Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsgrundlage im EG-Vertrag für die Richtlinie 2001/44/EG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Klage wird abgewiesen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Rat der Europäischen Gemeinschaften hat die Richtlinie 2001/44/EG vom 15. Juni 2001 zu Recht auf der Grundlage der Artikel 93 EG und 94 EG und nicht des Artikels 95 EG erlassen.

2. Die Richtlinie 2001/44/EG soll u.a. die "Neutralität des Binnenmarktes in steuerlicher Hinsicht" gewährleisten.

3. Die Verfahren der Artikel 93 EG und 94 EG einerseits und des Artikels 95 EG andererseits lassen deren Häufung als Rechtsgrundlagen für den Erlass der Richtlinie 2001/44/EG nicht zu. Während für den Erlass eines auf die Artikel 93 EG und 94 EG gestützten Rechtsakts Einstimmigkeit erforderlich ist, reicht für den Erlass eines Rechtsakts auf der Grundlage des Artikels 95 EG qualifizierte Mehrheit aus. Von den genannten Bestimmungen können also nur die Artikel 93 EG und 94 EG zu einer Rechtsgrundlage für den Erlass eines Rechtsakts durch den Rat verbunden werden.

4. Artikel 95 ist nach dem Wortlaut seines Absatzes 1 nur anwendbar, soweit im EG-Vertrag nichts anderes bestimmt ist. Artikel 93 EG enthält eine spezifischere Bestimmung, wenn es um die Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern geht.

5. Artikel 95 Absatz 2 EG schließt insbesondere die "Bestimmungen über die Steuern" vom Anwendungsbereich dieses Artikels aus. Dieser Ausdruck ist dahin auszulegen, dass er nicht nur die Bestimmungen über die Steuerpflichtigen, die steuerbaren Umsätze, die Besteuerungsgrundlage sowie die Sätze der direkten und indirekten Steuern und die Befreiungen von ihnen, sondern auch diejenigen über die Modalitäten der Beitreibung dieser Steuern abdeckt. Die Richtlinie 2001/44/EG betrifft demnach "Bestimmungen über die Steuern" im Sinne des Artikels 95 Absatz 2 EG, so dass dieser Artikel für den Erlass dieser Richtlinie nicht die richtige Rechtsgrundlage ist.

 

Normenkette

EGRL 44/2001

 

Beteiligte

Kommission / Rat

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Rat der Europäischen Gemeinschaften

 

Tatbestand

"Richtlinie 2001/44/EG - Wahl der Rechtsgrundlage"

In der Rechtssache C-338/01

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

unterstützt durch

Europäisches Parlament, vertreten durch R. Passos und A. Baas als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer,

gegen

Rat der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M.Sims-Robertson und F.Florindo Gijón als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Irland, vertreten durch D. O'Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von E. Fitzsimons, SC, sowie K. Maguire und D. Moloney, BL, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

durch

Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch J. Faltz als Bevollmächtigten,

durch

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Fernandes, V. Guimarães und Â. SeiçaNeves als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

und durch

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch J.E. Collins als Bevollmächtigten im Beistand von D. Wyatt, QC, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung der Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom 15. Juni 2001 zur Änderung der Richtlinie 76/308/EWG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen und bezüglich der Mehrwertsteuer und bestimmter Verbrauchsteuern (ABl. L175, S.17) und Aufrechterhaltung der Wirkungen dieser Richtlinie bis zum Inkrafttreten einer auf der richtigen Rechtsgrundlage erlassenen Richtlinie

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer),

unter Mitwirkung des Richters C. Gulmann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer, der Richter J.N. Cunha Rodrigues, J.-P. Puissochet und R. Schintgen (Berichterstatter) sowie der Richterin F. Macken,

Generalanwalt: S. Alber, Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. September 2003,

folgendes

Urteil

1

Mit Klageschrift, die am 7. September 2001 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 230 Absatz 1 EG die Nichtigerklärung der Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom 15. Juni 2001 zur Änderung der Richtlinie 76/308/EWG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen und bezüglich der Mehrwertsteuer und bestimmter Verbrauchsteuern (ABl. L175, S.17) und die Aufrechterhaltung der Wirkungen dieser Richtlinie bis zum Inkrafttre...

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