Tenor

1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Vermögensteuerbescheids zum 1.1.1995 wird abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Beschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

 

Tatbestand

I.

… G. S. gab am 16.4.1996 eine Vermögensteuer (VSt)-Erklärung auf den 1.1.1995 (Hauptveranlagung) ab.

Im Bescheid auf den 1.1.1995 vom 10.1.1997 wurde die VSt für 1995 und 1996 festgesetzt.

Am 15.1.1997 legte … G. S. Einspruch ein; gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung (AdV).

Sie wandte sich gegen das Übermaß der Besteuerung, wie sie im einzelnen darlegte. Auf die beiden Schreiben vom 15.1.1997 wird verwiesen. Danach soll die VSt 1995 auf den Höchstbetrag von … DM festzusetzen sein. Für den übersteigenden Betrag in Höhe von … DM beantragte sie AdV. Am 19.2.1997 vertrat sie den Standpunkt, daß eine VSt ab dem Veranlagungszeitraum 1997 nicht mehr erhoben werden könne, und zwar auch nicht für die Veranlagungszeiträume ab 1983 bis 1996.

Der Antragsgegner (das Finanzamt – FA) lehnte den Antrag auf AdV am 20.1.1997 ab. Es bezog sich auf eine Verfügung des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 21.10.1996, wonach es nicht verpflichtet sei, die VSt für die Jahre vor 1997 wegen sachlicher Unbilligkeit niedriger festzusetzen.

Im Verfahren der AdV beim Finanzgericht (FG) verfolgt die Antragstellerin (Astin) ihr Begehren, die Vollziehung des VSt-Bescheids auszusetzen, weiter. Sie wurde währendessen von den vier aufgeführten Erben beerbt, die als Erbengemeinschaft das Verfahren weiterführen.

Die Erbengemeinschaft bezieht sich auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22.6.1995 2 BvL 37/91, BStBl II 1995, 655. Die Entscheidungsformel des BVerfG habe gemäß § 31 Abs. 2 BVerfGG Gesetzeskraft. Danach dürfe die Gesamtsteuerbelastung aus allen Steuerarten 50% nicht übersteigen. Zur Gesamtsteuerlast gehörten die Ertrags- und die Substanzsteuern. Der Halbteilungsgrundsatz sei auf Veranlagungszeiträume vor dem 31.12.1996 anwendbar. Der Rückwirkungsausschluß im o.g. Beschluß des BVerfG gelte nicht für andere Steuerarten, auch nicht, wenn diese mit der VSt zusammenwirkten.

Es ergebe sich daher folgende Ermittlung:

ESt-Veranlagung 1995

Gesamtbetrag der Einkünfte

… DM (=100.00%)

davon Einkünfte aus Kapitalvermögen

… DM (=98,38%)

Von der ESt-Schuld 1995 i.H.v. DM 94.776 entfällt auf das Kapitalvermögen

… DM (=98.38%).

VSt-Veranlagung auf den 1.1.1995

Rohvermögen

… DM

./. begünstigtes Vermögen

… DM

bereinigtes Vermögen

… DM (=100,00%)

davon Kapitalvermögen

… DM (=98,06%)

Die Gesamtsteuerbelastung für das Jahr 1995 betrage mithin … DM. Nach dem Beschluß des BVerfG habe jedoch die Besteuerung in folgender Höhe zu erfolgen:

Einkünfte aus Kapitalvermögen

… DM

davon 50% Steuer

… DM

hierauf entfielen auf ESt

… DM

und verblieben somit für VSt

… DM

Die Astin nimmt außerdem Bezug auf Schuppen, DStR 1997, 226. Danach dürfe im Jahre 1997 nicht mehr – wie geschehen – VSt für 1995 und 1996 erhoben werden. Denn danach habe das BVerfG einen Anwendbarkeitszeitpunkt und keinen Geltungszeitraum definiert.

Die Astin beantragt,

die Vollziehung des VSt-Bescheids auf den 1.1.1995 für 1995 und für 1996 auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag auf AdV der VSt für 1995 und 1996 abzuweisen.

Das BVerfG habe mit Beschluß vom 22.6.1995 festgestellt, daß die Bestimmungen des VSt-Rechts wegen der ungleichen Behandlung von Grundvermögen und sonstigem Vermögen mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht vereinbar seien. Gleichzeitig habe es gefordert, daß die VSt zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten dürfe, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrags bei typisierender Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibe.

Die derzeit geltenden Vorschriften des VStG könnten nach dem Beschluß des BVerfG noch bis zum 31.12.1996 angewendet werden, so daß insoweit bei VSt-Festsetzungen für Veranlagungszeiträume vordem 1.1.1997 aus dem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes keines Konsequenzen gezogen würden. Dies habe das BVerfG mit Beschluß vom 1.3.1996 1 BvR 2415/95 bestätigt und festgestellt, daß die Finanzbehörden trotz der grundgesetzwidrigen unterschiedlichen steuerlichen Belastung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen nicht verpflichtet seien, die VSt für die Jahre vor 1997 wegen sachlicher Unbilligkeit nicht zu erheben oder niedriger festzusetzen.

Der Beschluß des BVerfG betreffe ausschließlich die VSt. Das BVerfG habe nicht über die Belastung durch die Ertragsteuern entschieden, sondern über die zusätzliche Belastung durch die VSt. Es habe dem Gesetzgeber aufgegeben, die von ihm entwickelten Grundsätze zur VSt bis zum 31.12.1996 umzusetzen und ihm in diesem Zusammenhang weitere 5 Jahre eingeräumt, durch Übergangsregelungen eine teilweise Fortgeltung der bisherigen Vorschriften anzuordnen.

Im übrigen stehe einer verlässlic...

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