Leitsatz

Eine zu Wohnzwecken vermietete Eigentumswohnung ist nicht bereits deshalb dem notwendigen Betriebsvermögen eines Architekturbüros zuzuordnen, weil sie in Befolgung einer behördlichen Auflage als Ersatzwohnraum für die zweckfremd genutzten eigenen Büroräume angeschafft wurde.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 EStG , § 4 Abs. 3 EStG , § 4 Abs. 4 EStG , § 40 Abs. 2 FGO

 

Sachverhalt

Die Mitunternehmer einer Architektengemeinschaft (Kläger), die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, betrieben ihr Büro in gemieteten Wohnräumen in Berlin. Wegen der dort gültigen Zweckentfremdungs-Verbots-Verordnung erhielten sie die Genehmigung zur weiteren Nutzung der Wohnung zu betrieblichen Zwecken unter der Auflage, Ersatzwohnraum zu schaffen und ausschließlich zu Wohnzwecken zu vermieten. Daraufhin erwarben die Kläger eine Eigentumswohnung und vermieteten diese zu Wohnzwecken.

Das FA behandelte die Wohnung als notwendiges Betriebsvermögen der Architektengemeinschaft (GbR) und berücksichtigte die Verluste nicht als solche aus Vermietung und Verpachtung, sondern im Rahmen der Feststellung der Einkünfte der GbR. Das FG gab der Klage statt (EFG 2001, 879).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück. Er sah die Eigentumswohnung ebenfalls nicht als notwendiges Betriebsvermögen der Architektengemeinschaft an. Die Wohnung sei nicht unmittelbar betrieblich genutzt worden, sondern habe lediglich eine betriebliche Absicherungsfunktion – vergleichbar der Absicherung eines Betriebskredits durch ein Privatgrundstück – gehabt.

 

Hinweis

1. Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören nach der ständigen Rechtsprechung des BFH Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb in der Weise unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 30.4.1975, I R 111/73, BStBl II 1975, 582). Der BFH setzt dabei zwar nicht voraus, dass die betreffenden Wirtschaftsgüter für den Betrieb notwendig im Sinn von "erforderlich" sind, sie müssen aber eine konkrete Funktion im allgemeinen Betriebsablauf erfüllen.

Grundstücke und Grundstücksteile, die unmittelbar für betriebliche Zwecke genutzt werden, sind danach stets notwendiges Betriebsvermögen. Vermietete Grundstücke müssen in einem engen funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen, um als dessen notwendiges Betriebsvermögen angesehen werden zu können. Beispiel: Wohnungen, die an Arbeitnehmer des Betriebs aus betrieblichen Gründen – etwa um diese an den Betrieb zu binden – vermietet werden (BFH, Urteil vom 1.12.1976, I R 73/74, BStBl II 1977, 315).

2. Im Besprechungsfall haben die Kläger die Ersatzwohnung in Befolgung einer behördlichen Auflage erworben und zu Wohnzwecken vermietet, um die weitere betriebliche Nutzung der Räume auf Dauer sicherzustellen, in denen sie ihr Architekturbüro betrieben. Die Ersatzwohnung selbst sollte nicht unmittelbar betrieblich eingesetzt oder genutzt werden. Ihre alleinige Zweckbestimmung war vielmehr, den in den zweckentfremdeten Wohnräumen bereits betriebenen Architekturbetrieb "abzusichern". Durch eine solche betriebliche Absicherungsfunktion wird das Grundstück aber nicht zu notwendigem Betriebsvermögen. Die Sachlage ist insoweit vergleichbar mit der Absicherung eines Betriebskredits durch ein im Privatvermögen gehaltenes Grundstück. Auch in diesem Fall wird das der Sicherung dienende Grundstück kein notwendiges Betriebsvermögen.

3.Verfahrensrechtlich stellte sich hier das Problem, ob die Kläger durch den angefochtenen Bescheid beschwert waren (§ 40 Abs. 2 FGO). Da sie die negativen Einkünfte aus der Vermietung der Ersatzwohnung nicht dem Architekturbetrieb zurechnen wollten, begehrten sie die Feststellung eines höheren Gewinns. Der BFH sah die Beschwer darin, dass in dem Feststellungsbescheid die von den Klägern behauptete Rechtsposition, die Wohnung sei kein notwendiges Betriebsvermögen, geleugnet wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.11.2004, XI R 32/01

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