rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung wegen Betriebsübernahme auch bei zeitnaher Weiterveräußerung des Unternehmens. Haftung für Umsatz- und Lohnsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Erwirbt eine Bank von einem überschuldeten und zahlungsunfähigen Steuerschuldner die zur jederzeitigen Unternehmensfortführung befähigenden, gesamten sachlichen Grundlagen einer Einzelfirma, haftet sie auch dann nach § 75 AO 1977, wenn sie das Unternehmen selbst nicht fortführt, sondern wenige Monate später weiterveräußert.

 

Normenkette

AO 1977 § 75 Abs. 1 S. 1, § 191 Abs. 1; BGB § 419

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine Haftung wegen Betriebsübernahme vorliegen.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der durch Verschmelzung erloschenen Durch notariellen Kaufvertrag vom 18. Dezember 1997 erwarb die von das Gaststättengrundstück sowie von dessen Ehefrau die gesamte Gaststätteneinrichtung zum einheitlichen Preis von 700.000 DM zahlbar zum 31. Januar 1998. Die Auflassung wurde mit dem Kaufvertrag erklärt. Mit Zahlung des Kaufpreises Ende Januar 1998 wurde der Besitz an den veräußerten Gegenständen übertragen. Der Grundstückseigentümer hatte die Gaststätte an seine Ehefrau vermietet, die in den Räumen die „” betrieb. hatte die Gaststätte am 1. Januar 1994 von ihrem Schwager übernommen. Sie ermittelte aus dem Betrieb folgende Einkünfte:

1994

53.551 DM

1995

48.962 DM

1996

27.657 DM

In den Gewinnermittlungen wies sie folgendes Anlagevermögen aus:

31.12.1994

7.480,69 DM

31.12.1995

45.644,52 DM

31.12.1996

76.084,00 DM

Für die Jahre 1997 und 1998 reichte sie beim beklagten FA keine Einkünfteermittlungen mehr ein.

Durch weiteren notariellen Vertrag vom 16. Februar 1998 verkaufte die Klägerin das Grundstück einschließlich Zubehör und Gaststätteneinrichtung zum Preis von 740.000 DM an. Die verpflichtete sich, das Grundstück bis zur Kaufpreiszahlung zu räumen und leistete Gewähr dafür, dass keine Mietverhältnisse gegen den Erwerber geltend gemacht werden. Im notariellen Änderungsvertrag vom 2. September 1998 wurde der Kaufpreis um 80.000 DM auf 660.000 DM vermindert. In der bei der Gemeinde reichten Gewerbe-Abmeldung erklärte die Aufgabe des Gaststättenbetriebs zum 8. März 1998.

Nach Anhörung nahm das beklagte Finanzamt (FA) die mit Haftungsbescheid vom 3. September 1998 als Betriebsübernehmerin gemäß § 75 Abgabenordnung (AO) für Steuerschulden der Einzelunternehmerin in Anspruch, und zwar in folgender Höhe:

Lohnsteuer 4. Quartal 1997

400,00 DM

Lohnsteuer 1. Quartal 1998

670,00 DM

Säumniszuschläge zu 4. Quartal 1997

20,00 DM

Säumniszuschläge zu 1. Quartal 1998

12,00 DM

Umsatzsteuer Juli 1997

2.171,00 DM

Umsatzsteuer August 1997

3.830,00 DM

Umsatzsteuer September 1997

2.111,00 DM

Umsatzsteuer Oktober 1997

2.296,00 DM

Umsatzsteuer November 1997

2.228,00 DM

Umsatzsteuer Dezember 1997

715,00 DM

Verspätungszuschlag zu USt Juli 1997

160,00 DM

Verspätungszuschlag zu USt August 1997

250,00 DM

Verspätungszuschlag zu USt September 1997

150,00 DM

Verspätungszuschlag zu USt Oktober 1997

200,00 DM

Verspätungszuschlag zu November 1997

210,00 DM

Verspätungszuschlag zu Dezember 1997

70,00 DM

Sondervorauszahlung zur Umsatzsteuer 1998

1.840,00 DM

Umsatzsteuer Januar 1998

325,00 DM

Umsatzsteuer Februar 1998

2.429,00 DM

Umsatzsteuer März 1998

2.831,00 DM

Verspätungszuschlag zur Sondervorauszahlung USt 1998

170,00 DM

Verspätungszuschlag zu USt Januar 1998

30,00 DM

Verspätungszuschlag zu USt Februar 1998

55,00 DM

Verspätungszuschlag zu USt März 1998

95,00 DM

Säumniszuschläge zu USt Juli 1997

253,00 DM

Säumniszuschläge zu USt August 1997

342,00 DM

Säumniszuschläge zu USt September 1997

147,00 DM

Säumniszuschläge zu USt Oktober 1997

154,00 DM

Säumniszuschläge zu USt November 1997

132,00 DM

Säumniszuschläge zu USt Dezember 1997

28,00 DM

Säumniszuschläge zur Sondervorauszahlung USt 1998

72,00 DM

Säumniszuschläge zu USt Januar 1998

6,00 DM

Säumniszuschläge zu USt Februar 1998

48,00 DM

Säumniszuschläge zu USt März 1998

56,00 DM

Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer 4. Quartal 1997

30,00 DM

Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer 1. Quartal 1998

36,00 DM

Ev. Kirchenlohnsteuer 4. Quartal 1997

16,00 DM

Ev. Kirchenlohnsteuer 1. Quartal 1998

27,00 DM

Rk. Kirchenlohnsteuer 4. Quartal 1997

16,00 DM

Rk. Kirchenlohnsteuer 1. Quartal 1998

27,00 DM

Gesamt

24.658,00 DM

Für die Haftung nach § 75 AO sei es unerheblich, ob der Erwerber das Unternehmen selbst fortführe, verpachte oder veräußere. Erforderlich sei nur der Erwerb aller wesentlichen Betriebsgrundlagen, so dass eine Fortsetzung des lebenden Betriebs und die Ausnutzung dessen wirtschaftlicher Kraft ermöglicht würden. Wegen Übernahme des gesamten Aktivvermögens sei auch eine auf den Bestand des übernommenen Vermögens beschränkte Haftung gemäß § 419 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegeben. Die Vollstreckung in das Vermögen der sei aussichtslos.

Mit dem am 15. September 1998 eingelegten Einspruch machte diee...

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