Leitsatz

1. Ein Ingenieur, der schlüsselfertige Gebäude errichten lässt, erzielt gewerbliche, nicht freiberufliche Einkünfte.

2. Schuldet er seinem Auftraggeber die schlüsselfertige Erstellung des Gebäudes, sind seine Einkünfte auch insoweit gewerblich, als er ggf. Ingenieur- oder Architektenleistungen erbringt.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 GewStG, § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Diplom-Ingenieur. Er erstellte fertige Gebäude für ein Unternehmen und schuldete die schlüsselfertige Übergabe gegen ein Pauschalhonorar. Er errichtete die Gebäude auf seine Rechnung und Gefahr und vergab die Aufträge für die einzelnen Baumaßnahmen im eigenen Namen an Drittunternehmen. Ein Architektenhonorar wurde nicht gesondert abgerechnet.

Das FA beurteilte die gesamte Tätigkeit als gewerblich.

Das FG wies die Klage gegen die Bescheide über die GewSt-Messbeträge ab (EFG 2006, 585).

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der BFH entschied:

Die Herstellung fertiger Gebäude gegen ein Pauschalhonorar entspreche nicht mehr der von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfassten typischen Berufstätigkeit eines Architekten, sondern gehöre zur typischen Tätigkeit gewerblicher Bauunternehmer.

Da der Kläger seinem Auftraggeber einen einheitlichen Leistungserfolg geschuldet habe, habe das FG im Ergebnis auch zu Recht eine Aufteilung in eine gewerbliche Tätigkeit (Bauunternehmer) und eine freiberufliche Tätigkeit (Architekt) abgelehnt.

 

Hinweis

1. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehört zu der freiberuflichen Tätigkeit u.a. die selbstständige Berufstätigkeit der Ingenieure und Architekten.

Entscheidend für die Qualifizierung von Einkünften als freiberuflich ist die tatsächlich ausgeübte Berufstätigkeit. Es ist also nicht so, dass jedwede selbstständige Berufstätigkeit von Personen, die erfolgreich die Ausbildung für einen der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aufgezählten Katalogberufe abgeschlossen haben, freiberuflich ist. Vielmehr muss die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit für den genannten Beruf typisch sein.

2. Diese Rechtslage bewirkt Abgrenzungsprobleme, mit denen sich die Finanzverwaltung und die FG immer wieder beschäftigen müssen. Der Besprechungsfall ist erst nachträglich auf Wunsch des Bundesministeriums der Finanzen zur Veröffentlichung bestimmt worden, weil in der täglichen Praxis vergleichbare Sachverhalte häufiger zu beurteilen sind.

3. Zu den typischen Tätigkeiten eines Architekten gehören neben der Planung auch die Überwachung und Leitung von Baumaßnahmen (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 12.10.1989, IV R 118-119/87, BStBl II 1990, 64). Darüber geht die schlüsselfertige Errichtung von Gebäuden auf eigene Rechnung und Gefahr gegen ein Pauschalentgelt weit hinaus. Sie gehört zur typischen Tätigkeit eines Bauunternehmers, der gewerbliche Einkünfte (§ 15 Abs. 2 EStG) erzielt.

4. Übt ein Einzelfreiberufler eine gemischte Tätigkeit aus, dann sind die freiberuflichen und die gewerblichen Einkünfte nach der jüngeren Rechtsprechung grundsätzlich getrennt zu ermitteln, sofern dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist. Eine Aufteilung ist dann nicht möglich, wenn gegenüber dem Auftraggeber ein einheitlicher Erfolg geschuldet wird und ein einheitliches Entgelt vereinbart worden ist (BFH, Urteil vom 18.5.2000, IV R 89/99, BStBl II 2000, 625).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.10.2006, XI R 10/06

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