rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des Mindeststreitwerts im finanzgerichtlichen AdV-Verfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Im gerichtlichen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung ist der Streitwert mit 10 % des Streitwerts der Hauptsache anzusetzen. Insoweit gilt der Mindeststreitwert (§ 52 Abs. 4 GKG) nicht, so dass der Streitwert in AdV-Verfahren auch unter 1000 Euro liegen kann. Es bleibt offen, ob ggf. im finanzgerichtlichen AdV-Verfahren ein Mindeststreitwert von 100 Euro nicht unterschritten werden darf.

 

Normenkette

GKG § 52 Abs. 1-4, § 53 Abs. 3 Nr. 3; FGO § 69 Abs. 2-3, 5

 

Tenor

Abweichend von dem Beschluss vom 10. August 2006 werden die von der Erinnerungsführerin und Kostenschuldnerin dem Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten auf 69,60 EUR (in Worten: neunundsechzig und 60/100 EUR) festgesetzt.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Tatbestand

Die Erinnerungsführerin und Kostenschuldnerin hat der Klage im Verfahren der Hauptsache (4 K 218/05) abgeholfen. Daraufhin haben die Beteiligten das Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides (4 V 1036/05) übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Gericht hat die Kosten des zuletzt genannten Verfahrens der Erinnerungsführerin auferlegt. Mit Beschluss vom 10. August 2006 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die dem Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten auf 180,96 EUR festgesetzt.

Dagegen richtet sich die Erinnerung, mit der sich die Erinnerungsführerin gegen die Anwendung des Mindeststreitwerts von 1.000 EUR gemäß § 52 Abs. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) wendet.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung ist begründet.

Gemäß § 53 Abs. 3 Nr. 3 GKG bestimmt sich der Wert in Verfahren der Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3, 5 Finanzgerichtsordnung –FGO–) nach § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Danach ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen.

§ 52 Abs. 3 GKG ergänzt diese Regelungen dahingehend, dass bei einem Antrag auf eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt deren Höhe maßgebend ist.

Gemäß § 52 Abs. 4 GKG darf schließlich in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Streitwert nicht unter 1.000 EUR, in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2.500.000 EUR sowie in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500.000 EUR angenommen werden.

Nach diesen Regelungen ist der Kostenberechnung im Verfahren 4 V 1036/05 ein Gegenstandswert von 190 EUR zugrunde zu legen.

Der Erinnerungsgegner hat beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Bescheides i.H.v. 1.518,54 EUR zuzüglich der Stundungs- und Aussetzungszinsen und der Säumniszuschläge, mithin einer Gesamtsumme von 1.901,04 EUR, auszusetzen. Gemäß § 53 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG stellt dieser Betrag grundsätzlich zugleich den Wert des Verfahrensgegenstands dar. Allerdings ist in Verfahren der Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3, 5 FGO nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Gegenstandswert auf 10 % des streitigen Betrages festzusetzen (vgl. Gräber, FGO, 6. Aufl. 2006, Rdnr. 35 vor § 135 FGO „Aussetzung der Vollziehung” m.w.N.), im Streitfall also auf 190 EUR.

Dieser Wert ist nicht für Zwecke der Kostenberechnung gemäß § 52 Abs. 4 GKG auf den dort genannten Mindestbetrag von 1.000 EUR zu erhöhen.

§ 53 Abs. 3 Nr. 3 GKG verweist ausdrücklich nur auf die Absätze 1 und 2 des § 52 GKG, nicht aber auf dessen Absatz 4. Dies schließt dessen Anwendung in Verfahren der Aussetzung der Vollziehung aus (Thüringer FG, Beschluss vom 03.08.2005 – IV 207/05 V, EFG 2005, 1563; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2006 – 13 KO 5/05, EFG 2006, 767; FG des Landes Brandenburg, Beschluss vom 30.05.2006 – 1 KO 541/06, Haufe-Index 1559806). Dabei handelt es sich in Anbetracht der allgemein bekannten ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, in Verfahren der Aussetzung der Vollziehung regelmäßig nur 10 % des Streitwertes der Hauptsache anzusetzen, auch nicht etwa um ein Redaktionsversehen, sondern um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, die Mindeststreitwertregelung in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht anzuwenden (MR im BMJ … auf der Arbeitstagung der Präsidenten der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs am 15./16.05.2006 in Hamburg, zitiert nach BDFR Forum, September 2006, 9).

Der vom Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (ohne ausdrückliche Begründung im Beschluss vom 16.08.2005 – 2 V 17/5, EFG 2005, 1672) und vom Sächsischen Finanzgericht (im Beschluss vom 27.03.2006 – 3 KO ...

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