Entscheidungsstichwort (Thema)

Anzeigepflicht eines inländischen Kreditinstituts wegen des bei unselbständigen Zweigniederlassungen verwalteten Vermögens. § 33 ErbStG. Vereinbarkeit mit Völkerrecht und Gemeinschaftsrecht. Befugnisse der Steuerfahndung. Anzeigepflicht (§ 33 Erbschaftsteuergesetz – ErbStG –)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Umstand, dass nach Sinn und Zweck von § 33 Abs. 1 ErbStG auch inländische Kreditinstitute bezüglich ihrer ausländischen Zweigniederlassungen von der Anzeigepflicht erfasst sind, verstößt nicht gegen das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip. Ebensowenig ist darin ein Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit oder der Freiheit des Kapitalverkehrs zu sehen.

2. Maßnahmen der Steuerfahndung, durch die eine Bank zur Erfüllung der Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG bezüglich ihrer nichtselbständigen ausländischen Zweigniederlassungen gegenüber den zuständigen Erbschaftsteuerfinanzämtern angehalten werden soll, dienen der Ermittlung unbekannter Steuerfälle und sind daher durch § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO gedeckt. Eine insoweit an die Bank gerichtete Aufforderung ist Verwaltungsakt im Sinne des § 118 AO.

3. Ergibt sich aus sichergestellten Unterlagen, dass die Bank bisher ausdrücklich keine Anzeigen nach § 33 Abs. 1 ErbStG bezüglich des von ihr bei ihren ausländischen unselbständigen Zweigniederlassungen für Erblasser verwahrten und verwalteten Vermögens erstattet hat, so besteht hinreichender Anlass für ein auf die Erfüllung der Anzeigepflicht gerichtetes Tätigwerden der Steuerfahndung. Die Befugnis hierfür ergibt sich unmittelbar aus § 33 ErbStG in Verbindung mit § 1 ErbStDV, die als spezialgesetzliche Regelungen Vorrang gegenüber § 93 AO haben.

 

Normenkette

ErbStG § 33 Abs. 1; ErbStDV 1998 § 1; AO 1977 § 208 Abs. 1 Nr. 3, §§ 118, 93; GG Art. 25 Abs. 1; EG Art. 43, 49, 56

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.05.2006; Aktenzeichen II R 66/04)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin (die … –) ist seit dem 1. Januar 1999 die Gesamtrechtsnachfolgerin … u.a. … der … (…). Die Klägerin entstand zum 1. Januar 1999 durch die Vereinigung der …, der … sowie der … – (§§ 1 Abs. 1 und 3, 34 des Gesetzes über die … […–], Gesetzblatt für Baden-Württemberg – GBl. – 1998, 589).

Nach § 1 Abs. 1 … ist die Klägerin eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Gewährträger sind das …, der …, der … und die … (§ 4 Abs. 1 …).

Die Rechtsvorgängerin – die … – war kraft des … gesetzes für Baden-Württemberg in der Fassung vom 23. Januar 1992 (GBl. S. 128) eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Gewährträger der … waren der … und der … (Seite 3 des Geschäftsberichts 1993). Die … war sowohl das … als auch eine national und international tätige Geschäftsbank (zum weiteren Geschäftsbereich der …: Seite 9 des Geschäftsberichts 1993).

Die Klägerin bietet das Leistungsspektrum einer Universalbank an: Von den klassischen Finanzdienstleistungen bis zu innovativen Finanzprodukten. Neben ihrer Tätigkeit als … betreibt sie auch das (klassische) Geschäft mit Privatkunden und vermögenden Privatpersonen sowie das Geschäft mit Gewerbe-, Unternehmens- und Großkunden; sie betreut im Übrigen institutionelle Anleger und ist für staatliche Institutionen tätig (wegen der weiteren Beschreibung ihres Leistungsspektrums: siehe Seite 7 des Geschäftsberichts 1998). Die … bzw. die Klägerin unterhielt bzw. unterhält eine Reihe von Auslandsgeschäftsstellen. Davon sind unselbständige (eigene Niederlassungen – s.S. 7 des Geschäftsberichts 1998 „Präsenz weltweit”) Zweigstellen die Niederlassungen in … (seit 1978: … bzw …), in … (seit Mai 1996, S. 51 des Geschäftsberichts 1996) und in … (seit dem 1. Dezember 1998, S. 55 des Geschäftsberichts 1998). Zu den geschäftlichen Aktivitäten dieser Niederlassungen wird auf die Ausführungen zu: Internationale Finanzmärkte im Geschäftsbericht 2002 (S. 59 und 60) verwiesen. Die Bilanzsumme der Niederlassung … stieg von … DM (1992) auf … (1997). Im Geschäftsbericht für 1997 (S. 52) ist davon die Rede, dass die Serviceleistungen für die Kunden der … und der … durch die Niederlassungen (insbesondere in …) erweitert werden konnten. In der Niederlassung … waren bzw. sind ca. 70–80 Bedienstete beschäftigt.

Daneben unterhält die Klägerin eine Vielzahl von Repräsentanzen in verschiedenen Ländern der Erde (s. hintere Einbanddecke des Geschäftsberichts für 2002). Im Übrigen gab und gibt es rechtlich selbstständige Beteiligungen der Klägerin in Höhe von … v.H. an der … mit ausländischen Niederlassungen, an der … und der … Schließlich gibt es im Konzern der Klägerin Enkelgesellschaften, die im Ausland tätig sind. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 12. Dezember 2003 Bezug genommen.

Im Rahmen einer Prüfung durch die Steuerfahndungsstelle – Steufa – beim Beklagten (dem Finanzamt – FA) zur Ermittlung anonymisierter Transfers ...

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