Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterte Kürzung. Ausschließlichkeit. Veräußerung sämtlicher Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft ist kein Zählobjekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: III R 29/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Gründung von Tochtergesellschaften bzw. der Erwerb von einem Vorratsgesellschaftengründer, die jeweilige Suche nach einem Investitionsobjekt (Mietgrundstück), der Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts und von Finanzierungsverträgen vor Übertragung der Anteile an die Gesellschafter bzw. eine nahestehende Person ist keine händler- bzw. produzententypische Tätigkeit, die der Gewährung der erweiterten Kürzung bei einer vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft entgegensteht.

2. Die Veräußerung sämtlicher Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft (sogenannter Share-Deal) ist nicht für Zwecke der Rechtsfigur der Drei-Objekt-Grenze als Zählvorgang zu bewerten.

 

Normenkette

GewStG § 9 Nr. 1 S. 2, § 2 Abs. 1 S. 1; EStG § 15 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

Der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2016 vom 29. März 2018, geändert am 11. Juni 2018 und am 10. Mai 2021 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. Oktober 2021, wird dahingehend geändert, dass statt der einfachen Kürzung (… EUR) die erweiterte Kürzung i.H.v.… EUR in Ansatz kommt.

Die Revision wird zugelassen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die erweiterte Kürzung des Erhebungszeitraums 2016.

Die Klägerin wurde im Jahr 2014 gegründet. Zunächst firmierte sie als B… GmbH. Seit dem 13. März 2015 firmiert sie unter der im Rubrum angegebenen Bezeichnung. Gesellschafterinnen der Klägerin sind zu jeweils 50 % die C… GmbH und zu 50 % die D… GmbH. Eingetragener Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung eigenen Vermögens, der Erwerb von Immobilien, sowie die Übernahme von Beteiligungen an anderen Unternehmen. Sie verfügt – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – über kein eigenes Personal. Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren von Gründung an und im Streitjahr Herr E… sowie Herr F….

Die Klägerin hat mit notariellem Vertrag vom 07.07.2016 das Grundstück J…-straße für … Mio. EUR veräußert. Zwischen den Jahren 2014 bis einschließlich 2018 hat die Klägerin nach eigenen Angaben ca. 40 Kapitalgesellschaften gegründet und diese nach deren investiven Erfordernissen mit Eigenmitteln ausgestattet.

Mit Bescheid vom 29. März 2018 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag zunächst nach geschätzten Besteuerungsgrundlagen auf … EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung –AO–) fest. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und begehrte die Berücksichtigung der erweiterten Kürzung in Höhe von … EUR. Mit geändertem Bescheid vom 11. Juni 2018 folgte der Beklagte zwar dem nun erklärten Gewinn aus Gewerbebetrieb (… EUR), versagte aber die begehrte erweiterte Kürzung. Entsprechend setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag auf … EUR fest. Zudem ordnete der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung an.

Die Außenprüferin vertrat die Auffassung, dass die Klägerin planmäßig Tochtergesellschaften gegründet und veräußert habe. Dies betreffe insbesondere die folgenden Gesellschaften:

GmbH

Gründung/Erwerb

Veräußerung

Erwerber

K… Grundbesitz

08.09.2014

13.03.2015

80 % an C… GmbH; 20 % an D… GmbH

L… Grundbesitz

11.11.2014

13.03.2015

80 % an C… GmbH; 20 % an D… GmbH

M… Grundbesitz

08.01.2015

13.03.2015

80 % an C… GmbH; 20 % an D… GmbH

N… Grundbesitz

03.06.2015

19.04.2016

80 % an C… GmbH; 20 % an D… GmbH

O…

15.12.2015

24.11.2017

50 % C… GmbH; 50 % S…

P…

04.03.2016

24.11.2017

50 % C… GmbH; 50 % S…

Q… Grundbesitz

10.01.2017

24.11.2017

50 % C… GmbH; 50 % S…

R… Grundbesitz

10.01.2017

22.05.2017

80 % an C… GmbH; 20 % an D… GmbH

S… Grundbesitz

17.11.2017

12.02.2018

80 % an C… GmbH; 20 % an D… GmbH

Bei der Erwerberin „S…” handelte es sich um die S… GmbH, deren Geschäftsführer Herr E… und Herr T… waren. Alleinige Gesellschafterin der S… war im Streitjahr die U… GmbH, die durch Mitglieder der Familie E… gehalten wurde. Seit dem 14. November 2017 waren zu 50 % jeweils die D… GmbH und Herr T… Gesellschafter der S….

Die Außenprüfung war ferner der Auffassung, dass die gegründeten Gesellschaften planmäßig Grundstückskaufverträge geschlossen hätten und vor Nutzen- und Lastenwechsel bzw. zeitgleich die Anteile übertragen worden seien. Dies betreffe:

GmbH

Kaufvertrag

Anteilsveräuß.

Nutzen-Lasten-W.

L… Grundbesitz

16.12.2014

13.03.2015

01.05.2015

N… Grundbesitz

18.08.2015

19.04.2016

12.05.2016

O…

08.06.2017

24.11.2017

P…

09.08.2017

24.11.2017

Q… Grundbesitz

09.08.2017

24.11.2017

2018?

R… Grundbesitz

11.05.2017

22.05.2017

...

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