rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sog. Richtsatzprüfungen sind nicht durch § 193 ff. AO gedeckt

 

Leitsatz (redaktionell)

Da Richtsatzprüfungen vom Zweck der Vorschriften der §§ 193 ff. Abgabenordnung nicht gedeckt sind, dürfen sie nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen durchgeführt werden.

 

Normenkette

AO § 193 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2-3

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung gemäß § 193 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -.

Der Antragsteller ist Augenoptikermeister und betreibt seit 1996 als Inhaber der Firma ... ein Augenoptikergeschäft in ..., das nach den in § 3 Betriebsprüfungsordnung - BpO 2000 - vorgesehene Größenklassen als Kleinbetrieb eingestuft ist.

Nachdem der Antragsteller auf Anforderung des Antragsgegners am 18. September 2001 die Einkommen-, Gewerbe- sowie eine nicht zustimmungsbedürftige Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 eingereicht hatte, setzte der Antragsgegner am 4. Oktober 2001 die Einkommen- und Gewerbesteuer 2000 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO fest. Den Bearbeitungsvermerken der Veranlagungsstelle auf der Einkommen- und Gewerbesteuererklärung zufolge wurden die Vorbehalte der Nachprüfung auf Veranlassung der Betriebsprüfungsstelle wegen einer „Richtsatzprüfung“ aufgenommen.

Am 10. Oktober 2001 ordnete der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller unter Hinweis auf §§ 193 Abs. 1, 194 AO eine die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer für das Jahr 2000 betreffende Außenprüfung an, die am 19. November 2001 beginnen sollte.

Über den hiergegen am 24. Oktober 2001 eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner bislang nicht entschieden, den zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wies er mit Bescheid vom 5. November 2001 zurück. Mit der Außenprüfung hat der Antragsgegner bisher nicht begonnen.

Im gerichtlichen Aussetzungsverfahren gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO - trägt der Antragsteller u. a. vor: Eine Außenprüfung bei dem Antragsteller sei grundsätzlich zwar zulässig. Im Rahmen seines Auswahlermessens habe der Antragsgegner jedoch Ermessensgrenzen und insbesondere das Willkür- und Schikaneverbot zu beachten. Mangels näherer Begründung der Prüfungsanordnung sei der Antragsteller nicht in der Lage, dies zu überprüfen. Sofern die Auswahl nicht nach dem Zufallsprinzip erfolgt sei, fehle der Prüfungsanordnung die notwendige Begründung. Gegen eine Auswahl nach dem Zufallsprinzip spreche, dass die Steuererklärungen 2000 vorzeitig angefordert worden seien und die Prüfungsanordnung für das Jahr 2000 unmittelbar nach Erlass der Steuerbescheide ergangen sei. Dieser Ablauf sei derart ungewöhnlich, dass ein anderes Auswahlkriterium als das Zufallsprinzip vermutet werde. Sollte die Prüfung hauptsächlich der Ermittlung von Daten für den Antragsgegner dienen, sei von einem Ermessensfehlgebrauch auszugehen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der Prüfungsanordnung vom 10. Oktober 2001 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er trägt im Wesentlichen vor: Eine Außenprüfung sei gemäß § 193 Abs. 1 AO bei Steuerpflichtigen zulässig, die - wie der Antragsteller - einen gewerblichen Betrieb unterhalten würden. Ob die Finanzbehörde von dieser Möglichkeit Gebrauch mache, stehe in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Die Befugnis zur Durchführung einer Außenprüfung und die Begründung der Prüfungsanordnung folge unmittelbar aus dem Gesetzestext des § 193 Abs. 1 AO. Einer weiteren Begründung bedürfe es nicht. Die Prüfung diene u. a. dazu, Werte für die Richtsatzsammlung zu ermitteln. Die Ermittlung von Richtsätzen für die Optikerbranche erfolge im Rahmen der Richtsatzermittlung 2001 auf Weisung der Oberfinanzdirektion Berlin und sei bis zum 10. Februar 2002 abzuschließen. Dieses Vorgehen sei durch § 37 Abs. 1 BpO gedeckt. Die Ermittlung von Richtsätzen sei nicht Prüfungsanlass, sondern soll entsprechend § 37 BpO nach dem Ergebnis der angeordneten Außenprüfung erfolgen. Im Übrigen sei auf Grund der Verschiebung des Beginns der Außenprüfung davon auszugehen, dass die bei der Außenprüfung gegebenenfalls ermittelten Daten keinen Eingang in die Richtsatzermittlung 2001 finden werden.

Zudem habe eine Aktendurchsicht ergeben, dass es sich bei dem Betrieb des Antragstellers um einen gemischten Betrieb (Augenoptik sowie Handel mit Fotoapparaten und Fotobedarf) handle und es klärungsbedürftige Bilanz- und GuV-Positionen gebe, die nur im Rahmen einer Außenprüfung zu klären seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte verwiesen.

Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung je ein Band Einkommensteuer-, Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer-, Bilanz- und Betriebsprüfungsakten zur Steuernummer ... vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Der zulässige Antrag ist begründet.

Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 FGO kann das Gericht die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag ...

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