Entscheidungsstichwort (Thema)

Finanzamts-Zuständigkeit: Verlegung eines Betriebs aus einem Stadtstaat in ein anderes Bundesland im Hinblick auf die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages als eine Frage der sachlichen Zuständigkeit. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: III R 28/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

Kommt es zu einer Verlegung des Betriebssitzes eines Gewerbebetriebs von einem Bundesland in anderes Bundesland, so tangiert die Anknüpfung des Gewerbesteuermessbetrages an den Betriebssitz nicht allein die örtliche, sondern vielmehr auch die sachliche Zuständigkeit für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags. Ein Übergang der Finanzamts-Zuständigkeit gemäß § 26 AO kommt daher nicht in Betracht (im Streitfall: Verlegung des Betriebssitzes aus einem Stadtstaat in ein Flächenland).

 

Normenkette

AO §§ 16-18, 22 Abs. 1 S. 1, § 26 Abs. 1 S. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b; FVG § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 17 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

Der Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2014 vom 7. Februar 2017, geändert mit Bescheid vom 18. Juni 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2019, wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen des Bescheides über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages 2014 darum, ob dieser durch die zuständige Behörde erlassen wurde. Darüber hinaus ist die Zurechnung von Gewinnen aus [einem Gewerbe mit verschiedenen Tätigkeitsfeldern] streitig. Zudem ist die Höhe der Betriebseinnahmen und -ausgabe des Betriebs / der Betriebe im Streit.

Der Kläger war bis zu seiner Insolvenz … als Einzelunternehmer tätig. Im Jahr … wurde die B… Ltd. (nachfolgend Limited) in das britische Handelsregister eingetragen. Gesellschafter waren …. Dem Kläger wurde Generalvollmacht erteilt. Die Limited betrieb in der C…-Straße, Berlin [ein Gewerbe]. Steuerlich wurde die Limited nicht angemeldet. Im … wurde sie wieder gelöscht. Das Unternehmen wurde nach der Löschung der Limited unverändert fortgeführt. Im … gründeten … die E… GbR (nachfolgend GbR), bei der der Kläger wiederum als Handlungsbevollmächtigter auftrat und die das Unternehmen fortführte. In … erwarb die GbR zudem das Grundstück F…-straße in G… (Grundstück). Am … schloss der Kläger mit … einen Vertrag vor dem Notar H… zur Urkundenrollennummer … (Notarvertrag) zur Regelung der Vermögensnachfolge über den Erwerb der GbR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Notarvertrag Bezug genommen. Infolge des Erwerbs der GbR wurde der Kläger als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Er führte ab … das Unternehmen als Einzelunternehmer weiterhin in Berlin unverändert fort.

Die Veranlagung war zunächst insgesamt durch das Finanzamt I… erfolgt, welches den Kläger zusammen mit seiner damaligen Ehefrau zur Einkommensteuer und alleine zur Umsatz- und Gewerbesteuer veranlagte.

Seit dem 1. Januar 2015 ist der Kläger auf dem Grundstück in G… gemeldet. Zu einem Zuständigkeitswechsel kam es aufgrund der Zusammenveranlagung mit der weiterhin in I… wohnhaften Ehefrau und des Betriebssitzes in Berlin zunächst nicht.

2016 führte das Finanzamt I… beim Kläger eine Außenprüfung u.a. für den Veranlagungszeitraum 2014 durch. Anlass waren zwei vorangegangene Strafverfahren. Im ersten Strafverfahren war der Kläger mittels Strafbefehls u.a. wegen Hinterziehung der Gewerbesteuer für den Zeitraum … als Verantwortlicher der Limited und für … als Einzelunternehmer [des Gewerbes] verurteilt worden. Im zweiten Strafverfahren war der Kläger zunächst durch das Amtsgericht wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen verurteilt worden (Umsatzsteuer und Gewerbesteuer). Im Zuge der Berufung wurde das Verfahren wegen Gewerbesteuerhinterziehung … gemäß § 154 Strafprozessordnung und wegen Umsatzsteuerhinterziehung … wegen Verjährung durch das Landgericht eingestellt. Betreffend die Jahre … und … wurde der Kläger wegen Umsatzsteuerhinterziehung verurteilt. Im Rahmen der Außenprüfung legte der Kläger erstmalig eine für sämtliche Tätigkeiten einheitlich und für das gesamte Jahr 2014 geführte Einnahmenüberschussrechnung vor. Die Außenprüfung wurde mit Bericht vom 9. Dezember 2016 beendet, auf welchen samt dessen Anlagen hinsichtlich der Feststellungen im Einzelnen Bezug genommen wird. Im Wesentlichen kam die Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass Einnahmen aus dem [Gewerbe] dem Kläger für das gesamte Jahr 2014 und auch insoweit zuzurechnen seien, als Zahlungen von Kunden zu …% auf das Honorar [Dritter] entfielen. Ferner seien zahlreiche Betriebsausgaben, insbesondere auch Ausgaben für das Grundstück nicht anzuerkennen.

Mit Bescheid vom 7. Februar 2017 änderte das Finanzamt I… die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags e...

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