rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Frist für den Antrag auf Erlass eines Zuteilungsbescheides i. S. des § 190 AO 1977. Keine Nichtigkeit eines Gewerbesteuermessbescheides durch fehlerhafte Bestimmung der hebeberechtigten Gemeinde. Zulässigkeit der von einer übergangenen Gemeinde gegen einen Gewerbesteuermessbescheid gerichteten Feststellungsklage. Zuteilung des Gewerbesteuermessbetrages 1993

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag auf Änderung oder Nachholung einer Zuteilung i. S. des § 190 AO 1977 muss innerhalb eines Jahres nach Unanfechtbarkeit des Gewerbesteuermessbescheides gestellt werden.

2. Selbst wenn – was offen bleiben konnte – ein Gewerbesteuermessbescheid die hebeberechtigte Gemeinde verbindlich bestimmen würde, hätte die fehlerhafte Bestimmung einer Gemeinde, die tatsächlich nicht hebeberechtigt wäre, nur die Rechtswidrigkeit des Gewerbesteuermessbescheides, nicht hingegen dessen Nichtigkeit zur Folge.

3. Zulässigkeit einer Feststellungsklage: In Hinblick auf das speziell in § 190 AO 1977 geregelte Zuteilungsverfahren kann eine durch den Gewerbesteuermessbescheid übergangene Gemeinde kein berechtigtes Feststellungsinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit des Gewerbesteuermessbescheid geltend machen.

 

Normenkette

AO 1977 § 190 S. 2; GewStG § 4; AO 1977 § 125; FGO § 41 Abs. 1; AO 1977 §§ 185, 189 S. 3

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Unstreitig verlegte Frau Dagmar A… ihren Gewerbebetrieb zum 1.1.1994 von der Stadt L… in die Gemeinde B… (vgl. diesbezüglich die in den Steuerakten befindlichen Gewerbean- bzw. -abmeldungen). Demgegenüber gab sie in ihrer im Jahre 1994 beim Finanzamt eingereichten Gewerbesteuererklärung 1993 an, ihren Betrieb bereits am 31.12.1993 von L… nach B… verlegt zu haben.

Mit Bescheid vom 14.09.1994 setzte der Beklagte den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für Frau A… auf DM 12 435,– fest und gab zugleich die Beigeladene namentlich als hebeberechtigte Gemeinde an. Mit Schreiben vom 27.11.1997 begehrte die Klägerin bei dem Beklagten die Zuteilung (§ 190 AbgabenordnungAO –) des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1993 für den Betrieb von Frau A…. Mit Bescheid vom 02.02.1998 teilte der Beklagte zunächst den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1993 der Beigeladenen zu. Auf den Einspruch der Klägerin hob der Beklagte diesen Bescheid mit Verfügung 22.12.1999 ersatzlos wieder auf, lehnte aber durch Bescheid vom 21.02.2000 die Zuteilung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1993 an die Klägerin ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Klägerin habe den Antrag auf Zuteilung nicht binnen eines Jahres nach Unanfechtbarkeit des Bescheides über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1993 gestellt (§§ 190, 189 Satz 3 Abgabenordnung –AO–).

Hiergegen hat die Klägerin Sprungklage (§ 45 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –) erhoben, der der Beklagte rechtzeitig zugestimmt hat. Die Klägerin trägt vor, der Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1993 sei gemäß § 125 Abs. 1 Abgabenordnung –AO– nichtig und daher nicht unanfechtbar. Daher könne sie, die Klägerin, mit ihrem Antrag auf Zuteilung noch mit Erfolg durchdringen. Der besonders schwerwiegende Fehler im Sinne des § 125 Abs. 1 AO bestehe in der fälschlich ausgewiesenen Hebeberechtigung der Gemeinde B…. Die Angabe der hebeberechtigten Kommune stelle nicht lediglich einen rein informatorischen Hinweis dar. Vielmehr gehöre die Bestimmung der Steuergläubigerin zum Regelungsgehalt eines Realsteuermessbescheides, sofern über die Zuordnung eines Steuermessbetrages nicht anderweitig, insbesondere in einem Zuteilungsverfahren, entschieden werde. Der Beklagte habe mit dem Bescheid vom 14.09.1994 eine abschließende Festlegung der hebeberechtigten Kommune bezweckt, ohne hierzu ein gesondertes Verfahren durchführen zu wollen. Somit komme dem Steuermessbescheid in Ansehung der Bestimmung der Hebeberechtigung Regelungscharakter zu. Dafür spreche auch ein Vergleich mit dem Zuteilungsverfahren, das die Beteiligung jeder Kommune, die den Steuermessbetrag beanspruche, in §§ 190, 186 Nr. 2 AO gesetzlich vorsehe. Im Fall von fehlerhaften Zuteilungsbescheiden dürfte dem gemäß außer Zweifel stehen, dass die Rechte einer hebeberechtigten Kommune verletzt sein könnten. Umso mehr müsse dieser Gedanke für die durch einen Steuermessbescheid übergangene Kommune gelten, da diese – wie vorliegend – zunächst gar keine Kenntnis von einem fehlerhaften Bescheid erlangen könne. Die irrtümlich ausgewiesene Hebeberechtigung der Gemeinde B… bedeute sowohl aufgrund ihrer Entstehung als auch aufgrund ihrer Auswirkungen einen besonders schwerwiegenden Fehler. Die Hebeberechtigung der Klägerin hätte ohne jede Schwierigkeiten festgestellt werden können. Die Festlegung der Hebeberechtigung der Gemeinde B… sei in keinster Weise mit der Rechtslage in sachlich-rechtlicher Hinsicht zu vereinbaren. Diese Festlegung sei auch nicht nur akademischer Natur, sondern ziehe finanzielle Folgen ...

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