Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnsitz im Inland bei Einräumung eines schuldrechtlichen Wohnrechts. Besteuerung von Zinseinnahmen nach DBA-England und DBA-Südafrika. steuerliche Zurechnung von Vermögen bei Zugewinnausgleich. keine steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus Anleihen. Besteuerung von Einnahmen bei Einstellung des Strafverfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Einräumung eines schuldrechtlichen Wohnrechts lässt darauf schließen, dass ein Wohnsitz i. S. d. § 8 AO vorliegt, so dass der Inhaber der Wohnung im Inland unbeschränkt steuerpflichtig ist.

2. Bei einem inländischen Wohnsitz sind Zinseinnahmen sowohl nach dem DBA-England als auch nach dem DBA-Südafrika im Inland zu versteuern.

3. Schließt der Steuerpflichtige in einem Scheidungsverfahren hinsichtlich des Zugewinnsausgleichs einen Vergleich ab, lässt dies darauf schließen, dass er das bei dem Vergleich berücksichtigte Vermögen nicht als Treuhänder verwaltet hat.

4. Verluste aus einer Anleihe wegen der Bonitätsverschlechterung der Anleiheschuldnerin sind als private Vermögensverluste steuerlich nicht zu berücksichtigen.

5. Die Einstellung des Strafverfahrens wegen Betrugs nach § 153a StPO führt nicht dazu, dass die hieraus erzielten Einnahmen steuerlich erfasst werden dürfen.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 7; AO §§ 8, 169 Abs. 2 S. 2, § 171 Abs. 5; DBA-England 2010 Art. VI, Art. VII Abs. 1, Art. II h; DBA-Südafrika Art. 1, 3 h, 7-8

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.05.2017; Aktenzeichen VIII R 51/14)

BFH (Urteil vom 09.05.2017; Aktenzeichen VIII R 51/14)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger in X einen inländischen Wohnsitz hatte sowie die Höhe der Zinseinnahmen aus einer ausländischen Kapitalanlage.

Der Kläger ist geschieden. Seit dem Jahr 1994 reichte er keine Steuererklärungen mehr ein; im Inland nicht, weil er sich darauf berief, dass er in England seinen ausschließlichen Wohnsitz begründet habe; den englischen Steuerbehörden dagegen erklärte er, dass er Rentner sei und keine steuerpflichtigen Einkünfte mehr erziele; auf diese Weise erreichte er, dass seine Steuerunterlagen im Inland und Ausland geschlossen wurden und weitere Steuererklärungen nicht angefordert wurden (BMO II, Fach 13, 23). Tatsächlich war der Kläger bereits Ende der 70er Jahre nach X in die … allee gezogen. Das Anwesen war aus formalen Gründen eigentumsrechtlich auf den Namen seiner damaligen Ehefrau erworben und bebaut worden; der Kläger wollte durch diese Gestaltung Ansprüche seiner Kinder aus 1. Ehe und eines weiteren Kindes in sein Vermögen verhindern. Mit privatschriftlichem Nutzungsvertrag vom Februar 1993 (BMO Akten II Fach 4 S. 27) hatte er sich von seiner damaligen Ehefrau das ausschließliche Nutzungsrecht an der im sogenannten Oberhaus gelegenen Wohnung mit einer Wohnfläche von 98,27 m² einräumen lassen. Die Einräumung dieses Nutzungsrechts erfolgte vermutlich vor dem Hintergrund der Trennung des Klägers von seiner damaligen Ehefrau und dem Beginn des Scheidungsverfahrens. Nach der Scheidung von seiner 2. Frau wurde das Wohnrecht als beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen (BMO II Fach 4 Seite 21 ff).

Von diesem Wohnrecht machte der Kläger von Anfang an Gebrauch, wie sich aus den Bildern der Wohnung (BMO II Fach 1), aus persönlichen Schreiben, unter anderem aus den Jahren 1997 (BMO Fach 8 Seite 1 ff; BMO II Fach 12 S. 27) und 2003 (BMO II, Fach 3), und aus Schriftverkehr mit seinem Anwalt im Rahmen des Scheidungsverfahrens ergibt. Auch erhielt er für die Jahre 1995 ff Nebenkostenabrechnungen für die von ihm genutzte Wohnung.

Bis einschließlich 1995 war der Kläger melderechtlich in X gemeldet. Im Jahr 1995 hatte er sich nach England abgemeldet, behielt aber nach den Feststellungen der Steuerfahndung seinen inländischen Wohnsitz bei.

Die Wohnräume des Klägers wurden am 27.04.2004 im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Beihilfe zur Gebührenüberhebung (xxxxx, BMO I, 227 ff, 421) durchsucht; dabei wurde der Kläger in der Wohnung angetroffen.

Daneben hatte der Kläger seit 2001 einen Wohnsitz – gemeinsam mit seiner damaligen 3. Ehefrau – in Y (BMO II, Fach 2), sowie einen weiteren formalen Wohnsitz in Z, … straße x, den er jedoch nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft (BMO I, 411) tatsächlich nie nutzte.

Das Verfahren wegen Beihilfe zur Gebührenüberhebung begann mit einer Strafanzeige des Rechtsanwalts des Geschädigten, R, an die Staatsanwaltschaft P (xxxxx) und an die Steuerfahndung S (Ermittlungsakte Bd. 1, S. 13, BMO Band I, Fach 1 und 2). Die Steuerfahndung S ermittelte unter Rückgriff auf die Feststellungen im Strafverfahren xxxxx, dass der Kläger in X ansässig war und gab den Fall zuständigkeitshalber an den Beklagten (das Finanzamt X) ab. Dieses forderte den Kläger mit Schreiben vom 13.01.2006 zur Abgabe von Steuererklärungen ab 2001 auf. Da der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde am 11.10.2006 das Strafverfahren wegen des Verdachts...

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