Entscheidungsstichwort (Thema)

Sondersteuer für Gebrauchtfahrzeuge in Portugal

 

Leitsatz (amtlich)

1.Verzichtet die Kommission darauf, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat wegen einer bestimmten Regelung weiterzubetreiben, so berührt dies nicht die Verpflichtung eines in letzter Instanz entscheidenden Gerichts dieses Mitgliedstaats, dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 Absatz 3 EG) eine gemeinschaftsrechtliche Frage im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Regelung vorzulegen.

2.Artikel 95 Absatz 1 des Vertrages ermächtigt einen Mitgliedstaat nur dann, auf aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Gebrauchtfahrzeuge eine Steuerregelung anzuwenden, in der der tatsächliche Wertverlust dieser Fahrzeuge allgemein und abstrakt anhand pauschaler Kriterien oder Tabellen berechnet wird, die in einer Rechts- oder Verwaltungsvorschrift festgelegt sind, wenn diese Kriterien oder Tabellen gewährleisten können, dass der Betrag der geschuldeten Steuer nicht - auch nicht in einzelnen Fällen - den Steuerbetrag übersteigt, der noch im Wert gleichartiger bereits im Inland zugelassener Fahrzeuge enthalten ist.

 

Normenkette

EGVtr Art. 95 Abs. 1

 

Beteiligte

Gomes Valente

Ministério Público

António Gomes Valente

Fazenda Pública

 

Verfahrensgang

Supremo Tribunal Administrativo (Portugal)

 

Tatbestand

Inländische Abgaben - Sondersteuer für Kraftfahrzeuge - Gebrauchtfahrzeuge

In der Rechtssache C-393/98

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Supremo Tribunal Administrativo (Portugal) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Ministério Público,

António Gomes Valente

gegen

Fazenda Pública

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 95 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 90 EG)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. La Pergola sowie der Richter M. Wathelet (Berichterstatter), D. A. O. Edward, P. Jann und L. Sevón,

Generalanwalt: N. Fennelly

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

-von Herrn Gomes Valente, vertreten durch J. Sá Pereira, advogado,

-der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes, Â. Seiça Neves und H. Ventura als Bevollmächtigte,

-der niederländischen Regierung, vertreten durch M. A. Fierstra als Bevollmächtigten,

-der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,

-der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und A. M. Alves Vieira als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Fernandes und V. Guimarães als Bevollmächtigte, und der Kommission, vertreten durch A. M. Alves Vieira, in der Sitzung vom 8. Juni 2000,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. September 2000,

folgendes

Urteil

1. Das portugiesische Supremo Tribunal Administrativo hat mit Beschluss vom 7. Oktober 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 5. November 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) drei Fragen nach der Auslegung von Artikel 95 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 90 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen A. Gomes Valente (im Folgenden: Kläger) und der Fazenda Pública (Steuerverwaltung), in dem der Kläger die Erstattung der Kraftfahrzeugsteuer verlangt, die er bei der Einfuhr eines Gebrauchtwagens aus einem anderen Mitgliedstaat nach Portugal entrichtet hatte.

Das nationale Recht

3. Zum Zeitpunkt des Bescheides über die Steuer, die der Kläger für die endgültige Einfuhr seines Fahrzeugs schuldete, war die portugiesische Kraftfahrzeugsteuer durch das Gesetzesdekret Nr. 40/93 vom 18. Februar 1993 (Diário da República I, Serie A, Nr. 41, vom 18. Februar 1993) in der Fassung des Gesetzes Nr. 10-B/96 vom 23. März 1996 (Diário da República I, Serie A, vom 23. März 1996, im Folgenden: Gesetzesdekret Nr. 40/93) geregelt. Diese Regelung wurde später mehrfach geändert.

4. Die portugiesische Kraftfahrzeugsteuer ist eine Steuer, die einmal erhoben wird und beim ersten Inverkehrbringen auf dem portugiesischen Markt, also bei der ersten Zulassung des Fahrzeugs in Portugal, entrichtet wird. Artikel 1 Absatz 1 des Gesetzesdekrets Nr. 40/93 lautet:

Die Kraftfahrzeugsteuer ist eine inländische Steuer, die auf leichte Personenkraftfahrzeuge - einschließlich der Kombinationskraftfahrzeuge, der Rennkraftfahrzeuge und derjenigen, die hauptsächlich für die Beförderung von Personen konstruiert sind, mit Ausnahme der Wohnmobile - erhoben wird, die als Neu- oder Gebrauchtfahrzeuge zugelassen oder eingeführt worden sind, einschließlich der in Portugal montierten oder hergestellten Fahrzeuge, und die dazu bestimmt sind, zugelassen zu werden.

5. Nach Artikel 1 Absatz 4 des Gesetzesdekrets richtet sich die Kraftfahrzeugsteuer nach dem Hubraum des Fahrzeugs; sie wird nach Maßgabe der Tabellen im Anhang des Gesetzesd...

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