Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch der Eltern nur während des Mutterschutzes, nicht aber während des Erziehungsurlaubs der Tochter

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass den Eltern kein Kindergeld mehr zusteht, wenn ihre Tochter selbst ein Kind bekommt, deswegen ihre Berufsausbildung unterbricht und nach Ablauf des achtwöchigen Mutterschutzes Erziehungsurlaub nimmt.

Der Erziehungsurlaub kann dem Mutterschutz –während dessen die Eltern bei Unterbrechung der Berufsausbildung der Tochter noch einen Kindergeldanspruch haben– nicht gleichgestellt werden.

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; BErzGG § 15; MuSchG

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.01.2004; Aktenzeichen VIII B 289/03)

 

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin bezog Kindergeld für ihre am 22. Dezember 1981 geborene Tochter … Das Geld wurde auf Wunsch der Antragstellerin direkt auf ein Konto ihrer Tochter ausgezahlt. Im April 2001 gebar … ein Kind. Im August 2002 erfuhr der Antragsgegner, dass … ihre Ausbildung unterbrochen hatte und sich im Anschluss an den achtwöchigen Mutterschutz bis August 2003 im Erziehungsurlaub befand. Daraufhin hob er die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 23. Oktober 2003 mit Wirkung ab Juli 2001 auf und forderte das bereits gezahlte Kindergeld für die Zeit von Juli 2001 bis Juli 2002 i.H.v. 1.906,30 EUR zurück. Dagegen erhob die Antragstellerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren zum Aktenzeichen 4 K 535/02 Klage, über die noch nicht entschieden worden ist. Inzwischen hat … ihre Ausbildung im April 2003 fortgesetzt.

Nachdem der Antragsgegner einen entsprechenden Antrag abgelehnt hatte, hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide durch das Gericht beantragt. Zur Begründung trägt sie vor, eine Unterbrechung der Ausbildung aufgrund des gesetzlichen Mutterschutzes lasse den Anspruch auf Kindergeld fortbestehen. Dies müsse auch für den Erziehungsurlaub gelten, wenn – wie im Streitfall – der Erziehungsurlaub sofort im Anschluss an den Mutterschutz genommen und die Ausbildung nach dem Ende des Erziehungsurlaubs fortgesetzt werde. Auch Studentinnen, die ihr Studium wegen der Geburt eines Kindes ein Semester aussetzten, erhielten ohne Unterbrechung auch für dieses Semester Kindergeld. Dies stelle gegenüber der Antragstellerin, deren Tochter sich in einer Lehre befinde, eine gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verstoßende Ungleichbehandlung dar.

Außerdem sei sowohl die Schwangerschaft der Tochter als auch ihre Entscheidung, Erziehungsurlaub zu nehmen, dem Antragsgegner bereits im Januar 2001 mitgeteilt worden Entsprechend seiner Rechtsauffassung hätte er deshalb bereits nach dem Ende des Mutterschutzes die Kindergeldfestsetzung aufheben müssen. Das gleichwohl weiter gezahlte Kindergeld sei verbraucht worden. Sie, die Antragstellerin, habe auf die Richtigkeit der Kindergeldfestsetzung vertrauen dürfen, so dass die rückwirkende Aufhebung des Bewilligungsbescheides und die Rückforderung des überzahlten Betrages aus Gründen des Vertrauensschutzes rechtswidrig seien. Die vom Antragsteller getroffene Unterscheidung zwischen einer Unterbrechung der Ausbildung wegen Mutterschaft oder wegen Kinderbetreuung sei nicht nachvollziehbar, wenn in beiden Fällen die Ausbildung anschließend fortgesetzt werde. Beide Sachverhalte seien gesetzlich geregelt und könnten von jedem Anspruchsberechtigten wahrgenommen werden. Es sei verfassungswidrig, wenn der Antragstellerin dadurch ein Nachteil entstehen würde, dass ihre Tochter von einer gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht habe.

Sie, die Antragstellerin, verfüge nur über sehr geringe finanzielle Mittel, so dass sie den Rückforderungsbetrag nicht ohne weiteres aufbringen könne. Sie verdiene monatlich lediglich 1.448,54 EUR netto, wovon sie für Miete 560,00 EUR und für Versicherungen 156,90 EUR zahlen müsse. Außerdem sei sie ihrem arbeitslosen Ehemann, dessen Antrag auf Arbeitslosenhilfe abgelehnt worden sei, unterhaltsverpflichtet. Eine sofortige Vollziehung der angefochtenen Bescheide gefährde ihre Existenz.

Der Antragsgegner hält den Antrag für unbegründet.

Die Tochter der Antragstellerin erfülle die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) für die Gewährung von Kindergeld im Streitzeitraum nicht. Nach Ablauf des gesetzlichen Mutterschutzfrist gemäß §§ 3 Abs. 2 und 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz habe sie sich nicht mehr in Ausbildung befunden. Zur Berufausbildung zählten nur Zeiten der Unterbrechung wegen Mutterschaft, nicht aber wegen Kindesbetreuung im Rahmen der sog. Elternzeit ab Juli 2001. Auch der Umstand, dass sich … mit ihrem Ausbildungsbetrieb über die Fortsetzung ihrer Ausbildung nach Ablauf der Elternzeit einig gewesen sei, ändere daran nichts.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Die ...

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