Leitsatz

Die Verwaltung bereits fertig gestellter fremder Gebäude ist als Betreuung von Wohnungsbauten i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 1991 anzusehen, auch wenn diese Gebäude vom Grundstücksunternehmen nicht selbst errichtet worden sind (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 30.7.1969, I R 21/67, BStBl II 1969, 629; gegen Abschn. 62 Abs. 1 Nr. 2 Satz 21 GewStR 1990/Abschn. 60 Abs. 1 Nr. 3 Satz 18 GewStR 1998).

 

Normenkette

§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG

 

Sachverhalt

Unternehmensgegenstand der Klägerin, einer eingetragenen Genossenschaft, war die Vermietung und Verpachtung von eigenen Wohngebäuden und Wohnungen. In den Streitjahren 1993 und 1994 verwaltete sie außerdem insgesamt 14 fremde Eigentumswohnungen, die sie nicht selbst errichtet hatte. Der Umsatz der Klägerin aus der Verwaltung dieser 14 fremden Eigentumswohnungen betrug in 1993 5.040 DM und in 1994 4.620 DM. Dies entsprach für 1993 0,0196 % und für 1994 0,016 % des jeweiligen Umsatzes aus der Hausbewirtschaftung (in 1993: 25,5 Mio. DM; in 1994: 26,6 Mio. DM).

Die Klägerin beantragte die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 1991, die ihr das FA unter Hinweis auf die Verwaltung fremden Grundbesitzes und Abschn. 62 Abs. 1 Nr. 2 Satz 21 GewStR 1990/Abschn. 60 Abs. 1 Nr. 3 Satz 18 GewStR 1998 versagte.

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg (EFG 2002, 483).

 

Entscheidung

Auch der BFH trug dem klägerischen Begehren Rechnung. Einzelheiten folgen aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Grundstücksunternehmen können bekanntlich bei Ermittlung ihres Gewerbeertrags die erweiterte Kürzung ihres Gewinns gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG beantragen. Voraussetzung dafür ist, dass sie sich im Wesentlichen auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundvermögens beschränken. Daneben dürfen sie nur wenig mehr tun, u.a. Wohnungsbauten betreuen.

Die Finanzverwaltung stellt sich nun seit jeher auf den Standpunkt, solche "betreuten Wohnungsbauten" dürften zwar fremde, also nicht im Eigentum des Grundstücksunternehmens stehende, sein. Es müssten sich jedoch um solche handeln, welche das Grundstücksunternehmen zuvor selbst errichtet habe. Mit diesem Rechtsverständnis macht der BFH kurzen Prozess: Weder der Regelungswortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG noch dessen Sinnhaftigkeit gäben für eine derartige Verständniseinschränkung etwas Tragfähiges her. Vielmehr könnten auch nicht vom Grundstücksunternehmen selbst errichtete Wohnungsbauten in steuerunschädlicher Weise "betreut" werden – dies naturgemäß, ohne dass die daraus erzielten Gewinne ihrerseits an der erweiterten Kürzung teilnehmen.

Damit grenzt der BFH sich zum einen von einem älteren Urteil aus dem Jahr 1969 ab (das Zitat und die Fundstelle finden Sie im Leitsatz). Zum anderen verwirft er die entsprechende Position in den GewStR: dort Abschn. 62 Abs. 1 Nr. 2 Satz 21 GewStR 1990 oder Abschn. 60 Abs. 1 Nr. 3 Satz 18 GewStR 1998.

2. Es konnte im Urteilsfall offen bleiben, ob die erweiterte Kürzung nicht auch dann zu gewähren ist, wenn eine nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG schädliche Nebentätigkeit ihrem absoluten und relativen Umfang nach ganz und gar zu vernachlässigen ist. Daran lässt sich zweifeln, weil das Gesetz ausdrücklich eine Ausschließlichkeit verlangt. Innerhalb des BFH scheint in dieser Frage Uneinigkeit zu herrschen (s. einerseits Beschluss vom 17.10.2002, I R 24/01, BFH-PR 2003, 72; andererseits Beschluss vom 27.2.2002, IV S 7-10/01, BFH/NV 2002, 1052). Soeben hat der BFH eine Revision zugelassen (Az. I R 89/03; Vorinstanz FG Köln, EFG 2003, 950), in der es um die Schädlichkeit einer Nebentätigkeit ging, die exakt 1 Minute des Kalenderjahres (!) ausmachte: Es ging dort um die (ausschließliche) Kapitalnutzung in der Minute zwischen 23.59 und 0.00 Uhr des 31.12.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.9.2003, I R 8/02

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