rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Stromsteuer. Befreiung von zur Stromerzeugung entnommenem Strom. Einbeziehung von Verbrauch in Neben- und Hilfseinrichtungen wie Transformations- und Umspannanlagen. keine Einbeziehung von in Überwachungs- und Sicherheitstechnik verbrauchtem Strom

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In die Begünstigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StomStG (sog. Herstellerprivileg) sind Neben- und Hilfseinrichtungen mit einzubeziehen, ohne die eine Stromerzeugungsanlage nicht betrieben werden kann. Nicht der Stromerzeugung dienen Anlagen, die bei isolierter Betrachtung des Anlagenbetriebs nicht erforderlich sind, um die Stromerzeugung aufrechtzuerhalten.

2. Ist die Produktion darauf ausgerichtet, als Endprodukt Wechselstrom zur Einspeisung in das öffentliche Netz zu erzeugen, so erfasst die Steuerbefreiung sämtliche Strommengen, die in Neben- und Hilfsanlagen zur Erzeugung des Wechselstroms eingesetzt werden.

3. Auch der Strom, der in Transformations- bzw. Umspannlagen für die Transformation des erzeugten Niederspannungs-Wechselstroms auf die für das öffentliche Energieversorgungsnetz erforderliche Mittel- bzw. Hochspannung verwendet wird, wird zur Stromerzeugung entnommen und ist daher gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerbefreit.

4. Strom, gleich welcher Art (Gleichstrom, Wechselstrom), welcher Spannung und welcher sonstigen physikalischen Merkmale, ist prinzipiell der in § 1 Abs. 1 S. 1 StromStG genannten Position 2716 KN zugehörig. Der Vorgang der Transformation von Niederspannungsstrom zunächst in Mittelspannungsstrom und nachfolgend in Hochspannungsstrom ist daher entsprechend auch nicht als Verbrauch i. S. d. Stromsteuerrechts zu werten.

5. Überwachungs- und Sicherheitstechnik kann auch im weiten Sinn nicht als Bestandteil der Stromerzeugung verstanden werden.

 

Normenkette

StromStV §§ 12a, 12 Abs. 1 Nr. 1; StromStG § 1 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2; KN Pos. 2716

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.04.2019; Aktenzeichen VII R 10/18)

 

Tenor

Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 26.01.2015 in Gestalt des Bescheids vom 21.04.2016 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2016 verpflichtet, der Klägerin Stromsteuerentlastung nach § 12a StromStV für das Jahr 2013 für weitere 56,892 MWh zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in der Form eines Solarparks eine Photovoltaikanlage, welche als Versorger Strom in das öffentliche Netz einspeist. Der Solarpark hat eine maximale DC-Gesamtleistung (DC = direct current = Gleichstrom) von 18.871,68 Kilowatt peak –kWp–. Er ist an das Hochspannungsnetz des lokalen Verteilernetzbetreibers – B… GmbH – angeschlossen. Die im Solarpark erzeugte Energie muss mit einer AC-Spannung (Wechselstrom) von 110 Kilovolt –kV– eingespeist werden. Die erzeugte Solarmodulstrang DC-Spannung (ca. 1.000 V DC = Gleichstrom) wird daher zunächst mit Hilfe von Wechselrichtern ausgangsseitig in ca. 360 V AC (= Wechselstrom) umgewandelt. Direkt am Wechselrichter wird diese Spannung mit einem Mittelspannungstrafo auf eine Mittelspannung von 20 kV umgewandelt und dann zentral im Umspannwerk E…, das im Eigentum der Klägerin steht und in dem nach ihren Angaben ausschließlich der Strom aus dem eigenen Solarpark umgespannt wird, noch einmal mit einem Hochspannungstransformator auf 110 kV umgewandelt. Da das Umspannwerk außerhalb des Parks liegt, wird die Mittelspannung über eine Strecke von ca. 9 km außerhalb des Parks in der Verantwortung der Klägerin bis zum Umspannwerk und zum Übergabepunkt unterirdisch geführt.

Mit Entlastungsanmeldung vom 20.11.2014 beantragte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die C… GmbH & Co. KG, eine Steuerentlastung für Strom zur Stromerzeugung gemäß § 12a der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes –StromStV– für den Zeitraum 01.01.2013 bis 20.10.2013 in Höhe von 1.348,78 EUR. Zur Erläuterung der wirtschaftlichen Tätigkeit führte sie aus, Zweck der Stromerzeugung sei die Einspeisung ins öffentliche Energieversorgungsnetz. Der in Photovoltaik-Modulen erzeugte Gleichstrom müsse zur Einspeisung in das öffentliche Stromnetz zunächst in Wechselspannung umgewandelt werden. Bei diesem DC-AC-Umwandlungsprozess würden die Wechselrichter, z.B. für Kühlung, auch Strom verbrauchen. Weiterer Stromverbraucher in dem Solarpark seien Transformations- und Umspannanlagen, bei denen der Niederspannungs-Wechselstrom auf die für das öffentliche Netz erforderliche Hochspannung transformiert werde. Außer den für die Stromerzeugung und den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage notwendigen Stromverbrauchern (wie z.B. Kühlsysteme für den Wechselrichter...

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