Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kindergeld für den dreimonatigen Zeitraum zwischen Abschluss der Berufsausbildung und Beginn des Studiums, in dem das Kind berufstätig ist

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Kind, das direkt im Anschluss an die im Laufe des Juni eines Kalenderjahres erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung einer Berufstätigkeit nachgeht und ab Oktober studiert, befindet sich in der Zeit von Juli bis September weder zwischen zwei Ausbildungsabschnitten i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG noch kann es die Berufsausbildung (hier: das Studium) mangels Ausbildungsplatzes i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG nicht beginnen. Für die Monate von Juli bis September ist daher kein Kindergeld zu zahlen.

2. Die Einkünfte und Bezüge des letzten Ausbildungsmonats (hier: Juni) bleiben im Rahmen der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG außer Ansatz.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, c, S. 2, § 63 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2001; Aktenzeichen VI R 73/01)

 

Gründe

Die Klägerin ist Mutter der im November 1977 geborenen Tochter A…. Diese befand sich in der Zeit von Januar 1999 bis zum 17. Juni 1999 in der Berufsausbildung zur Bürokauffrau. Daran anschließend war sie als Arbeitnehmerin tätig. Sie hatte einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit ihrer Ausbildungsfirma abgeschlossen, den sie zum 30. September 1999 kündigte. Seit dem 01. Oktober 1999 studiert sie Wirtschaftsingenieurwesen an der TU L…

Der Tochter der Klägerin flossen im Jahr 1999 folgende Einnahmen zu:

Ausbildungsvergütung Januar bis Mai (1.159 *5)

DM

5.795

Ausbildungsvergütung 01. – 17. Juni

DM

656

,76

Gehalt 18. – 30. Juni

DM

1.271

,74

Gehalt Juli – September

DM

9.878

,05

Urlaubsgeld, zugeflossen im Mai

DM

500

Einnahmen insgesamt

DM

18.101,

55

Der Beklagte hob mit Bescheid vom 08. Dezember 1999 das an die Klägerin gezahlte Kindergeld ab Januar 1999 auf und forderte das für die Zeit von Januar 1999 bis Juni 1999 gezahlte Kindergeld in Höhe von DM 1.500 zurück. Der Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin hat am 22. Februar 2000 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass ihr Kindergeld für ihre Tochter A… für den Zeitraum Januar bis Juni und von Oktober bis Dezember 1999 zustehe, da sich ihre Tochter in diesen Monaten in der Berufsausbildung befunden habe. Der Zeitraum von Juli bis September 1999 sei nicht zu berücksichtigen, er sei nicht als Zeitraum zwischen zwei Ausbildungsabschnitten anzusehen. Vielmehr handele es sich um eine vollwertige Berufstätigkeit ihrer Tochter.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 08. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Januar 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld für das Kind A… für den Zeitraum von Januar 1999 bis Juni 1999 und von Oktober 1999 bis Dezember 1999 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung ergeht gem. § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum ab Januar 1999 zu Unrecht aufgehoben. Die Klägerin hat für die Monate Januar 1999 bis Juni 1999 und Oktober 1999 bis Dezember 1999 Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter A….

Für die o.g. Monate ergibt sich der Anspruch auf Kindergeld aus §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Satz 2 Einkommensteuergesetz –EStG–. Danach wird ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, für das Kindergeld berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird und seine eigenen Einkünfte und Bezüge den Betrag von DM 13.320 im Streitjahr nicht übersteigen. Hinsichtlich der Einkommensgrenze bestimmt § 32 Abs. 4 Sätze 6 und 7 EStG, dass sich der Betrag für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen der Berücksichtigung des Kindes für das Kindergeld nicht vorliegen, um ein Zwölftel verringert; bei der Berechnung des maßgeblichen Einkommens des Kindes bleiben diese Monate dann außer Betracht.

Die Berufsausbildung in der Zeit von Januar bis Juni 1999 sowie das Studium an der TU L… ab Oktober 1999 stellen unstreitig eine Ausbildung für einen Beruf dar.

In den Monaten Juli bis September 1999 ist die Tochter der Klägerin entgegen der Ansicht des Beklagten nicht für das Kindergeld zu berücksichtigen. Die Tochter der Klägerin war in dieser Zeit weder als ein Kind, das eine Ausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG), noch als ein Kind, das sich zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG), anzusehen.

Die Tochter der Klägerin ist in den Monaten Juli bis September 1999 einer geregelten Arbeit nachgegangen. Die Bewerbung an einer Universität und das Warten auf die Zuteilung eines Studienplatzes bzw. den Beginn des Studiums führt noch nicht zu ei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge