenden fachlichen Sachverstand beruhen. Die Zuordnung eines Betriebs zum verarbeitenden Gewerbe scheidet daher aus, wenn der Betrieb durch einen bestandskräftig gewordenen und nicht offensichtlich unrichtigen Heranziehungsbescheid des statistischen Landesamts in eine Untergruppe des Unterabschnittes CB „Erzbergbau, Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau” eingestuft wurde.

 

Normenkette

InvZulG 1999 § 2 Abs. 2 S. 1; BGB § 950

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.08.2010; Aktenzeichen III B 2/09)

BFH (Beschluss vom 30.08.2010; Aktenzeichen III B 2/09)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Investitionszulage nach § 2 Investitionszulagengesetz 1999 (InvZulG)

Mit Antrag vom 23. April 2003 begehrte die Klägerin für im Jahr 2002 angeschaffte Wirtschaftsgüter eine Investitionszulage nach § 2 InvZulG in Höhe von 206.389,88 EUR (25 v.H. von einer Bemessungsgrundlage von 825.559,52 EUR). Nach Durchführung einer Nachschau ermittelte der Beklagte der Höhe nach eine Investitionszulage von 203.006,00 EUR (PC-Software und Einbruchmeldeanlage wurden ausgesondert, Ersatzwirtschaftsgüter mit einem niedrigeren Fördersatz bewertet). Den Antrag lehnte der Beklagte sodann jedoch mit Bescheid vom 14. Juli 2003 mit der Begründung ab, dass die ausgeübte Tätigkeit der Gewinnung von Kies und Sand nicht den begünstigten Wirtschaftszweigen des § 2 InvZulG zuzuordnen und daher insgesamt keine Investitionszulage zu gewähren sei. Der Ablehnungsbescheid erging nach § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) vorläufig wegen eines beim Bundesfinanzhofes (BFH) anhängigen Verfahrens (III R 20/00) und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO. Hiergegen wandte sich die Klägerin nicht.

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 begehrte die Klägerin sodann die Änderung der Investitionszulagenbescheide 1997 – 2003 mit der Begründung, dass sie dem verarbeitenden Gewerbe zuzurechnen sei. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. Juni 2005 unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH in der Sache III R 20/00 ab und begründete dies zudem mit der Klassifikation der Wirtschaftszweige, nach der die Tätigkeit der Klägerin nicht dem verarbeitenden Gewerbe zuzurechnen sei. Er vertrat die Auffassung, dass die Klägerin kein „anderes” Produkt herstelle. Sie gewinne, verarbeite und verkaufe Steine.

Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 01. Juli 2005, in dem die Klägerin sowohl auf ein nach ihrer Ansicht für sie positives Urteil des Finanzgerichtes Thüringen (09. September 2004, IV 18/00) als auf ein beim BFH anhängiges Verfahren unter dem Aktenzeichen III R 47/04 verwies. Nach Ruhen des Einspruchsverfahrens und Rücknahme der anhängigen Revision hielt der Beklagte an seiner ablehnenden Rechtsauffassung fest. Die Beteiligten einigten sich nachfolgend darauf, das Streitjahr 2002 weiter zu verfolgen. Die Verfahren wegen der anderen Streitjahre ruhen. Mit Einspruchsbescheid vom 11. Oktober 2006 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Am 09. November 2006 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie vertritt die Auffassung, dass ihr Unternehmen dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen sei. Der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit liege auf der Gewinnung, Verarbeitung und der Veräußerung von Hartstein. Die Geschäftsbereiche „Sand und Kies” und „Transportbeton” seien für die Einordnung des Unternehmens aufgrund der geringeren Umsätze nicht maßgeblich. Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass die Klägerin keine „anderen” Produkte herstelle, weil der gewonnene Fels durch mechanische Prozesse nicht in seiner Substanz verändert werde, sei dies fehlerhaft. Zunächst sei eine Substanzveränderung für eine Verarbeitung nicht erforderlich und zudem stelle das Ausga...

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