rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine ernstlichen Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Vollstreckung von Rundfunkgebühren durch ein Finanzamt bei lediglich behauptetem und nicht näher dargelegtem Nichterhalt mehrerer Rundfunkgebührenbescheide. Rundfunkgebühren nicht verfassungswidrig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vollstreckt die Vollstreckungsstelle eines Finanzamts Rundfunkgebühren für einen Rundfunksender, erlässt sie hierzu eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung hinsichtlich der Einkommensteuererstattungsansprüche des Gebührenschuldners gegenüber der zuständigen Veranlagungsstelle im eigenen Finanzamt und wird die gepfändete Forderung nach Durchführung der Einkommensteuerveranlagung eingezogen, ist der Pfandgegenstand mithin verwertet und die Vollstreckung beendet, so werden eingelegte Rechtsbehelfe (hier: Antrag auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung) unzulässig, weil sich die Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit ihrer Verwirklichung erledigt hat.

2. Es bestehen keine ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung, wenn der Gebührenschuldner zwar den Erhalt mehrerer Rundfunkgebühren-Bescheide des Rundfunksenders bestreitet, wenn jedoch weitere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der Adressat den Bescheid doch erhalten hat (Anschluss an OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 26.11.2014, OVG 10 N 27.12; gegen FG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 1.9.2015, 7 V 7177/15). Der Ausnahmefall, dass nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO „im Zweifel” die Behörde den Zugang und Zeitpunkt des Zugangs eines Verwaltungsakts nachweisen muss, ist nicht in allen Fällen bereits „automatisch” durch die bloße Behauptung des Adressaten gegeben, maßgebliche Verwaltungsakte nicht erhalten zu haben. Behauptet der Adressat den Nichtzugang nicht nur eines einzelnen, sondern gleich einer größeren Zahl von Bescheiden, muss er vielmehr Umstände darlegen, die einen atypischen Geschehensablauf denkbar erscheinen lassen.

3. Das einfache Bestreiten, auch nur einen einzigen Leistungsbescheid des Rundfunksenders erhalten zu haben, ist umso unglaubhafter, wenn es dem Schuldner nach seinem gesamten Verhalten ganz offenkundig darum geht, sich hartnäckig der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Zahlung des Rundfunkbeitrags zu entziehen. Diese Verpflichtung ist, wie das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, rechtmäßig; sie verstößt insbesondere nicht gegen grundrechtliche Bestimmungen (vgl. BVerwG, Urteil v. 18.3.2016, 6 C 6/15)

 

Normenkette

VwVG § 3a Abs. 2 Buchst. a; VwVfG Bln § 5a S. 1; VwVfG Bln § 5; VwVfG Bln § 8 Abs. 1 S. 1; AO § 250 Abs. 1 S. 2, §§ 309, 314, 122 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsweise Beitreibung von Rundfunkbeiträgen durch den Antragsgegner.

Der Rundfunk B… richtete am 11. Mai 2016 ein Vollstreckungsersuchen an den Antragsgegner. Nach Angabe des Antragsgegners enthielt das Ersuchen eine Aufstellung der vom B… an die Antragstellerin gerichteten Bescheide und Mahnschreiben, geordnet nach Datum sowie unter Angabe von Beitrags- und Nebenforderungen. Danach befand sich die Antragstellerin mit Rundfunkbeiträgen für die Monate Januar 2013 bis März 2015 im Rückstand (532,83 EUR). Außerdem bescheinigte der B… in dem Vollstreckungsersuchen die Vollstreckbarkeit der Forderungen.

Der Antragsgegner forderte die Antragstellerin daraufhin mit Schreiben vom 13. Mai 2016 auf, den ihm gemeldeten rückständigen Betrag innerhalb von zehn Tagen zu bezahlen; anderenfalls müsse sie mit kostenpflichtigen Vollstreckungsmaßnahmen rechnen. Die Antragstellerin antwortete mit Schreiben vom 26. Mai 2016, legte „Dienstaufsichtsbeschwerde” ein und gab an, ihr seien keine Festsetzungsbescheide über Rundfunkgebühren bekanntgegeben worden. Der Antragsgegner reagierte mit Schreiben vom 3. Juni 2016 und teilte mit, eine schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten durch die beauftragten Mitarbeiter sei nicht erkennbar. Die Vollstreckung richte sich gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO). Grundlage für die Durchführung des Vollstreckungsersuchens sei die Erklärung der ersuchenden Stelle, dass der Anspruch vollstreckbar sei. Gemäß Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. Oktober 2014 (VG 27 K 211.12) reiche das reine Bestreiten eines unterbliebenen Zugangs von Bescheiden bzw. Mahnungen regelmäßig nicht aus; grundsätzlich sei ein substantiierter Vortrag im Einzelfall erforderlich. Nach den vom B… übermittelten Informationen gehe er, der Antragsgegner, weiterhin von einer Bekanntgabe der Leistungsbescheide aus.

Die Antragstellerin stellte daraufhin beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) am 10. Juni 2016 einen „Antrag auf einstweilige Anordnung/Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung” gegen den Antrag...

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