rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtsbesetzung bei der Entscheidung über eine Anhörungsrüge. Gehörsrüge. Einheitliche Anwendung der Vorschrift über die Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Mitwirkung an der Entscheidung über die als Annex zum Hauptsacheverfahren zu qualifizierende Anhörungsrüge gilt – wie für einen Berichtigungsbeschluss oder eine Urteilsergänzung –, dass sich die Zuständigkeit für die Anhörungsrüge allein danach richtet, wer die mit der Anhörungsrüge angegriffene Entscheidung getroffen hat, der Einzelrichter, der Berichterstatter oder der Senat (vgl. BGH v. 28.7.2005, III ZR 443/04).

2. Das über die begehrte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer entscheidende Gericht verletzt nicht den Anspruch auf rechtliches Gehör gem. § 133a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FGO, wenn eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit der gleichzeitig begehrten Aufhebung der Bescheide über die getrennte Veranlagung zur Einkommensteuer nicht erfolgt. Mit der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer geht zwingend die entsprechende Aufhebung bzw. Änderung eventuell bereits ergangener Bescheide über die getrennte Veranlagung zur Einkommensteuer einher.

 

Normenkette

FGO § 133a Abs. 4 S. 2, Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 6, 5 Abs. 3 S. 1, § 79a Abs. 4; GG Art. 101 S. 2, Art. 103; EStG § 26

 

Tenor

Die von der Klägerin erhobene Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens über die Anhörungsrüge hat die Rügeführerin zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Die ursprünglich von ihrem Ehemann getrennt zur Einkommensteuer veranlagte Rügeführerin (Klägerin) erhob am 15. Oktober 2010 bei dem Finanzgericht Klage mit dem Ziel, für die Jahre 2007 und 2008 mit ihrem 2008 verstorbenen Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Nachdem der Beklagte diesem Begehren entsprochen hatte, erklärten die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Die Klägerin legte zudem mit dreiseitigem Schriftsatz vom 27. Februar 2011 und zweiseitigem Schriftsatz vom 03. Januar 2011 dar, dass nach ihrer Auffassung dem Beklagten die Verfahrenskosten aufzuerlegen seien. Dem trat der Beklagte mit Schriftsatz vom 03. Februar 2011 entgegen.

Der Berichterstatter des Senates (§ 79 a Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung) bestimmte mit Beschluss vom 29. März 2011 [Aktenzeichen: 5 K 1499/10], dass die Kosten des in der Hauptsache erledigten Klageverfahrens gegeneinander aufgehoben werden. Dabei ließ sich das Gericht zum einen von der Wertung des § 138 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung leiten. Zum anderen stellte das Gericht auf den Umstand ab, dass der Beklagte der Klägerin noch vor Klageerhebung verbindlich zugesagt haben dürfte, die Zusammenveranlagung durchzuführen. Allerdings lag (und liegt) dem Gericht dieses Schriftstück mit der Erklärung des Beklagten nicht vor, so dass eine abschließende Feststellung hierzu nicht möglich war, zumal eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes nicht angezeigt erschien, da das Verfahren in der Hauptsache bereits erledigt war. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der gerichtlichen Kostenentscheidung wird im Übrigen auf den Beschluss vom 29. März 2011 Bezug genommen.

Zur Begründung der fristgerecht erhobenen Anhörungsrüge führt die Rügeführerin sinngemäß an, das Gericht habe bei seiner Kostenentscheidung darauf abgestellt, dass ihr seitens des Finanzamtes die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer in Aussicht gestellt worden sei. Die hierauf beschränkte Betrachtung lasse jedoch in entscheidungserheblicher Weise unbeachtet, dass sie – die Rügeführerin – nicht nur die Durchführung der Zusammenveranlagung, sondern zugleich auch die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide über die getrennte Veranlagung begehrt habe. Die Aufhebung dieser Bescheide sei ihr vom Finanzamt nicht zugesagt worden und tatsächlich auch nicht beabsichtigt gewesen, so dass der anhängig gemachte Prozess – entgegen der Einschätzung des Gerichts – gerade nicht unvermeidbar gewesen sei mit der Folge, dass das Finanzamt zwingend die gesamten Prozesskosten tragen müsse. Da das Gericht diesen – wesentlichen – Aspekt in der Kostenentscheidung nicht ausdrücklich beleuchtet habe, müsse davon ausgegangen werden, dass das Gericht diesen Gesichtspunkt weder zur Kenntnis genommen noch in Erwägung gezogen habe.

 

Entscheidungsgründe

II.

Über die Anhörungsrüge entscheidet der Berichterstatter.

Nach § 133a Abs. 4 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist das Gericht zur Entscheidung über die Anhörungsrüge berufen. Da § 133a FGO keine von den generellen Vorschriften der Prozessordnung zur Gerichtsbesetzung abweichenden Regelungen enthält, befindet mithin der iudex a quo über die Anhörungsrüge [VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16. April 2009 – 14 K 1725/09 – juris], d.h. das Gericht in der „regulären Besetzung” [Ruban, in: Gräber, FGO, 7. Auflage, München 2010, § 133a RdNr. 16]. Dies bedeutet jedoch zunächst nur, dass zur Entscheidung über die Anhörungsrüge dasjenige...

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