rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes durch das Land Berlin rechtmäßig

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes für die Grundsteuer B auf 660 % durch das Vorschaltgesetz zum Haushaltsgesetz 2002/2003 vom 29. 4. 2002 verstößt weder gegen das in Artikel 20 Abs. 1 GG verankerte Gebot einer sozialen Steuerpolitik noch gegen haushaltsrechtliche Grundsätze.

 

Normenkette

GrStG § 25 Abs. 1; GG Art. 20 Abs. 1, Art. 106 Abs. 6 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.08.2005; Aktenzeichen II B 145/04)

BFH (Beschluss vom 04.08.2005; Aktenzeichen II B 145/04)

 

Tatbestand

Mit Bescheid vom 5. Juni 2002 setzte der Beklagte die streitbefangene Grundsteuer nach Maßgabe eines Grundsteuerhebesatzes von 660 % auf 187,77 € fest und wies den unbegründet gebliebenen, nur vom Kläger eingelegten Einspruch mit formularmäßiger Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2002 als unbegründet zurück.

In der von beiden Klägern erhobenen Klage tragen diese vor: Die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes für die Grundsteuer B auf 660 % durch das Vorschaltgesetz zum Haushaltsgesetz 2002/2003 vom 29. April 2002 (Gesetz- und Verordnungsblatt von Berlin - GVBl- 2002, 129) sei rechtswidrig. Zwar sei der relativ weitreichende Ermessensspielraum der Gemeinden bei Festsetzung der Hebesätze durch das in Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz - GG- verankerte Gebot einer sozialen Steuerpolitik und durch haushaltsrechtliche Grundsätze begrenzt. Diese Grenzen seien jedoch überschritten, da der Verbrauch öffentlicher Mittel wirtschaftlich nicht mehr vertretbar sei und die Nettoverschuldung2002/2003 des Landes Berlin zweieinhalbmal so hoch sei wie die Investitionsausgaben. Auch sei das Gebot der Verhältnismäßigkeit verletzt, da die Höhe des Hebesatzes inzwischen bei Umlage auf die Mieter zu einer Jahressteuerbelastung geführt habe, die einer durchschnittlichen Monatsmiete entspreche und damit einer sozialen Steuerpolitik widerspreche. Dies belege ein Vergleich mit den Hebesätzen aller anderen Gemeinden, der durchschnittliche Hebesatz betrage 445 %. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bzw. das Übermaßverbot schlössen neben der Zweck-Mittel-Relation auch das materiale Kriterium der Zumutbarkeit ein. Bei 660 % sei die Zumutbarkeitsgrenze überschritten.

Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil zum Verfahren II 370/74 (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1997, 723) die Auffassung vertreten habe, dass das Übermaßverbot bei Überwälzung der Grundsteuer auf Mieter nicht berührt werde, bäten sie um Überprüfung dieses Standpunktes, der bei einem Grundsteuermessbetrag von 550 % eingenommen worden sei.

Auch das in § 26 Grundsteuergesetz -GrStG- enthaltene Ziel, durch Abstellen auf Höchstbeträge einer Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland zu dienen, laufe ins Leere. Denn Berlin habe bisher einen Höchsthebesatz nicht festgesetzt.

Darüber hinaus bestünden Bedenken unter dem Gesichtspunkt des aus Artikel 14 Absätze 1 und 2 GG entwickelten Prinzips eigentumsschonender Besteuerung, nach dem der Vermögensstamm dem steuerlichen Zugriff entzogen sei. Durch die Konzeption der Grundsteuer als Sollertragsteuer als in Abhängigkeit vom Einheitswert und damit der unterschiedlichen Ertragsfähigkeit der Grundstücke fingierten Sollertrages bleibe der Vermögensstamm - als Substanz - von der Besteuerung zwar unberührt. Gleichwohl gebe es Rückwirkungen auf die Substanz, da die Grundsteuer den am Markt erzielbaren Verkaufspreis beeinflusse.

Auch sei das Äquivalenzprinzip verletzt, da der Erhöhungsschritt nicht in eine plausible Beziehung gesetzt worden sei zur Entwicklung der prinzipiell äquivalenten Leistungen des Grundsteuergläubigers, der Gemeinde. Der Bezug auf den bloßen Finanzbedarf der Gemeinde - der in der Gesetzesbegründung allerdings nicht enthalten sei - entspreche diesem Äquivalenzprinzip nicht, da er eine nachvollziehbare Verknüpfung mit den Leistungen der Gemeinde für das örtliche Grundstückseigentum nicht herstelle. Folge man diesem Argument nicht, bliebe zu prüfen, ob dem nach bestimmten Wirtschaftlichkeitskriterien kalkulierenden Grundstückseigentümer ein Vertrauensschutz dahin zugestanden werden müsse, dass nicht selbst der Finanzbedarf extremer Haushaltsnotlagen auf die Bemessung durchschlage.

Schließlich lasse sich die Hebesatzerhöhung nicht damit rechtfertigen, dass die Einheitswerte hinter den Verkehrswerten zurückblieben. Die Grundsteuer sei nicht als Substitut für zu niedrigere Einheitswerte eingeführt worden. Insoweit gehe die Gesetzesbegründung fehl. Die Rüge der Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes hält der Kläger demgegenüber nicht mehr aufrecht.

Die Klage der Klägerin werde zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Grundsteuerbescheides 2002 vom 5. Juni 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2002 die Grundsteuer 2002 auf 170,72 € festzusetzen.

Der in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweise...

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