vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe – Festsetzung nach KiStG des Landes Mecklenburg-Vorpommern – Verbandsmäßige Zuständigkeit bei Wohnsitzverlagerung während des Einspruchsverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
- Die verbandsmäßige Zuständigkeit der Landesfinanzbehörden für die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe nach dem jeweiligen Landesrecht bleibt auch bei Wohnsitzverlagerung während des Einspruchsverfahrens unverändert bestehen.
- Soweit nach § 21 des KiStG des Landes Mecklenburg-Vorpommern in entsprechender Anwendung der §§ 19 Abs. 1, 26 Satz 1, 367 Abs. 1 Satz 2 AO durch einen Wohnsitzwechsel auch ein Wechsel in der Zuständigkeit für die Entscheidung über einen beim ursprünglichen Wohnsitzfinanzamt eingelegten Einspruch eintritt, kann dies nur für Wohnsitzwechsel innerhalb von Mecklenburg-Vorpommern gelten.
- Der Verstoß gegen die verbandsmäßige Zuständigkeit führt zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung der von einer Finanzbehörde des Zuzugslandes erlassenen Einspruchsentscheidung.
Normenkette
AO §§ 16, 19 Abs. 1, § 26 S. 1, §§ 127, 367 Abs. 1 S. 2; KiStG M-V §§ 4, 10 Abs. 1, § 21; KiStDVO M-V § 1; GG Art. 140
Streitjahr(e)
2014
Tatbestand
Streitig ist die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes in glaubensverschiedener Ehe.
Die Kläger wohnten im Streitjahr 2014 in Z-Stadt. Die Klägerin war im Streitjahr Mitglied der katholischen Kirche, der Kläger gehört keiner Kirche an. Die Kläger wurden im Streitjahr vom Finanzamt Z-Stadt zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Mit Bescheid vom 18.10.2016 setzte das Finanzamt Z-Stadt gegenüber der Klägerin katholische Kirchensteuer in Form des besonderen Kirchgeldes in Höhe von 3.600.- € fest.
Mit Schreiben vom 07.11.2016 legten die Kläger beim Finanzamt Z-Stadt Einspruch gegen die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes ein.
Im Jahr 2017 - im Verlauf des Einspruchsverfahrens - verzogen die Kläger nach Y-Stadt mit der Folge, dass der Beklagte - das Finanzamt X, nunmehr Finanzamt X - als Wohnsitzfinanzamt für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständig wurde (§ 19 Abs. 1 AO).
Mit Einspruchsentscheidung vom 19.04.2018 wies der Beklagte den Einspruch gegen die Kirchgeldfestsetzung als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend: Sie seien vor ihrer Heirat in 1981 jeweils bereits verheiratet gewesen und von ihren damaligen Ehepartnern geschieden worden. Dies führe dazu, dass die katholische Kirche die zivilrechtlich wirksame zweite Ehe kirchenrechtlich nicht anerkenne. Da die Kläger kirchenrechtlich nicht verheiratet seien, dürften sie auch kirchensteuerrechtlich nicht als verheiratet behandelt werden. Hilfsweise sei darauf zu verweisen, dass der Beklagte zu Unrecht davon ausgehe, die Kirchensteuer sei eine besondere Form des Kirchgeldes. Zudem verfüge die Klägerin über eigenes Einkommen, so dass Kirchgeld nicht erhoben werden dürfe. Schließlich beruhten die hohen Einkünfte des Klägers in 2014 auf einem einmaligen Veräußerungsgewinn, der keinen Einfluss auf den Lebensführungsaufwand der Klägerin gehabt habe.
Zum Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 19.09.2018 (Bl. 26 d. A.) haben die Kläger ausgeführt, sie seien mit einer Aufhebung der Einspruchsentscheidung und der Fortführung des Einspruchsverfahrens durch das Finanzamt Z-Stadt einverstanden.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes 2014 vom 18.10.2016 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 19.04.2018 aufzuheben, hilfsweise, die Einspruchsentscheidung vom 19.04.2018 isoliert aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes 2014 gegenüber der - insoweit allein anfechtungsberechtigten - Klägerin sei rechtmäßig. Durch den Umzug der Kläger in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten sei dieser auch für die Entscheidung über den Einspruch gegen die Kirchgeldfestsetzung zuständig geworden.
Das streitige Kirchgeld sei unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorschriften des KiStG M-V dem Grunde und der Höhe nach zutreffend festgesetzt worden. Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH und des BVerfG sei die Erhebung des besonderen Kirchgeldes verfassungsgemäß. Sie verletze weder die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) noch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und ebenso wenig die Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG (Glaubensfreiheit) und Art. 6 GG (Ehe und Familie). Dies gelte auch dann, wenn das Kirchenmitglied über ein eigenes Einkommen verfüge, weil dem besonderen Kirchgeld ein eigenständiger Besteuerungsmaßstab zugrunde liege, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des steuerpflichtigen Kirchenmitglieds unabhängig von seinem Einkommen erfasse.
Die sachliche Zuständigkeit für die Verwaltung der Kirchensteuer bzw. des besonderen Kirchgeldes sei gemäß § 10 Abs. 1 KiStG M-V, § 1 KiStDVO M-V i.V.m. Art. 18...