Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an Rechnung im Sinne des § 14c Abs. 1 UStG bei Wechsel des Eigentums an einer vom bisherigen Eigentümer teilweise unberechtigt unter Umsatzsteuerausweis vermieteten Immobilie. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: V R 16/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Dauerschuldverhältnissen kann sich eine Rechnung auch aus verschiedenen Elementen zusammensetzen (Miet- oder Pachtvertrag und monatliche Kontoauszüge oder andere Zahlungsbelege), wobei sich ein Teil der Rechnungsbestandteile wie Leistungsgegenstand, leistender Unternehmer und Leistungsempfänger und – bis auf weiteres – monatliches Entgelt, Steuerbetrag und Steuersatz aus dem Vertrag ergeben und der konkrete Leistungszeitraum aus dem jeweiligen Kontoauszug ersichtlich ist.

2. Eine Rechnung im Sinne von § 14c UStG ist ein Dokument, das wegen des Ausweises der Umsatzsteuer abstrakt die Gefahr begründet, vom Empfänger oder einem Dritten zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs gebraucht zu werden. Dabei muss es sich nicht um eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG handeln, die alle Ordnungsmerkmale des § 14 Abs. 4 UStG erfüllt. Ausreichend ist, dass das Dokument den Eindruck erwecken kann, eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG zu sein. Danach reicht es aus, wenn das Dokument den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ausweist. Es gilt insoweit dasselbe wie für eine Rechnung gemäß § 14 UStG.

3. Erwirbt der Unternehmer eine vom bisherigen Eigentümer teilweise unberechtigt unter Umsatzsteuerausweis vermietete Immobilie, ist den betroffenen Mietern durch den Erwerber oder in ihm zuzurechnender Weise mitgeteilt worden, dass nach dem Übergang des Eigentums am Grundstück nunmehr der neue Eigentümer der Vermieter ist, und gehen die Mieten nunmehr auf dem Bankkonto des Erwerbers ein, so muss der neue Eigentümer sich die nicht von ihm selbst abgeschlossenen, unberechtigt Umsatzsteuer ausweisenden Mietverträge zusammen mit den weiteren Unterlagen (z. B. seinen Kontoauszügen) in der Weise zurechnen lassen, dass ihm zuzurechnende Rechnungen vorliegen, die ihn als Leistenden bezeichnen und die er im Sinne von § 14c Abs. 1 UStG ausgestellt hat.

4. Durch die von den Mietern vorgenommene Bezeichnung des neuen Eigentümers als Zahlungsempfänger in seinem Einverständnis stellt der jeweilige Zahlungsbeleg gleichzeitig eine Änderung der Bezeichnung des Leistenden aus dem Mietvertrag und eine Änderung des Rechnungsausstellers dar. Denn die Mieter haben – wie bei einer Gutschrift – im Einverständnis mit dem neuen Eigentümer den auf diesen jeweils lautenden Zahlungsbeleg erzeugt und so konkludent auch den jeweiligen Mietvertrag insoweit geändert, dass der neue Erwerber nunmehr bezeichnet ist.

 

Normenkette

UStG § 14c Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 4, § 9 Abs. 1, 2 S. 1, § 4 Nr. 12 Buchst. a; MwStSystRL Art. 218; BGB § 566 Abs. 1, § 578 Abs. 1-2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin wegen eines unberechtigten Ausweises von Umsatzsteuer diese gemäß § 14c Umsatzsteuergesetz –UStG– deshalb schuldet, weil die Klägerin mit dem Eigentumserwerb an einem Haus gemäß § 566 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB– die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis übernommen hat.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung –GmbH–. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 09.05.1990 gegründet und ist im Handelsregister des Amtsgerichts C… unter HRB … eingetragen.

Seit dem 01.01.2014 bestand zwischen ihr als Organgesellschaft und der B… GmbH als Organträgerin eine umsatzsteuerliche Organschaft.

Im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens erwarb die Klägerin durch Beschluss des Amtsgerichts D… vom 26.03.2013 (Aktenzeichen 17 K 49/2006) das Grundstück E…-straße, F…-straße in G…. Dieses war mit einem mehrstöckigen Bürogebäude sowie einer Tiefgarage bebaut (Bild – Exposé im Arbeitsbogen vor Trennblatt 1). Sowohl das Gebäude als auch die Tiefgarage waren größtenteils vermietet. Unter den Mietverträgen befanden sich ein am 23.03.2007 abgeschlossener Mietvertrag mit den H… Fachkliniken und ein am 07.06.2012 abgeschlossener Mietvertrag über Physiopraxisräume (I…). In diesen vom Voreigentümer abgeschlossenen Mietverträgen waren jeweils eine Nettokaltmiete und sonstige Vorschüsse ausgewiesen. Es findet sich der Zusatz „zzgl. 19 % Mehrwertsteuer” und ein ausgewiesener entsprechender Betrag. In der Folgezeit schloss die Klägerin (nach Mieterwechseln) auch selbst Mietverträge. Darunter befand sich ein Vertrag vom 10.09.2013 über Physiopraxisräume (I…), in denen ausgewiesen ist „+ 19 %” ohne weiteren Text sowie ein entsprechender Betrag. Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Mietverträge verwiesen (Arbeitsbogen, vor Trennblatt 1).

Die Klägerin verbuchte die im Streitjahr vereinnahmten Mieten für dieses Objekt in Höhe von 5...

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