rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung und Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen. Geltung der Verwendungsbeschränkung des § 13 StraBEG auch bei unwirksamer Erklärung ernstlich zweifelhaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Schätzung nicht erklärter Einkünfte aus Kapitalvermögen besteht regelmäßig eine Vermutung dafür, dass ein von der Finanzbehörde auf einen bestimmten Stichtag ermitteltes Vermögen auch schon zu den vorherigen Stichtagen vorhanden gewesen ist. Davon abzuziehen sind mögliche Ersparnisse aus den laufenden Einkünften und die Zinsen auf den Kapitalstamm.

2. An der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen in den Veranlagungszeiträumen ab 1994 bestehen keine ernstlichen Zweifel.

3. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Verwendungsbeschränkung des § 13 StraBEG von der Wirksamkeit der strafbefreienden Erklärung abhängig oder die Beschränkung umfassend ist, also auch bei einer nicht wirksam gewordenen Erklärung gilt.

 

Normenkette

StraBEG § 13; AO § 90 Abs. 2, § 162 Abs. 2; EStG 1990 § 20; EStG 1997 § 20; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 3

 

Tenor

Die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für 1995 bis 1998 vom 16. November 2005 wird bezüglich der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlages bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung über den Einspruch vom 30. November 2005 in Höhe der Beträge aufgehoben, für die der Antragsgegner keine zinslose Stundung gewährt hat; im Übrigen wird die Vollziehung dieser Bescheide bezüglich der Zinsen gemäß § 233 a AbgabenordnungAO – bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung über den Einspruch vom 30. November 2005 ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Folgerungen aus der Abgabe von strafbefreienden Erklärungen des Antragstellers.

Der Antragsteller ist Alleinerbe des am … 2001 verstorbenen Professor Dr. S.. Der Erblasser unterhielt Konten bei Banken in den USA. Dabei wurden Anlagen bei der A-Bank (Depot über 11,635 Mio. US-$ Kurswert) und bei der B-Bank (Konto mit Guthaben in Höhe von 5.400 US-$) bekannt.

Der Antragsteller gab am 3. März 2005 eine Erklärung nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz – StraBEG – ab. Er bezifferte die zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen mit 1.124.186,00 EUR und errechnete eine Abgabe in Höhe von 393.465,00 EUR. Wegen der Berechnung wird auf die Anlage „Schätzungsgrundlagen und Schätzung der erklärten Einnahmen …” (Bl. 22 Gerichtsakte) Bezug genommen. Für die vom Antragsteller geschätzten Einnahmen berechnete er sowohl Einkommensteuer als auch Gewerbesteuer, da die Guthaben als Sonderbetriebsvermögen anzusehen seien.

Der Antragsgegner versagte in dem Ablehnungsbescheid vom 30. März 2005 die Anerkennung der Erklärung des Antragstellers als strafbefreiend. Er bezog sich auf die Regelung des § 7 Satz 1 Nr. 1 a StraBEG und verwies darauf, dass bereits am 6. Mai 2004 ein Fahndungsprüfer bei dem Antragsteller erschienen sei.

Den dagegen eingelegten Einspruch begründete der Antragsteller damit, es sei keineswegs vor Abgabe seiner strafbefreienden Erklärung ein Amtsträger zur steuerlichen Prüfung erschienen. Das Treffen am 6. Mai 2004 habe lediglich informellen Charakter gehabt. Der dabei seitens der Finanzbehörde geäußerte Wunsch nach der Vorlage von Unterlagen aus den USA sei ein schlichtes Auskunftsersuchen bzw. eine Vorfeldermittlung gewesen. Zudem sei die Prüfung nicht auf die in der Erklärung aufgeführten Steuerarten und Veranlagungszeiträume bezogen.

Dieser Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung des Antragsgegners vom 20. Dezember 2005 als unbegründet zurückgewiesen.

In der Begründung führte der Antragsgegner aus, es habe sich bei dem Vorgehen der Steuerfahndungsstelle zweifelsfrei um sonstige und als solche erkennbare Ermittlungsmaßnahmen gehandelt. Diese hätten auch nicht nur die Erbschaftsteuer betroffen. Der Ermittlungswille, das Auslandsvermögen des Erblassers aufzuklären, sei gegeben gewesen. Insoweit sei auch die Aufforderung, Unterlagen über die Geldanlagen in den USA „ab Kontoeröffnung, zumindest ab 1996” vorzulegen, nicht zu beanstanden. Aus dem Schreiben des steuerlichen Beraters vom 22. Dezember 2004 werde deutlich, dass auch dem Antragsteller dieser Ermittlungswille der Behörde bekannt gewesen sei. Die Erklärung sei auch der Höhe nach unzutreffend. Die vom Antragsteller vorgenommene Schätzung sei willkürlich. Letztlich blieben bei der vom Antragsteller gewählten Methode 9.763.201,20 US-$ steuerfrei. Es sei wahrscheinlicher, dass das nacherklärte Vermögen größtenteils vor 1993 erwirtschaftet worden sei. Der Antragsgegner berechnete auf dieser Basis die erzielten Zinsen für die Jahre 1993 bis 1998 mit 2.445.449,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berechnung in der Einspruchsentscheidung Bezug genommen. Die Werte dieser Berechnung hatte der Antragsgegner bereits in die geänderten Ei...

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