rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO aufgrund der dem Steuerpflichtigen erst nachträglich bekannt gewordenen Abzugsmöglichkeit für Unterhaltsleistungen an die das neugeborene gemeinsame Kind betreuende Lebengefährtin

 

Leitsatz (redaktionell)

Sind in den bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheiden 2013 und 2014 die –in den Steuererklärungen nicht geltend gemachten– Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen für die mit ihm nicht verwandte und nicht verheiratete Lebensgefährtin, die das neugeborene gemeinsame Kind betreut hat und gegenüber dem Steuerpflichtigen nach § 1615l BGB unterhaltsberechtigt war, nicht berücksichtigt worden, so ist eine Änderung der Bescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AO nicht aufgrund eines groben Verschuldens des Steuerpflichtigen ausgeschlossen. Nach der Gestaltung der Steuererklärungsvordrucke für die Jahre 2013 und 2014 musste es sich dem Kläger nicht aufdrängen, dass er auch seine Unterhaltsleistungen für die mit ihm nicht verwandte und nicht verheiratete Lebensgefährtin als Mutter des gemeinsamen Kindes einzutragen hatte.

 

Normenkette

EStG § 33a Abs. 1 Sätze 1, 3, 5, Abs. 3 S. 1; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 1; BGB § 1615l Abs. 1-2

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 8. September 2015 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2016 verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 21. Oktober 2014 und den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 7. Juli 2015 in der Weise zu ändern, dass für Unterhaltsleistungen 3.285,86 EUR für 2013 und 4.565,66 EUR für 2014 als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Änderung bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide wegen der nachträglichen Geltendmachung von Aufwendungen für den Unterhalt der Mutter eines gemeinsamen Kindes als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a EStG.

Der Kläger und seine Lebensgefährtin sind die Eltern einer im Mai 2013 geborenen Tochter. Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Ingenieur. Die Lebensgefährtin des Klägers war vom 26. April 2013 bis 31. Dezember 2014 nicht berufstätig. Sie bezog im Zeitraum 26. April bis 2. August 2013 Mutterschaftsgeld in Höhe von 1.287 EUR und im Zeitraum 15. Juli bis 31. Dezember 2013 Elterngeld in Höhe von 2.172,64 EUR. Im Jahr 2014 bezog sie Elterngeld in Höhe von 4.592,34 EUR.

Im Jahr 2011 war das gemeinsame erste Kind … verstorben.

In seiner am 3. Juni 2014 eingereichten Einkommensteuererklärung 2013 erklärte der Kläger keine Unterhaltsleistungen. Der Erklärung war eine Anlage Sonstige außergewöhnliche Belastungen (Summe: 1.490 EUR) beigefügt, ferner wurden Arbeitsmittel in Höhe von 241 EUR und Sonstige Werbungskosten in Höhe von 1.311 EUR geltend gemacht.

In der am 25. März 2015 eingereichten Einkommensteuererklärung 2014 wurden ebenfalls keine Unterhaltsleistungen erklärt. Der Erklärung war eine Anlage Sonstige außergewöhnliche Belastungen (Summe: 3.762 EUR) beigefügt, ferner wurden Arbeitsmittel in Höhe von 393 EUR, Telekommunikationskosten von 156 EUR und Sonstige Werbungskosten in Höhe von 1.282 EUR geltend gemacht. Weiterhin wurden Zahlungen an den … Kindergarten als Kinderbetreuungskosten für den Zeitraum 1. August bis 31. Dezember 2014 in Höhe von 477,34 EUR sowie Handwerkerleistungen im Haushalt und Steuerberatungskosten geltend gemacht.

Vom 15. Mai 2014 bis 14. Juli 2014 befand sich der Kläger in Elternzeit und bezog Elterngeld.

Mit Einkommensteuerbescheid 2013 vom 21. Oktober 2014 und Einkommensteuerbescheid 2014 vom 7. Juli 2015 wurde der Kläger erklärungsgemäß veranlagt.

Am 5. September 2016 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er vergessen habe, für die Jahre 2013 und 2014 Unterhaltsleistungen für die Mutter seiner Tochter anzugeben. Der Grund dafür sei, dass das erste Kind im Jahr 2011 … verstorben sei. Nach der Geburt der Tochter im Jahr 2013 habe daher deren gesunde Entwicklung Priorität gehabt. Daher habe er bei den Steuererklärungen vergessen, alle Details zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 8. September 2016 wurde die Änderung der Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 abgelehnt, da eine Korrekturmöglichkeit nicht bestehe.

Dagegen wurde am 4. Oktober 2016 Einspruch eingelegt. Mit Schreiben vom 6. November 2016, eingegangen am 7. November 2016 begründete der Kläger seinen Einspruch und stellte einen Antrag nach § 227 AO. Er schilderte die von ihm erwartete Rentenversorgung, eine Lohnkürzung durch seinen Arbeitgeber und die Erwartung betriebsbedingter Kündigungen durch seinen Arbeit...

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